Kapitel 8 - Aufbruchsvorbereitungen - Svea

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Als ich die Hälfte der Flügeltür öffnete, schlug mir der Geruch von abgestandener Luft und Büchern entgegen. Die Schulbücherei lag verlassen vor mir. Was ich dort wollte? Ich wusste es nicht, aber vielleicht fand ich etwas Nützliches. Die Tür fiel hinter mir zu und ich schlenderte ziellos durch die Reihen der Regale. Ich grübelte über dieses und jenes nach, unser Vorratsproblem und allgemein kam mein Gehirn nicht zur Ruhe. Nach einer Weile, in der ich nur wahllos Buchrücken studiert hatte, kam mir die Idee, ein paar Bücher zusammenzusuchen, die hilfreich sein könnten. Auf meinen Armen stapelten sich Erste-Hilfe-Bücher, Wildnis-Guides und anderer Kram, wie Lexika mit den giftigen Pflanzen auf dem nordamerikanischen Kontinent. Könnte man ja eventuell gebrauchen. Wer wusste schon, wie weit sich diese Viecher schon ausgebreitet hatten? An einem der Regale rutschte ich schließlich einfach hinab. Ich schlug das oberste Buch irgendwo auf und erblickte eine Abbildung eines abgestorbenen Armes, der gerade amputiert wurde. Geil! Das möchte man sehen, wenn man ein Buch aufschlägt! Seufzend schlug ich das Buch wieder zu und legte es zurück auf den Stapel. Kurz schloss ich die Augen. Das war alles so unwirklich...
„Ah Svea! Wusste ich doch, dass du hier bist!", Armins Stimme ließ mich erschrocken aufspringen.
„Armin! Erschreck mich doch nicht so!", ich sah ihn entsetzt an, „Du weißt, wie gefährlich das bei mir ist! Willst du meine Handkante im Gesicht?"
Ich kam zur Ruhe.
„Äh ne, lass mal. Ich hab dich gesucht, wir wollen alle eine Lagebesprechung abhalten und du fehlst noch. Kommst du?", er griff wortlos den Stapel Bücher und deutete mit dem Kinn in Richtung der Tür. Ich nickte.
Ein paar Minuten lang gingen wir still die Gänge entlang, bis es aus mir herausplatzte.
„In was für einem Verhältnis stehst du eigentlich zu Viola?", ich sah ihn nicht an, aber bemerkte, dass er vor Schreck beinahe die Bücher fallen ließ.
„Zu Vio-", er hängte die letzte Silbe ihres Namens verspätet an das Wort, „la?"
„Ja, zu Vio-la", ich machte es ihm neckisch nach und schaute ihn aus dem Augenwinkel an.
„Wie kommst du auf die Frage?", er war ganz blass.
Ich zögerte kurz, bevor ich antwortete. Sollte ich es ihm verraten?
„Ich hab euch gehört. In den Damenduschen", ich machte einen Satz nach vorne und drehte mich dann um, um ihn den Weg zu versperren. Er stoppte entsetzt - und ließ die Bücher nun doch fallen. Ich hatte Armin, der nach Nath wohl mein engster Freund war, noch nie so blass und gleichzeitig rot gesehen. Dass die Röte durch Scham kam und die Blässe durch den Schock meiner Offenbarung, war denke ich klar.
„Weißt du was? Du brauchst es mir nicht sagen. Die Geräusche, die ihr von euch gegeben habt, sagen genug. Die paar Sekunden, die ich gehört habe, reichen mir. Ich hoffe nur für dich, dass du ihr nicht wehgetan hast", erst schmunzelte ich, dann wurde mein Blick ernst. Ohne auf seine Antwort zu warten, sammelte ich die Bücher wieder zusammen. Ich legte das letzte Buch auf den Stapel, als Armin mir überraschenderweise doch antwortete.
„Wir sind ein Paar. Vio und ich", er murmelte bloß. Dieses Mal war ich es, die die Bücher fast fallen ließ. Ich sah ihn verwirrt an.
„Wie? Was? Seit wann? HÄ?", mein Mund stand sperrangelweit offen.
„Seit drei Monaten etwa. Aber du weißt, wie schüchtern sie ist. Sie hatte Angst vor den Reaktionen und deswegen haben wir es niemanden gesagt. Nur Alexy weiß es und der musste auf den Inhalt seines Kleiderschrankes schwören, die Klappe zu halten", Armin wurde erneut rot.
„Und mir vertraust du nicht soweit, um zu wissen, dass ich schweigen würde?", ich grinste sichtbar.
„Doch doch, aber... wie erzählt man sowas?", auch er konnte wieder schmunzeln und wir gingen weiter. Ich zuckte mit den Schultern.
„Touché"
Es wurde kurz still.
„Pass gut auf sie auf. Wenn du ihr wehtust, tu ich dir weh, hast du mich verstanden?", auch wenn ich grinste, wusste er, wie ernst ich das meinte. Viola weckte bei mir das Bedürfnis, sie zu beschützen. Emotional war ich ihr zwar keine Hilfe, aber wenigstens wollte ich verhindern, dass ihr Schmerz ereilte.
„Hab ich nicht vor", diesen verliebten Blick kannte ich von Armin gar nicht. Wie konnte ich das nicht bemerken? Andererseits... ich war nun mal ich.
„Wie konnte das passieren...", ich war plötzlich doch neugieriger, als es mir lieb war, „das in den Duschen?"
„Das war so nicht geplant, also gar nicht. Eigentlich wollten wir wirklich nur ihr Auge kühlen, aber", er kratzte sich verlegen am Kopf, „irgendwie kam es von einem zum anderen und es... passierte einfach"
„Naww...", das fand ich nun schon niedlich, irgendwie, „Okay, ich war schon viel zu neugierig, lass uns zu den anderen gehen"
Ich lächelte ihn an und er verstand, dass das Gespräch beendet war. Armin nahm mir die Hälfte der Bücher ab und so kamen wir kurz darauf bei den anderen an.

Endless DeathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt