Ebenso wie das vorherige Kapitel: Viel zu spät, aber ebenso ein "Was wäre wenn"- Kapitel
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Grün-graue Augen glühten vor Vergnügen, geradezu blitzartig, so wie das kleine Mädchen sich um sich selbst drehte, ihre Arme von sich gestreckt, von Kindern ihres Alters umtanzt und besungen. Ihren kunstvoll geflochtenen rot-blonden Fischgrätenzopf wirbelte sie wie einen Schweif hinter sich her, das weiße, mit bunten Blumen bestickte Kleid wölbte sich zu verspielten Ovalen um ihren Körper. Sie lachte. Es war ein wunderschönes Kinderlachen, ein Lachen, welches man gewiss als Beispiel heranziehen konnte, wenn man sich das Lachen eines Engels vorstellen wollte. Ein Lachen, dass selbst Atheisten oder Naturalisten oder Materialisten oder wie sie alle hießen an übernatürliche Gestalten wie Engel glauben lassen konnte. Und ich war mir sicher, dass sie einer war. Das einzige, was ihr dazu fehlte, waren die Flügel. Nun war dieser süße, kleine Engel schon neun Jahre alt. Das ging alles viel zu schnell.
Ich hey-te zwei Freunde des Engels zu mir herüber und drückte ihnen einen selbstgebackenen Kuchen in die Hand. Das hätte ich zwar besser bleiben sollen, denn aus meiner netten Geste würde ein Mittagsessen für den frisch gewischten Fußboden. Nach dem ersten Schock konnte ich dann nur grinsend mit dem Kopf schütteln. Das hätte ich einfach kommen sehen müssen. Zum Glück war Leonie nur zwei Sekunden traurig darüber, denn sobald sie die bestürzten Gesichter ihrer Freunde gesehen hatte, hellte sich ihre Miene augenblicklich wieder auf und tröstete sie. Wie konnte man nur so wunderbar und mitfühlend sein? Ich betete dafür, dass sie deswegen nicht ihre eigenen Gefühle zurückstecken würde. Oder es zumindest nicht dauerhaft tat. Darauf musste ich unbedingt achten, dafür musste ich sie unbedingt beschützen.
Jemand zupfte an meinem Arm, woraufhin ich den Blick senkte. Ein zehnjähriger Junge mit dunklen Haaren und haselnussbraunen Augen hatte nach meinem Ärmel gegriffen und sah mich etwas unsicher an. Omar? Osman? Gott ey, verschmoren in der Hölle soll mein kaputtes Namen-Kollektions-System! O-... O-...
"Die wird doch wohl nicht etwa für mich sein, oder?", schmunzelte ich ihn an und deutete auf die Blume in seiner anderen Hand. Der Junge verstand die nicht ernst gemeinte Frage und schenkte mir ein kleines Lächeln. "Nein, für Leonie", antwortete er. "Die mag sie doch, oder?"
"Sie wird sie lieben. Aber das weißt du schon, nicht wahr?" Schelmisch zwinkerte ich ihm zu. "Du kannst mir nicht sagen, du hättest nur ganz zufällig ihre Lieblingsblume in ihrer Lieblingsfarbe besorgt."
Auf dem Gesicht des Dunkelhaarigen legte sich ein leichter Rotschimmer. Er versuchte gar nicht erst, mich anzulügen und das rechnete ich ihm tatsächlich hoch an. So jemanden würde ich nur schwer in Leonies Umfeld dulden, ganz egal, ob der- oder diejenige erst zehn Jahre alt war. Ausreden, Unehrlichkeit und falsche Spielchen waren für mich in keinem Alter akzeptabel. Der Bursche hier allerdings schien meine kleine Schwester echt und ehrlich zu mögen. Zwar mochte ich stark bezweifeln, dass dies bereits auf irgendeiner romantischen Ebene beruhte – das waren schließlich allerhöchstens vorpubertierende Kinder -, doch wenn er das noch ein paar Jahre beibehalten sollte, würde ich ihn definitiv dazu ermutigen, einen Schritt weiter zu gehen. Jetzt gerade aber waren das nur weit hergeholte, random Gedanken von Dingen, die in einer zeitlich unbestimmten Zukunft lagen. Noch sollten sie voll und ganz Kind sein.
