Kapitel 69 | Ricardo

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Kapitel 69 | Ricardo

Es dauerte nur eine Zehntelsekunde, bis Ricardo die Erinnerung blockierte und wieder im Hier und Jetzt ankam

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Es dauerte nur eine Zehntelsekunde, bis Ricardo die Erinnerung blockierte und wieder im Hier und Jetzt ankam. In seinem Inneren hallten seine Gefühle noch ein wenig weiter, doch er schaffte es, sie nicht an Gabriel weiterzugeben.

„Es tut mir leid, mein Herz", flüsternd, strich er über Gabriels erhitzte Wangen. Auch wenn er ihm nicht die Schuld gab, so fühlte Ricardo sich dennoch elend. Er hätte dem Wunsch nicht nachgeben dürfen.

„Ich möchte dich nicht teilen." Der Vampir, der auf seine eigene Art ebenfalls sehr besitzergreifend sein konnte, spürte, wie diese Worte etwas in ihm wärmten. Er wollte Gabriel gerade erklären, dass er ihn niemals würde teilen wollen, da sein Herz nur für ihn schlug, als ein einziger Satz seines Liebsten das Blut in Ricardos Adern zum Gefrieren brachte.

„Sie kann dich wieder haben, wenn ich tot bin." Ein Satz. Neun Worte, die er höchstwahrscheinlich nur aus seiner Verzweiflung heraus gesagt hatte. Doch in Ricardo lösten sie etwas aus, dass ihn selbst bis ins Mark erschütterte. Der Gedanke daran, dass er Gabriel, wie auch schon Salvador, verlieren würde. Dass er wieder allein sein würde. Ohne Quelle, ohne lebendes Herz, ohne die Liebe seines Lebens.

Wie in Trance hörte er, wie Gabriel schniefend die Nase hochzog und sah noch, wie er sich eine Träne von der Wange wischte. In der nächsten Sekunde zog er ihn hastig an sich, legte ihn unter seinen Körper und begann den ihm so begehrten Körper zu liebkosen.

Gabriel war zunächst völlig irritiert, doch mit jedem Kuss und jedem Streicheln ließ er sich mehr fallen. Er spürte die Verzweiflung in Ricardos Bewusstsein. Versuchte ihn zu beruhigen, doch erst als der Vampir sie erneut in Fleisch und Blut verbunden hatte, und nun keuchend und von Emotionen übermannt neben ihm in die Kissen sank, schaffte er es, ihm erneut in die Augen zu sehen.

„Ich liebe dich, Ricardo." „Du bist mein Leben, mi corazón." Die wahrhafte Bedeutung dieses Satzes in seinem Bewusstsein deutlich werden lassend, suchte er Gabriels Blick. „Ich kann und will nicht ohne dich sein, mein Herz." „Das wirst du nicht", versicherte der Florist leidenschaftlich, doch Ricardo spürte sehr wohl die Unsicherheit in dessen Bewusstsein. „Aber ich..." „Ich verstehe", nickte der Vampir ruhig. „Ich werde dich nicht drängen, mir auf meine Seite zu folgen. Das habe ich nie getan. Weder bei Mariella noch bei Salvador. Du sollst deine Entscheidung ohne Druck und ohne Einflussnahme von mir treffen können. Ich werde sie akzeptieren. Egal wie sie ausfällt."

Die nächsten Tage verliefen seltsam ruhig. Gabriel ging seiner Arbeit im Blumenhimmel nach und Ricardo sprach regelmäßig mit Samuel, dem Alpha der Werwölfe. Mariella und Anton hatten am Abend ein Treffen in der Oper geplant, weshalb die Vampirin sich gerade fertig machte. Sie trug ein langes, für ihre Verhältnisse hochgeschlossenes Kleid mit passenden Stilletos. Ihre feuerrote Mähne war zu einer Hochsteckfrisur gezähmt und sogar ihr Make Up war dezent und klassisch gehalten.

