Der Florist Gabriel lernt bei einem Auftrag für den Nachtclub Moonlit dessen ebenso mysteriösen wie auch attraktiven Inhaber Ricardo kennen. Auf eine Weise fühlt Gabriel sich extrem zu ihm hingezogen, aber irgendetwas scheint mit Ricardo nicht ganz...
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Mariella führte den jungen Mann durch die Hallen des Moonlits und versuchte ihr Amüsement nicht durchscheinen zu lassen. Sie kannte diese Blicke zu Genüge. Diese Lämmer, die dem Wolf nur zu willig folgten. Immer wieder versuchend, die Wirkung ihrer Art auf Menschen zumindest ein wenig zu dämpfen, konnte sie jedoch nicht verhehlen, dass ihr der junge Blonde gefiel. Er hatte etwas an sich, dass ihr bekannt vorkam und... *Hör auf zu flirten. Der Mann ist geschäftlich hier.* Die sanfte, jedoch sehr deutliche Zurechtweisung ihres Schöpfers ließ die Rothaarige innerlich etwas zusammenzucken. Irritiert hielt sie an der Tür zu Ricardos Büro inne und streckte ihre mentalen Fühler in dessen Richtung aus. Ihr Meister war doch sonst nicht so... verkrampft.
„Sénior del Mar ist gleich bei dir", ließ sie Gabriel wissen und erinnerte sich an ihre Pflichten als Gastgeberin. „Möchtest du etwas trinken?" Trinken... Dieses Triggerwort ließ ihre Zunge unwillkürlich über ihren leicht trockenen Gaumen streichen. „Ein Wasser, bitte." Wasser? Ernsthaft? Menschen... Da war man im exklusivsten Club der Stadt, ja im ganzen Land eingeladen und dann... Wasser. „Ein Wasser, kommt sofort", erklärte sie ohne auch nur einen Muskel zu verziehen und schloss die Tür hinter sich, um das gewünschte Getränk zu besorgen.
*Für mich einen alten Cherry, meine Liebe.* *Sehr wohl, Herr...* Der Sarkasmus in ihrer Stimme ließ Ricardo mild lächeln. Er wusste nur zu genau, dass sie es hasste, wenn er sie zurechtwies. Aber sie war noch jung. Trotz ihres alten Blutes musste er sie ab und an noch zügeln. Auch wenn er das nicht gerne tat.
Schon vor der Tür konnte der Vampir die Nervosität des Menschen in seinem Empfangszimmer spüren. Der Herzschlag war beschleunigt. Endorphine wurden ausgestoßen, die den Mann mit dem Namen des Erzengels in eine Aura hüllten, die Ricardo innerlich bereits schmunzeln ließ. Ein Schmunzeln, das in dem Moment erstarrte, als der Blonde sich von seinem Stuhl erhob und ihm entgegenblickte.
Dunkelblonde Haare, ein kräftiger, doch nicht übertriebener Körperbau und Augen... Die Augen... Seine Augen. Augen, die er in all seinen Jahren in dieser Gestalt nicht vergessen hatte. Augen, die ihn zurückversetzten in seine Zeit auf See. Als das Leben noch frei und seine Seele noch jung war. Als die Liebe noch...
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Sénior del Mar." Bei allen Feuern... Dieses Wunder! Sollte es wirklich wahr sein? Sollten seine Gebete erhört worden sein, sollte man ihm endlich vergeben haben?
Eine Hand wurde ihm entgegengestreckt und Ricardo fand zurück ins Hier und Jetzt. „Ricardo...", verbesserte er sanft und nahm die ihm entgegengestreckte Hand vorsichtig in seine, drückte sie. „Gabriel." Gabriel... Große Schöpfer... Ihr gebt genau diesem Geschöpf den Namen eines Erzengels? Er wusste es schon immer. Die Schöpferkraft hatte Humor.
„Es freut mich, dass Sie mich in meinem Club beehren." Du ahnst nicht, wie sehr... „Nun, die Ehre ist ganz meinerseits." Offensichtlich etwas irritiert über die Ausdrucksweise, blinzelte Ricardo kurz, konzentrierte sich dann wieder auf das Geschäftliche. „Setzen Sie sich doch."
Mit mildem Amüsement bemerkte der Vampir, wie sein Gegenüber sich regelrecht in den Stuhl fallen ließ, sich räusperte und etwas zusammenzuckte, als Mariella zurückkam und Gabriel eine kleine Flasche feinstes Wasser und ein Glas hinstellte. Ihrem Schöpfer ein kurzes Lächeln zuwerfend, platzierte sie den Cherry neben den auf der Tischplatte abgelegten, schlanken Hände und zog sich nahezu lautlos wieder zurück.