Mit dem Kopf nickte ich die Richtung meiner Schwester, um dem Jungen seinen Ruck zu geben. Langsam tapste er sich an sie heran und hielt ihr dann die rosafarbene Lilie entgegen. Ihr entzücktes Quietschen erfüllte den Raum, ehe sie dankend die Pflanze annahm und dem schüchternen Jungen einen Kuss auf die Wange drückte. Nun, vielleicht würde ich auch eines Tages eher Leo raten, ihn auf ein Date zu bitten. Ich bezweifelte doch ziemlich, dass sie bis dahin ihre Lebhaftigkeit, ihren Mut und ihre große Stärke der Initiative wird verloren haben. Nichts und niemand wird sie daran hindern, zu der wundervollen, starken und selbstbewussten Frau zu werden, auf dessen Weg sie geradewegs war. Nichts und niemand wird sie daran hindern, die Berge zu versetzen, die sie versetzen wollte. Und selbst wenn es irgendetwas oder irgendjemand versuchen sollte – da müsste man erst einmal an mir vorbei. An mir, an meinem Bruder und an meinem Vater. Und ganz gewiss noch an vielen anderen Leuten, dessen Herz Leonie im Sturm erobert hatte. Es gab genug Leute, die alles dafür tun würden, ihr das wundervolle, glückreiche Leben zu ermöglichen, das ihr ohne Einspruch zustand. So viel im großen Maßstab. Im Kleinen werden wir erst einmal dafür sorgen, dass sie einen wunderschönen neunten Geburtstag erleben durfte. Aus diesem Grund waren wir alle schon recht früh auf, um uns auf den Weg zu einem Indoor-Wasserpark zu machen, der knapp über einer halben Stunde entfernt oben in Denvers lag. Nur ein paar ihrer engsten Freunde konnte sie heute dorthin mitnehmen, denn um heute dorthin zu können "schwänzten" sie sozusagen die Schule dafür und irgendwo war es klar, dass das wohl kaum zwei Dutzend Eltern mitmachen wurde. Deshalb würde es am Wochenende nochmal eine größere Feier geben, allerdings Zuhause. Reichte auch vollkommen. Meine Wenigkeit hatte übrigens auch beschlossen, heute nicht zur Schule zu gehen. Als ob ich mir einen lustigen Kindergeburtstag in einem Wasserpark für Mathe und Geographie entgehen lassen würde! Auch Papa hatte sich – natürlich – für seine Tochter freigenommen. Nur John hatte da leider keinen Spielraum als Medizinstudent. Das nahm ich ihm nicht übel und Leonie noch weniger. Wie auch bei den großen Versprechungen, die er gemacht hatte, anstelle von heute mit ihr am Wochenende zu unternehmen und wie auch, wenn sie ihn ohnehin geradezu vergötterte. Großer Bruder eben, ich konnte das durchaus nachvollziehen. Ich war auch sehr froh, einen großen Bruder zu haben, bei dem man trotz Meinungsverschiedenheiten und Streitereien genau wusste, er würde einem immer den Rücken freihalten. Und zwischen John und mir lagen "nur" fünf Jahre, bei ihm und Leonie waren es ganze 14 Jahre. Ich war fast schon ein bisschen neidisch. Fast.
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Endless Death
FanfictionZwei Menschen, zwei Orte, ein Schicksal. Verdammt, sowas geschah doch normalerweise nur in Horrorfilmen! Doch für Kyra war es brutale Realität geworden. Als Zeugin von Patient 0 floh sie nun gemeinsam mit ihrem Bruder vor der rasant um sich greifend...