Kapitel 35 | Ricardo

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Kapitel 35 | Ricardo

Angewidert spie Ricardo aus und wollte sich die Blutreste abwischen, als er bemerkte, dass seine Hände noch völlig besudelt waren

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Angewidert spie Ricardo aus und wollte sich die Blutreste abwischen, als er bemerkte, dass seine Hände noch völlig besudelt waren. Beschämt von seinem offensichtlich brutalen Aussehen, wollte er sich gerade bei Gabriel entschuldigen, als dieser ihn packte, das heisere Knurren aus seiner Kehle offensichtlich nicht einmal bemerkte, seinen Einwand abtat und ihn küsste.

In dem Chaos seiner Gefühlswelt tobte es wie in einem Sturm. Da war noch der Kampfrausch, die Blutrünstigkeit, die seine Adern füllte, doch in dem Moment, wo Gabriels Lippen sich auf seine pressten, der von ihm so geliebte Körper sich an ihn lehnte, da verflog all der Groll in ihm, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.

Sofort griff er sachte an Gabriels Hinterkopf, massierte sanft dessen Kopfhaut, während er den Kuss intensivierte. Zärtlich lehnte er Gabriels Kopf zur Seite, um den Kuss noch weiter zu vertiefen, als der Duft der langsam verkrustenden Wunde an dem Hals seines Liebsten seine Nasenflügel beben ließ. Seine Fangzähne traten etwas heraus und Gabriel löste eher überrascht als verängstigt den Kuss.

„Du bist in Sicherheit", raunend, betrachtete Ricardo das Antlitz seines Liebsten in unendlicher Erleichterung. „Nie wieder, nie wieder werde ich zulassen, dass dir jemand etwas antut, mi corazón." Wieder liebkoste er den Mann in seinen Armen mit seinen Fingerspitzen und suchte dessen Blick. „Vergib mir, Salvador."

Bei Gabriel zuhause stellte dieser die entscheidenden Fragen: „Wer bist du wirklich? Und wer ist Salvador?" Warum hatte der Vampir gerade das Gefühl, seine Finger würden kribbeln? Warum hatte er Angst vor der Wahrheit? Die wundervollen grünen Augen legten sich in seinen Blick und zum ersten Mal in seinem Leben fragte Ricardo del Mar sich, wie sein Gegenüber ihn wohl wahrnehmen würde. Sah er seine blauen Augen, oder wirkten sie für ihn, wie für normale menschliche Augen, silbern? Nahm er ihn eher fahl wahr oder menschlich?

Zärtlich streichelte er über die Hände, die sich in seiner Reichweite abgelegt hatten. Warm, weich und so... „Ricardo?" Er atmete tief durch, suchte den Blick erneut, nur um ihn beschämt wieder zu senken. „Du hast recht. Du verdienst die Wahrheit, auch wenn das vielleicht bedeutet, dass du mich danach nie wieder sehen willst. Sei versichert, ich werde dir diese Wahl lassen." „Ähm, danke?"

Ein leises gutmütiges Lachen wurde zu seinem langen, melancholischen Seufzen. Wie lange hatte er sich nach diesem Moment gesehnt, und wie oft hatte er ihn gefürchtet? Vor ihm saß die Reinkarnation des Mannes, den er geliebt hatte... Nein, liebte, wie nichts in seiner gesamten Existenz.

„Mein Name ist Ricardo del Mar und ich bin ein etwa 473 Jahre alter Vampir." Die fragenden Augen vor ihm wurden noch größer, als die Schwere dieser Worte in Gabriels Verstand Gestalt annahmen. „Die Wesen, die dich eben angegriffen haben, waren Werwölfe. Oder zumindest eine Abart der Kinder des Mondes, wie sie in unserer Welt heißen." „Vampire, Werwölfe, so wie in Filmen und Büchern?"

Ein wissendes Lachen formte Ricardos Lippen zu einem Schmunzeln. „Sagen wir so: Ich fange im Sonnenlicht nicht an zu funkeln, und ich gedenke wahrhaftig nicht, mich von Tierblut zu ernähren, solange ich das nicht muss. In Rauch oder Nebel verwandeln ist mir nicht möglich und ich beherrsche nicht die Tiere der Nacht." „Schläfst du in einem Sarg?" „Nein. Zu unbequem." „Sonnenlicht, ich meine..."

Nun hob sich der Kopf des Vampirs erneut und neigte sich etwas zur Seite. „Das ist in der Tat etwas, das es zu beachten gilt", sagte er ernst und hielt Gabriel auf, als dieser sofort die Vorhänge zuziehen wollte. „Mein Blutalter erlaubt es mir, der Sonne ohne Begrenzung entgegenzutreten. Wäre ich jüngeren Blutes, wäre ich wahrscheinlich während meines Kampfes mit den Werwölfen zu Staub zerfallen."

