Pia war in eine Wohnung gelaufen, die vom Namen am Klingelschild her ihre sein musste. Sie rief einen Namen.
„Devi! Devi!", sie achtete nicht darauf, wie viel Lärm sie machte, was mir Sorgen bereitete.
„Pi-", ich wollte sie bitten, leise zu sein, aber Lysander schüttelte den Kopf. Als uns kein Zombie entgegen kam, gingen wir in die Wohnung und schlossen die Tür hinter uns. Pia lief alle Räume der aufgeräumten, aber schlecht belüfteten Wohnung ab, dabei weiter den Namen ihrer jüngsten Schwester rufend, wie mir wieder eingefallen war. In der Küche hörten wir dann ein leises und verängstigtes Flüstern. Ein Gesicht ließ sich aus dem Schrank unter der Spüle erahnen. Strahlend blaue Augen wie Pia sie hatte, stachen aus dem Schatten hervor.
„Devi!", Pia stürzte auf die Knie und riss die Schranktür auf. Sofort fiel ihr ein weinendes Mädchen in die Arme. Die Kleine war vielleicht fünf. Wir anderen vier standen regungslos in der Tür und sahen uns an. Ich kam mir hilflos und fehl am Platz vor und spielte mit dem Ende des Griffes meines Baseballschlägers. Nach ein paar Minuten ließ Pia ihre Schwester los. Die beiden waren völlig verheult, was ihnen aber keiner vorhalten würde.
„Devi, das sind Castiel, Lysander und Nath. Svea kennst du ja schon flüchtig", sie deutete auf die entsprechende Person, als sie sie vorstellte. Ich erinnerte mich, ich hatte die Kleine mal mit Pia im Supermarkt getroffen. Pia stand auf und nahm ihre Schwester an die Hand. Das Mädchen war völlig verdreckt und roch nach Urin. Sie wird sich nicht einmal auf Toilette getraut haben.
„Svea? Könntest du in meinem Zimmer ein paar Kleidungsstücke zusammensuchen? Und für Devi auch?", sie sah mich an und wischte ihre Augen trocken. Devi klammerte sich ängstlich an ihre Schwester und weinte immer noch leicht.
„Mach ich", ich nickte.
„Wir werden dann hier in der Küche Sachen zusammensammeln, okay?", Nath sah Pia an.
„Macht das bitte. Könnte ihr ihr was aufheben?", sie nahm ihre Schwester schließlich auf den Arm.
„'Türlich", Castiels Gesichtsausdruck ließ nicht erahnen, was er dachte. Ich ging in Pias Zimmer, nachdem sie mit ihrer Schwester im Bad verschwunden war und Wasser rauschte. Es war nicht schwer zu erkennen, welches ihres war. Jede Zimmertür war beschriftet. Der Raum war regelrecht luftleer, aber ansonsten wirkte alles ganz normal, als gäbe es draußen keine Zombieapokalypse oder als hätte Castiel nicht vor wenigen Minuten den Schädel von Pias Mutter zertrümmert. Die ganze Situation war absurd. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass das alles real war. Ohne weiter ihr Zimmer zu betrachten, öffnete ich ihren Kleiderschrank. Ich nahm Unterwäsche hinaus, Zwei BHs und sechs Unterhosen verbrauchten zum Glück ja kaum Platz. Dazu kamen noch drei paar dicke und dünne Socken, eine Mütze und zwei Schals, zwei Jeanshosen, zwei T-Shirts und Pullover, eine Winterjacke und eine Regenjacke. Ich fand auch eine größere Sporttasche, in die ich alles so eng wie möglich räumte. Jetzt fehlten nur noch Devis Sachen, also ging ich in ihr Zimmer. Der Kleinen räumte ich auch Kleidung zusammen, die praktisch und vielseitig war. Also dünne und warme. Ich kam mit der Tasche in die Küche, als Pia bereits mit ihrer Schwester aus dem Bad zurück war. Sie hatte die Kleine gesäubert, die jetzt im Bademantel auf einem Küchenstuhl saß und schon trockenes Toastbrot mit Marmelade aß. Sie schien sehr großen Hunger gehabt zu haben, denn sie schlang, als gäbe es kein Morgen mehr. Etwas im Magen zu haben schien sie aufzuheitern.
„Ich hab die ganze Zeit nur die Kellogg's gegessen, die unten bei mir im Schrank waren. Und einmal am Tag hab ich mich ans Waschbecken getraut", die Kleine mampfte vor sich hin.
Als Pia das hörte, stellte sie polternd eine Flasche Eistee vor ihrer Schwester ab.
„Trink!", sie wühlte der Kleinen durch das Haar. Ich stellte währenddessen die Tasche auf der Arbeitsfläche ab und zählte die eingepackten Dinge auf. Sie bedankte sich bei mir und entschuldigte sich dann kurz, um sich bei der Gelegenheit auch gleich umzuziehen. Sie kam mit einer Fleecejacke, einem dünnen Pullover, Thermoleggings und warmen Stiefelletten zurück. Ihre Haare hatte sie auch zusammengebunden. Sie hatte zwei Zahnputzbecher und ein Erste-Hilfe-Kid in der Hand.
„Devi, geh dir mal dein Lieblingsspielzeug holen", sie lächelte ihre Schwester an, die sofort aufsprang und in ihr Zimmer lief.
„Sie muss was zum Spielen haben", es wirkte fast wie eine Entschuldigung.
„Selbstverständlich, es ist alles völlig in Ordnung, Pia", Nathaniel lächelte, Lysander nickte und selbst Castiel brachte ein „Ich stimme Blondy ausnahmsweise zu" hervor. Ich begann lediglich, die gesammelten Lebensmittel in die Tasche zu stopfen. Pia ging kurz, um ein Familienfoto und ein persönliches Erinnerungsstück, einen kleiner Stofftiger, zu holen. Sie räumte beides ebenfalls in die Tasche.
„Alles in Ordnung?", ich wagte die Frage. Sie nickte.
„Sie ist jetzt wenigstens erlöst... und... ich schätze, das war auch nicht mehr meine Mutter", sie flüsterte, aber man hörte, wie weh ihr das tat, „Ich bin nur froh, das Devi noch lebt. Meine älteste Schwester ist schon ausgezogen und wohnt in Frankreich, Sally ist in ihrer Schule. Außerdem hab ich so etwas fast erwartet, als hier niemand ans Telefon oder Handy ging..."
In dem Moment kam Devi wieder hinein. Sie hatte einen Stoffelefanten im Arm.
„Leg den hier mal hin, Devi, wir trocken dich jetzt ab und ziehen dir was Sauberes an", sie nahm die Hand ihrer Schwester und ging mit ihr.
„Die armen beiden...", Lysander lehnte sich an die Wand. Wir nickten alle.
„Wohin als nächstes von hier aus?", ich erlaubte mir einen Schluck von dem Eistee, der schon halb ausgetrunken auf dem Tisch stand und gab die Flasche dann herum. Jeder nahm einen Schluck.
„Zu mir, dann zu dir und Castiel, Lysander kommt zuletzt", Nath reichte Lysander die Flasche.
„Hoffentlich funktioniert Leighs Auto", Lysander hatte nachdenklich die Arme verschränkt. Mir fiel auf, dass er recht häufig auf sein Handy sah. Ich setzte mich auf die Arbeitsplatte und es wurde wieder still. Wir hingen alle unseren eigenen Gedanken nach. Mir fiel auf, dass Castiel seinen Baseballschläger gereinigt hatte.
Pia und Devi kamen zurück. Die Kleine war warm angezogen und trug eine Mütze über ihrem feuchten Haar. Sie hatte einen Rucksack auf dem Rücken, in den Pia den Stoffelefanten und Cracker, sowie zwei kleine Flaschen Wasser steckte.
„Wir können", sie nahm ihre Schwester an die Hand. Wir nickten und verließen die Wohnung, die Pia offen ließ. Sie begründete es damit, dass sie sowieso nichts Wertvolles dort hatten und es vielleicht jemanden helfen könnte. Castiel ging vor, wohl um die Leiche von Pias Mutter wegzuräumen. Die sollte die Kleine wirklich nicht sehen. Als wir unten waren, war die Leiche aus unserem Sichtfeld verschwunden. Devi hielt Pias linke Hand fest, die hatte ihre Sporttasche und ihre Schultasche auf dem Rücken.
Wir schwiegen alle auf den Weg zu Naths Wohnung. Wir trafen zum Glück keine Zombies und kamen unbehelligt dort an, aber wir mussten feststellen, dass Naths Wohnungstür aufgebrochen war. Jemand hatte die Wohnung leergeräumt, was Essen anging und auch von Snowy fehlte jede Spur. Selbst das Katzenfutter war geklaut worden. Das Fehlen seiner Katze nahm ihn mit, das sah ich. Ich drückte einmal seine Hand, in dem Versuch, ihn aufzuheitern und er lächelte mich traurig an.
Wir blieben nicht lange. Er zog sich um und packte Kleidung, ein Erinnerungsstück und Hygieneartikel in eine Sporttasche. Pia fiel auf, dass sie die völlig vergessen hatte.
„Macht nichts, ich hab mehr als genug Zuhause", ich lächelte schwach. Es war zu bezweifeln, dass jemand in eine Wohnung einbrach, in der ein Hund laut bellte. Es musste, ich hoffte es inständig, Flip einfach gut gehen. Nathaniel nahm noch zwei Wolldecken mit, wenn er schon kein Essen finden konnte.
Dann gingen wir weiter zu Castiel und mir. Nicht, dass wir zusammen wohnten, aber unsere Wohnungen lagen direkt nebeneinander. Schon als wir unten standen, hörten wir unentwegt zwei Hunde bellen. Der Rotschopf rannte die Treppen hoch in den vierten Stock, in dem unsere Wohnungen lagen. Er zögerte nicht und trat die Tür seiner Wohnung ein. Ich verdrehte die Augen und konnte mir ein trockenes „Ein Schlüssel hätt's auch getan..." nicht verkneifen. Demon, sein französischer Schäferhund, sprang ihn sofort an und begrüßte ihn fröhlich. Ich lächelte. Schön, dass es dem Süßen gut ging. Ich hatte aber andere Prioritäten als Castiels Wiedersehen mit seinem Hund. Nämlich meinen Hund in die Arme zu schließen. Ich zitterte als ich den Schlüssel ins Schloss steckte und aufschloss. Kaum, dass die Tür offen war, wurde auch ich von einem weiß-grau-schwarzen Wesen umgeworfen und abgeschleckt. Ich lachte und schmiegte mich in das warme Fell von Flip, der allerdings nach Hundefutter und Exkrementen roch. Als ich von Flip dann aufstehen durfte und in meine Wohnung sah, wurde aus meinen fröhlichen Grinsen ein nüchternes Gesicht. Alles war verwüstet und umgeworfen, es stank nach Flips Ausscheidungen.
„Nun, selbst wenn ich wollte, könnte ich hier nicht mehr wohnen", ich trat in die Wohnung und ging auf direktem Weg in die Küche, strich dabei über die Kommode im Flur, auf der ein Foto von meinen Eltern, Flip und mir in den Bergen stand. Das würde ich mitnehmen. Die Küche war genauso verwüstet wie alles, was ich bisher gesehen hatte. In mir brodelten Gefühle, die ich nicht einzuordnen wusste. Auf jeden Fall zog sich mein Magen zusammen. War das Bedauern und der bittere Beigeschmack eines erzwungenen Abschieds? Flip hatte einen seiner Trockenfutterbeutel aufgerissen und davon die letzte Woche gefressen. Er sah gut ernährt aus. Er wird wohl aus der Toilette getrunken haben. Er schien keinen Hunger zu haben, aber ich entschuldigte mich bei Pia, Devi und Nath für die Unordnung und den Gestank und ging Flip baden. Ich würde selbst bei einer Zombieapokalypse meinen Hund nicht mit Kot im Fell herumlaufen lassen. Es dauerte nicht lange, bis mein Husky sauber und trocken gerieben war. Nath und Pia hatten schon Lebensmittel zusammengesammelt.
„Ihr habt soviel hier", Pia lächelte erleichtert.
„Eine Macke, die sich meine Mutter von meinem Vater abgeguckt hat - immer Vorräte da haben", ich lächelte. Flip wedelte neben mir mit der Rute. Ich werde mal Sachen zusammensuchen gehen.
„Macht ihr ruhig mit dem Essen weiter. Ich zieh mich um und hol Sachen aus dem Bad."
„Mach das Sveezy", Nathaniel lächelte. Flip folgte mir noch immer schwanzwedelnd._____________________________________________________________________________
Credits to @Nastalia (on FF.de) :'D
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Endless Death
FanfictionZwei Menschen, zwei Orte, ein Schicksal. Verdammt, sowas geschah doch normalerweise nur in Horrorfilmen! Doch für Kyra war es brutale Realität geworden. Als Zeugin von Patient 0 floh sie nun gemeinsam mit ihrem Bruder vor der rasant um sich greifend...