Der ehemalige Freibeuter betrachtete sie wohlwollend, als sie sich ihm zuwandte und sich mit einer kurzen Drehung um ihre eigene Achse präsentierte. „Darf ich so raus, Dad?" „Das klingt auf so unendlich viele Arten falsch, meine Liebe." Lachend lehnte er sich in dem federnden Ledersessel zurück und schmunzelte sanft, als sie sich kichernd auf seinen Schoß setzte.

„Wer weiß, wenn ich dich ,mein liebster Freund' nenne, könnte dein Blumenengel vielleicht böse werden." Ihr Schmunzeln nahm den Worten die Schärfe, so dass Ricardo nur die Augen verdrehte und den Kopf schüttelte. „Du weißt genau so gut wie ich, dass das nicht das Problem ist." „Er ist schlichtweg besitzergreifend und geizig. Sich einfach das beste Stück vom Braten zu greifen." „Na, danke auch!", lachte Ricardo auf. „Das klingt, als wäre ich ein Spanferkel und du verteilst die Fleischstücke!" „Hm... Spanferkel..." Sie summte genießerisch.

„Bei den Göttern, wie sehr ich das vermisse. Erinnerst du dich noch, dieses Festessen in Madeira vor vielen Jahren, was so fantastisch gerochen hat?" „Ja, daran erinnere ich mich. Wir haben stundenlang am Strand gesessen und uns diesen kleinen Portugiesen geteilt." „Du wolltest nur den Wein, warst aber dem Rest nicht abgeneigt", gluckste die Rothaarige und erhob sich. „Es war eine Win-Win Situation. Ich das Blut, du den Körper." „Und dabei wollte der Kleine doch nur dich. Der Arme weiß wahrscheinlich bis heute nicht, dass er eine Frau gevögelt hat."

Sie lachte noch vor sich hin, als sie ihre Handtasche griff und zur Tür ging. „Pass auf dich auf, meine Liebe." „Anton macht das schon", grinste sie frech und zwinkerte ihrem Schöpfer kurz zu, bevor sie die Tür hinter sich schloss und Ricardo allein in seinem Zimmer zurückließ.

Es war bereits später Abend, als Ricardo sich seufzend auf der Ottomane niederlegte. Er spürte, dass Gabriel gestresst war, da er bei einem Kunden noch Vorbereitungen vor Ort treffen musste. Elias war im Schatten an seiner Seite und ließ ihn nicht aus den Augen, obwohl sich in den letzten Tagen kein Hybrid gezeigt hatte.

Samuels Wölfe hatten die letzten Geschöpfe bis an die Grenze verfolgt, wo sich ihre Spur verloren hatte. Weder die Späher der Wölfe, noch seine Jäger hatten eine brauchbare Spur ausmachen können. Bis gestern Abend. Unweit der Grenze hatte man zwei ausgeweidete Werwölfe gefunden. Ihre inneren Organe waren ebenso gefressen worden wie ihr Blut. Übrig geblieben waren nur seltsam skelettierte Reste, die selbst dem hartgesottenen Anführer der Jäger einen Schauer über den Rücken gejagt hatten. Das Bild, das er Ricardo hatte zukommen lassen, war auch für ihn schwer zu ertragen gewesen. Er hatte so etwas bisher nur ein einziges Mal gesehen, und das lag fast drei Jahrhunderte zurück.

*Noch eine Stunde, dann bin ich fertig.* *Ich erwarte dich sehnsüchtig, mein Engel der Nacht.* *Dein was?* Das Lachen in Gabriels Bewusstsein heiterte auch den Vampir spürbar auf. *Mein Engel der Nacht.* *Heißt das, ich bin es am Tag nicht?* Nun musste Ricardo ebenfalls lachen. *Ein gefallener Engel, mein Liebster. Zumindest letzte Nacht warst du alles andere als ein weißer unschuldiger Engel Gottes.* *Alles deine Schuld. Du hast mich verdorben.* *Und ich gedenke es wieder und wieder zu tun. Ich bin das personifizierte Böse, mein geliebter kleiner Incubus.* Er sandte ihm ein Bild von sich, hoch erregt auf der ledernen Liege, was Gabriel in dessen Bewusstsein aufkeuchen ließ. *Dein williges Opfer erwartet dich.*

Echoes Of The Past (Moonlit Universe Part I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt