"Und das du mir ja dafür sorgst, dass genug Alkohol fließen kann, klar? Egal, was wir auf diesem Plündergang erleben, ich bin mir sehr sicher, dass ich mir morgen die Birne dafür wegschießen will. Ich verlass mich auf dich, Castiel." Mit ernstem Blick sah ich den Rotschopf an, mit noch ernsterem Ton untermauerte ich meine Worte. An sich könnte ich mich auch selbst darum kümmern, dass es auf der Party Alkohol genug geben wird, schließlich sollte sie erst morgen stattfinden, allerdings wollten die Leute, die hierblieben, in der Zwischenzeit, in der wir anderen weg waren, schon einmal alles soweit vorbereiten, damit wir morgen diesbezüglich nicht mehr viel zu tun hatten. Höchstens noch das unterbringen, was wir heute auf unserem Rundgang – hoffentlich - noch finden würden, wobei es hierbei egal war, ob für die Feier oder für unseren generellen zukünftigen Verbrauch.
"Chill' deine Nuggets, Kätzchen. Sorg' du einfach dafür, dass du lebendig wieder hierherkommst, der Große Castiel kümmert sich schon um die wirklich wichtigen Dinge." Er grinste mich blöd an, zog kurz an meinem Zopf und ging dann zu Viktor hinüber, der bei seinem Motorrad stand. Ich wollte mich gerade zu meinem eigenen drehen, als ich überraschend umarmt wurde. Mein Kopf schnellte vor Schreck nach hinten, verfehlte nur knapp den Unterkiefer meines "Angreifers".
"Okay, das hätte ich verdient", hauchte Lys ganz dicht neben meinem Ohr, was mir eine Gänsehaut bescherte. Eine angenehme Gänsehaut, wenn nicht auch eine super verwirrende zugleich. Ich drehte mich ihm in seinen Armen richtig zu und erwiderte die Umarmung. Warum fühlte sich diese mit einem Mal so intim an? Wieso fühlte sie sich fast... wie ein Abschied an?
"Was ist, Darling?", fragte ich ihn besorgt, nutzte dabei zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder diesen halb scherzhaften Kosenamen, als könnte ich damit das beunruhigende Gefühl eines über mir hängenden Damoklesschwertes verdrängen.
"Du tust es vielleicht als beiläufiges Geschwätz von Castiel ab, aber bitte, sei wirklich vorsichtig da draußen. Hier im Umkreis ist vielleicht fast nichts los, aber den Stadtrand hat niemand von uns bisher gesehen. Bitte gib auf dich Acht."
Seine Worte lagen mir schwer im Magen. Manchmal hasste ich seine Bemutterung wirklich. Weil ich damit nicht umzugehen wusste. Und dann sagte er etwas, was mir fast das Herz brach: "Ich will dich wiedersehen."
Meine Wangen mussten feuerrot sein, so heiß fühlten sie sich an und schwer räuspernd drückte ich ihn von mir weg. Ich schaffte es nicht, ihm in die Augen zu sehen, sah flimmernd in irgendeine beliebige Richtung und versuchte mit einigermaßen cooler Stimme meine Unsicherheit zu überspielen. "Ja, ist ja gut, Lys. Umarm' mich nicht so, ich hab sonst mehr das Gefühl, dass du dich für immer von mir verabschieden wollen würdest, als mir Motivation zum Überleben einzuflüstern." Ich nahm meine Motorradhandschuhe und zog sie an, um überhaupt etwas zu tun. Wieso machte mich das so fertig?!
Gerade als ich meinen großen Rucksack schulterte, ergriff der Silberschopf erneut das Wort. „Tut mir leid, Kätzchen... Es ist nur, dass ich... Du weißt doch, wie wichtig du mir bist, oder?"
Verstohlen schielte ich ihn aus dem Augenwinkel an. Er nannte mich mindestens genauso selten Kätzchen, wie ich ihn Darling, weshalb mich das noch mehr aufhorchen ließ, als sein Ton. Sein besorgter Gesichtsausdruck war einem traurigen gewichen und um ehrlich zu sein, schmerzte mich dieser Anblick noch viel mehr. Mit einem Schritt war ich zu ihm herübergetreten, schlang meine Arme um seinen Hals und küsste ihn sanft auf die Wange. Dieser Blödmann...
"Ich weiß", lächelte ich ihn versöhnlich an, nachdem ich wieder zurückgetreten war. "Du mir auch. Mach' dir nicht zu viele Sorgen. Du weißt doch, wie badass ich sein kann~ Und Svea und Viktor sind sogar noch krasser drauf. Also komme ich natürlich wieder und du sorgst im Gegenzug dafür, dass Castiel hier keine Scheiße anstellt, Deal?" Ich zwinkerte ihm zu, was er mit einem sanften Lächeln quittierte. "Deal."
Zehn Minuten später waren wir dann alle abfahrbereit. Die kleine Gruppe um Svea, Viktor und mich würde sich Richtung Dedham bewegen, fast zum äußersten Rand von Hyde Park. Dort waren neben einem gigantischen Friedhof einige Straßen mit überwiegend Bungalows gesäumt, von denen wir ausgingen – beziehungsweise von denen wir hofften – dass sie ruhig und gut zum Plündern wären. Deshalb sahen wir es als kein hohes Risiko an, dort "nur" zu dritt hinzufahren, vor allem da wir mit unseren Motorrädern um einiges agiler und flotter unterwegs waren, als mit dem Auto. Dieses hatte sowieso sein eigenes Ziel. Mit dem SUV würden sich John, Dake, Armin und Kim auf den Weg Richtung Readville machen, der den untersten Teil von Hyde Park und damit ganz Boston ausmachte. In ihm befand sich unter anderem ein riesiges Gewerbegebiet, in dem sie sich mal umschauen wollten. Da es dort von Infizierten nur so wimmeln könnte, benötigten sie den Schutz des großen Autos und des Großteils unserer zur Verfügung stehenden Waffen. Zudem waren die Straßen breit und lang, weshalb sie sich dort einigermaßen sicher bewegen können müssten – und fliehen, wenn nötig. Wohl war mir dabei weiß Gott nicht. Mir wäre es lieber gewesen, mit meinem Bruder gemeinsam dort hinzufahren, doch es gab nur drei Leute von uns, die überhaupt Motorrad fahren konnten – und wir mussten alles nutzen, was wir hatten, um uns zu versorgen – und das sollten wir definitiv nicht in der Gegend tun und des Weiteren war Castiel auf unserem letzten Streifzug in der "risikoreicheren Gegend" mit gewesen, weshalb niemand dagegen sprach, ihm heute eine Pause zu gönnen. Und mich im Umkehrschluss ausschloss, in Johns Gruppe mitfahren zu können. Weshalb ich mich damit begnügen musste, ihn zu umarmen, ihm viel Glück zu wünschen und in den Himmel ein Stoßgebet zu schicken, auf dass er dort sicher hin- und wieder zurückkäme.
Ich seufzte schwer und wies Svea hinter mir nochmal an, sich richtig festzuhalten. Dann nickte ich erst Viktor zu, der auf Castiels Motorrad saß und dann Nathaniel, der uns das Tor aufmachen würde, sobald alle bereit waren.
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Endless Death
FanficZwei Menschen, zwei Orte, ein Schicksal. Verdammt, sowas geschah doch normalerweise nur in Horrorfilmen! Doch für Kyra war es brutale Realität geworden. Als Zeugin von Patient 0 floh sie nun gemeinsam mit ihrem Bruder vor der rasant um sich greifend...