Kapitel 45 | Gabriel
Er war sich gerade nicht so sicher, ob dieser Fragenkatalog eine gute Idee gewesen war. Eigentlich hatte er auch nicht vorgehabt, alle Fragen auf einmal zu stellen. Aber Ricardo hatte ihm nun mal den Zettel abgenommen. Die Flut an Informationen, die dieser ihm nun offenbarte, schien Gabriel regelrecht zu überrollen. Doch eine Tatsache sorgte dafür, dass sein Herz unruhig flatterte und es vor Gefühlen fast überschäumte.
Ricardo hatte seit Salvadors Tod von keinem Menschen mehr Blut getrunken. Was ein unglaublicher Liebesbeweis – über den Tod hinaus. Schließlich hatte der Vampir nicht ahnen können, dass Salvador wiedergeboren werden würde. Und dass sie sich dann jemals begegnen würden. Gabriel hätte ja auch durchaus in Australien oder weiß Gott wo auf die Welt kommen können. Dieser Gedanke stimmte ihn kurz wehmütig und dann lächelte er. Nein, das hätte nicht passieren können. Sie waren füreinander bestimmt. Das spürte er ganz tief in seinem Herzen. Es war einfach Schicksal.
Zärtlich strich Ricardo ihm eine Strähne aus der Stirn. „Was geht dir gerade durch deinen schönen Kopf?" Gabriel spürte, wie er wieder einmal errötete. Er hoffe, dass sich das niemals änderte. Denn das würde bedeuten, dass Ricardos Komplimente immer etwas Besonderes für ihn bleiben würden. „Wusstest du, dass wir uns noch einmal in einem anderen Leben, also meinem Leben, begegnen würden?"
Nachdenklich sah der Vampir einen Moment aus dem Fenster, bevor er den Kopf schüttelte. „Ich habe in meinen Leben einige Male Geschichten über Reinkarnationen gehört. Um ehrlich zu sein, ich habe sie nie geglaubt. Ich habe so viele Jahre mit der Gewissheit verbracht, dass ich dich für immer verloren hatte." Mit einem Ruck zog Ricardo ihn abrupt an sich und drückte ihn fest an sich. Gabriel ließ es geschehen. Genoss diese innige Geste. Fuhr mit seiner Nasenspitze über die Halsbeuge des Vampirs.
Die Reaktion folgte sofort. Blitzschnell lag Gabriel auf dem Rücken und der Dunkelhaarige war über ihm. Ricardo sah ihn wieder mit dieser Hingabe an – und auch, ja, gierig. In Gabriel arbeitete es und innerhalb kürzester Zeit fasst er einen Entschluss. Mutig wollte er sein. Etwas, was er so gut wie nie in seinen Leben gewesen war.
Er packte Ricardo im Nacken und zog ihn zu sich herunter. Verwickelte ihn in einen leidenschaftlichen Kuss. Wollte, dass der Vampir spürte, wie sehr er ihn ebenfalls wollte. Ein erst erstauntes Schnauben wurde zu einem hungrigen Knurren, welches Gabriel eine Gänsehaut über den Rücken sandte.
Ihre Zungen, die sich langsam immer besser kannten, liebkosten verheißungsvoll ihren Gegenpart. Ricardos Lippen wanderten seinen Hals entlang. Küssten hungrig jeden Zentimeter Haut, den seine Hände vorher freigelegt und berührt hatten. Auch Gabriel knöpfte das Hemd des Vampirs auf und fuhr regelrecht gierig mit seinen Fingern über die ausgeprägte Rückenmuskulatur. Wie gut sich diese anfühlte, wenn Ricardo sich bewegte.
Mehr und mehr Kleidung fand den Weg auf den Boden. Mehr und mehr nackte Haut rieb aneinander. Mehr und mehr Keuchen und Schmatzlaute erfüllten den Raum. „Oh, mi corazón, du bist so wunderschön." Ricardo hatte innegehalten und sah ihn verliebt an. Diese Chance nutzte Gabriel, küsste den Vampir und wisperte an diesen allzu verführerischen Lippen: „Warte kurz..." Dann stand er auf und ging zu dem Schrank, in dem er die Utensilien zur Pflege seiner Pflanzen aufbewahrte. Er holte eines der noch verschweißten Skalpelle, die er zum Stutzen benutzte, heraus und ging zurück zu Ricardo. Es wusste, dass es irgendwie seltsam war, aber sich beißen zu lassen, hätte er momentan noch seltsamer gefunden.
Fragend sah Ricardo ihn an, bis Gabriel ihm zeigte, was er aus dem Schrank geholt hatte. Regelrecht erschrocken weiteten sich Ricardos Augen. Aber ebenso schossen seine Fangzähne ein Stück hervor und sein Schwanz zuckte erwartungsvoll. Nervös schluckte Gabriel. „Geht...Geht es erst mal auch so?" Sanft streichelte sein Gegenüber über seine Wange. „Natürlich. Du musst das auch gar nicht tun, wenn du dazu nicht bereit bist. Das wäre..." Stürmisch verschloss er Ricardos Lippen mit einem Kuss. „Ich möchte aber. Das ist für mich der nächste Schritt. Es wäre mir eine Ehre." Die Augen des Vampirs loderten auf. „Und für mich erst, mein Blumenengel."
Vorsichtig nahm Ricardo ihm das Skalpell aus der Hand und öffnete dessen Verpackung. Danach legte er es zur Seite und antwortete auf Gabriels fragenden Blick: „Später. Lass uns erst noch das Ganze genießen. Sonst ist es viel zu schnell vorbei." Das verführerische Lächeln, was der Spanier hinterherschickte, ließ Gabriels Körpertemperatur um mindestens zwei Grad steigen.
Sie erkundeten den Körper des anderen mit den Händen und Lippen. Gabriel nahm auch immer wieder Ricardos Geruch tief in sich auf. Genauso nahm er dessen lustvollen Geräusche wahr, die ihn selber weiter anstachelten. Gerade waren sie wieder in einen hitzigen Kuss verwickelt, als der Vampir seine Hüfte vorstieß und ihre harten Schäfte so aneinander rieben. Gabriel keuchte auf und warf den Kopf in den Nacken. Diese Berührung war so neu, so ungewohnt und so dermaßen erregend, dass er kaum wusste wohin mit sich.
Als Ricardo dann noch behutsam die Spitzen seiner Fangzähne über die dargebotene Haut an Gabriels Hals fahren ließ und gleichzeitig ihre Schwänze ihn die Hand nahm, war Gabriel schon fast über die Klippe gesprungen. Er stoppte die rhythmischen Bewegungen von Ricardos Hand und sah ihm tief in die Augen. Der Vampir verstand und wollte nach dem Skalpell greifen, doch Gabriel hielt ihn auf. Nein, so sollte das nicht laufen, so „klinisch". Was hatte er sich dabei nur gedacht? Er atmete tief ein und sah Ricardo dann an.
„Kannst du mit deinen Zähnen nur ein bisschen ritzen? Ohne so richtig zuzubeißen? Aber etwas mehr als letztes Mal?", fragte Gabriel verlegen. Der Vampir schloss kurz die Augen und schien sich zu sammeln. „Ich... Ich kann es versuchen. Ich weiß aber nicht, ob..." „Ist ok." Auffordernd hielt Gabriel ihm sein Handgelenk hin und schluckte merklich, als der andere mit seinen kühlen Fingerspitzen darüber streichelte. „Bist du dir wirklich sicher?" Gabriel nickte entschlossen. Ja, er wollte das. Er wollte, dass auch Ricardo solch eine Lust empfinden konnte, wie er wenige Augenblicke zuvor. Wobei ihm doch etwas mulmig zumute war.
Doch ehe er weiter darüber nachdenken konnte, fing der Vampir an, Küsse auf seinem Handgelenk zu verteilen. Gabriel hätte nie gedachte, dass Berührungen an dieser Stelle so erotisch sein konnten. Er schloss die Augen, genoss diese Art der Zuwendung. Bis er einen leichten Schmerz spürte und die Augen wieder aufriss. Er sah, wie ein kleiner Tropfen Blut langsam seinen Arm hinabrann. Durchdringend sah Ricardo ihn an und wieder nickte er zur Bestätigung.
Genüsslich leckte der Vampir den Tropfen ab. Das Grollen, was seine Kehle verließ, wurde zu einem dermaßen lustvollen Stöhnen, dass Gabriel wieder eine Gänsehaut bekam. Ricardos Augen wurden schwarz. Gleichzeitig fing dieser an, sie wieder zu stimulieren. Schnell und unerbittlich diesmal. Und ehe er sich versah, ergoss Gabriel sich auf Ricardos Hand, der ebenfalls heftig zuckte.
Schwer atmend ließ er sich auf die Brust des Dunkelhaarigen sinken und erfreute sich an der so kühlen Haut. Starke Arme umfingen ihn und drückten ihn noch näher an den anderen Mann. Küsse wurden auf seinem Kopf verteilt. Lange Zeit blieben sie so liegen, streichelten und küssten einander.
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Echoes Of The Past (Moonlit Universe Part I)
RomantikDer Florist Gabriel lernt bei einem Auftrag für den Nachtclub Moonlit dessen ebenso mysteriösen wie auch attraktiven Inhaber Ricardo kennen. Auf eine Weise fühlt Gabriel sich extrem zu ihm hingezogen, aber irgendetwas scheint mit Ricardo nicht ganz...