Erschrocken schlug Gabriel die Hand vor den Mund, worauf Ricardo ihm sanft über den Arm streichelte. „Was bedeutet... Blutalter?" „Das Alter meines Schöpfers und dessen Schöpfer spiegelt sich in dessen Blut wider. Unsereins gibt dieses Alter und den Rang auf diese Weise an die Nachkommen weiter. Es bestimmt die Fähigkeiten und die Machtstellung in meiner Welt." „Und... wie alt bist du laut dieser Rechnung?"

„So ganz genau weiß ich das nicht, da mein Schöpfer ein sehr... ungewöhnlicher Mann war und nicht wirklich gesprächig was diese Dinge angeht. Wenn ich schätzen müsste, über tausend Jahre. Aber wie gesagt, genau beziffern kann ich es nicht." Es dauerte ein paar Sekunden, bis Gabriel die Informationen verarbeitet hatte. Schließlich hob er den Kopf und sah Ricardo direkt in die Augen. „Wer ist Salvador?"

„Salvador Dagon. Was fühlst du, wenn du diesen Namen hörst?" Gabriels Stirn zog sich nachdenklich in Falten, und völlig unbewusst rieb er dabei über die Stelle, wo sein Herz lag. Der Vampir fragte sich, ob der Mann vor ihm die Narbe trug, die Salvadors Schicksal besiegelt hatte. Die auf seiner Augenbraue hatte er ja tatsächlich übernommen.

„Irgendetwas bring dieser Name in mir zum Klingeln. Ich weiß aber nicht was. Habe ich ihn schon einmal gehört? " „Es ist der Name deiner Seele, mi corazón." „Mein Herz..." Wie tief in Gedanken wiederholte Gabriel den Kosenamen. Ricardo konnte spüren, wie sich eben diese Gedanken in dem Verstand des Dunkelblonden überschlugen, bevor er nach Luft japsend die Augen aufriss und ihn ansah.

„Das Schiff, das schwarze Schiff! Das Schiff auf der Party, das..." „Es war der Bug der Santa Maria. Beziehungsweise eine Replikation." Lächelnd bestätigte Ricardo das, woran Gabriel sich gerade erinnert hatte. „Dann... Dann war der..." „Der Kompass war deiner, in einem anderen Leben, ja." Als sich die Stirn des Floristen immer weiter zusammenzog, begann Ricardo die Falten sanft glatt zu streicheln und das Gesicht vor sich wieder sanft anzuheben. „Deine Seele wird sich erinnern. Gib ihr Zeit." „Was, wenn..."

Ganz sanft zog der Vampir ihn näher, legte seine Hand an die warme Wange und strich mit seinem Daumen über die weiche Haut. „Solange du mich in deiner Nähe haben willst, werde ich da sein. Und wenn das bedeutet, du erträgst mich nur als einen schützenden Schatten, dann werde ich auch das sein." „Was, wenn... Wenn ich gar nicht möchte, dass du dich von mir fernhältst?" „Dann würdest du mich zu dem glücklichsten Wesen auf diesem Planeten machen und ich schwöre bei allem, was mir heilig ist: Ich werde alles tun, damit du in Sicherheit bist. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um dich glücklich zu machen, Gabriel."

Mit einem Grinsen zog Gabriel den Vampir nun wieder zu sich und küsste ihn. Was sanft und auslotend begann, wurde schnell inniger. Jetzt, da seine Finger auch vom Blutresten und Schmutz gesäubert waren, konnte Ricardo auch endlich ohne Bedenken vorgreifen und seine Finger in das weiche Haar vergraben.

Liebevoll massierte er die Kopfhaut und konnte ein heiseres Knurren nicht unterdrücken, als Gabriels Zunge sich erneut zwischen seine Lippen schob. Dieses Mal wohl sehr bewusst, tastete sie seine Fänge ab und sorgte dafür, dass Ricardo keuchend den Kuss unterbrechen musste, um die Lust nicht überhand nehmen zu lassen.

„Alles ok?" „Mehr als das", hauchend, grinste der Vampir entschuldigend. „Deine Seele erinnert sich zumindest sehr genau daran, was Unsereins die pure Lust breitet." „Oh..." Gabriel wurde rot und lächelte verlegen, was Ricardos Herz einen Takt beschleunigte. „Nicht, dass ich mich beschweren würde", glucksend, küsste er den verlegenen Mann auf die Stirn und zog ihn näher an sich. Der Moment, wo er Gabriels Herzschlag an seiner Brust spürte, würde für ihn in alle Ewigkeit kostbar sein. Egal, was auch passierte.

Echoes Of The Past (Moonlit Universe Part I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt