Kapitel 53 - Haarige Angelegenheit - Kyra

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"Vielen Dank nochmal, Nathaniel", sagte ich, als wir fertig damit waren, Näpfe und Decken für die Tiere in den Wintergarten zu bringen. Ich hatte mich bestimmt bereits zum dritten oder vierten Mal bedankt, aber das rührte wahrscheinlich von meinem schlechten Gewissen her, ihn ständig zu stören.
"Und immer noch gern geschehen", grinste der Blondschopf leicht. "Du darfst mich übrigens auch gern einfach nur Nath nennen. So lange wie wir schon aufeinander hocken."
Jetzt grinste ich. Mir war das gar nicht so wirklich aufgefallen, aber ich vermied grundsätzlich Spitznamen bei den Menschen, die ich nicht besonders gut kannte. Ich wollte schließlich auch nicht von jedem x-Beliebigen "Kätzchen" genannt werden. Was nun mal mein Spitzname war, aber das hieß ja noch lange nicht, dass ihn jeder einfach so verwenden durfte.
Ich schaute in den Garten. Niemand war zu sehen, lediglich Demon lag im Gras. Moon schlich mir um die Beine und miaute, entdeckte dann die Decke, die ich für sie bereit gelegt hatte und probierte sie direkt aus. Das überraschte mich nun tatsächlich. Den Milchtritt, den sie nun darauf machte, würde jetzt wohl erst einmal eine Weile dauern.
Erneut schaute ich raus. Die Sonne neigte sich stark gen Horizont. Es war bereits Abend. Es würde wohl bald Abendessen geben. Richtig Hunger hatte ich jedoch nicht. Der Tag war wirklich nervenaufreibend. Mir war nur noch danach, ins Bett zu gehen. Mein Körper nahm mir die Odysseen der letzten Wochen noch ziemlich übel und strafte mich nun mit Erschöpfung und Kraftlosigkeit.
Nun wandte ich mich Nathaniel zu. Ich hatte mich dann doch dagegen entschieden, ihn mit meinen Gedanken und Fragen zu Svea zu belästigen. Lys hatte mir in dem Fall schon mehr oder weniger weitergeholfen, so dass ich das nicht weiter als nötig erachtete.
"Ich werde dann mal schlafen gehen. Dank-hmm." Ich musste mir auf die Zunge beißen, mich nicht nochmal bei ihm zu bedanken. Ihm war aber wahrscheinlich bewusst, was ich sagen wollte. Zumindest würde sein Schmunzeln dafür sprechen. Doch genauso schnell wie es kam, verschwand es auch wieder.
"Es gibt aber bald Essen. Du solltest auch was zu dir nehmen."
Ich schüttelte den Kopf. Ich war noch satt vom Frühstück und die ganze Aufregung über den Tag hinweg hatte mir wohl den Magen zugeschnürt.
"Alles gut. Aber sorge bitte dafür, dass du was für Svea beiseite legst. Irgendwas sagt mir, dass sie nicht zum Essen erscheinen wird. Muss ich dir wohl nicht sagen, du kennst sie weitaus besser als ich. Meine nur."
Er nickte. Doch gerade als er noch etwas sagen wollte, schritt ein schwarzhaariger Typ durch die Wintergartentür, der auf jeden Fall nicht Viktor, aber der Bruder von Alexy war. Ich und Namen...
"Hey, Bro. Äh..." Er stockte und suchte nach Wörtern, während er Nathaniel anschaute. "Könnte ich mal mit dir unter vier Augen sprechen?"
Der Blondschopf sah ihn ganz irritiert an, bevor er nickte. "So ernst kenne ich dich ja gar nicht."
Unter vier Augen hieß für mich, es ging mich nichts an, also verabschiedete ich mich nochmal, ehe ich mich an Unbekannt vorbeidrängelte und ohne Umwege in mein Zimmer lief. Nachdem ich mich kurz bettfertig gemacht hatte, legte ich mich dann auch direkt schlafen.

Es war mitten in der Nacht, als ich das erste Mal wieder aufwachte. Ich tippte einmal auf mein Handy, das nur noch den Nutzen einer Uhrzeit und einer Bildergalerie erfüllte. 2:36 Uhr. Acht Stunden hatte ich in etwa geschlafen.
Neben mir hörte ich leises Atmen. Ich drehte mich in diese Richtung und wusste, ohne das ich was sehen konnte, dass das Pia war. Natürlich, sie teilte sich ja auch ein Zimmer mit mir, wer sollte es sonst sein? Dann lauschte ich ihr. Ihr regelmäßiges Atmen hatte eine beruhigende Wirkung auf mich. Langsam und vorsichtig steckte ich eine Hand in die Richtung aus, in der ich ihren Kopf vermutete. Dann spürte ich auch schon ihr weiches, schokoladenfarbenes Haar. Obwohl ich eine ähnliche Haarfarbe und gar Haarstruktur hatte, hatte ich sie immer um ihre Haare beneidet. Irgendwie waren sie... schokoladiger. Weicher. Schöner.
Ich seufzte. Wirklich müde war ich nicht mehr, aber was zur Hölle sollte ich um solch eine inhumane Uhrzeit schon tun? Rausgehen kam ja wohl nicht in Frage. Das wäre das, was ich am ehesten gemacht hätte, als die Zeiten noch normal waren und ich nicht mehr schlafen wollte oder konnte.
Pia regte sich neben mir im Bett, was meine Hand zurückzucken ließ. Hoffentlich hatte ich sie nicht geweckt.
"Hmmm", grummelte sie langgezogen. Irgendwie süß. "Kyra?"
Mist. Doch geweckt.
Ich flüsterte: 'Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken."
Sie drehte sich in meine Richtung und ich konnte spüren, wie ihre müden, blauen Augen auf mir lagen. "Nicht schlimm", versicherte sie mir. "Ich habe geradezu einen eingebauten Sensor dafür, wenn neben mir jemand nicht mehr schlafen kann."
Es war nicht so, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Ich wollte vielmehr nicht mehr. Aber vielleicht lief das bei ihrem "Sensor" auf das Gleiche hinaus.
"Möchtest du kuscheln?" Ihre Stimme war ganz ruhig und sanft, als sie mich das fragte. Ein unerklärliches Kribbeln jagte mir den Rücken hinunter und ließ mich erschaudern. Es war aber kein unangenehmes Kribbeln, im Gegenteil. Zögerlich legte ich mich in die Arme, die sie eben für mich bereitwillig ausgebreitet hatte und drückte mich dann an sich. Sie hatte den süßlich-frischen Geruch des frisch-geduscht-Seins an sich. Das war... schön. Ja, schön. Schläfrig schloss ich die Augen und schlief nun doch unter ihrem Kopfkraueln wieder ein.

Endless DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt