Kapitel 14 | Ricardo

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Kapitel 14 | Ricardo

Die Party schien sich ins Unendliche zu ziehen

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Die Party schien sich ins Unendliche zu ziehen. Natürlich waren die Gäste begeistert. Natürlich floss Alkohol in rauen Mengen und auch die Vampire kamen zu vorgerückter Stunde nicht zu kurz. Ricardo hatte Blutkonserven organisiert, aber auch der ein oder andere freiwillige Spender ließ sich im Zuge der Lust nur zu gerne beißen. Es gab tatsächlich Menschen, deren Lust sich durch diese Bisse definierte. Bewusst oder unbewusst...

Doch gegen vier Uhr morgens spürte der Älteste, dass sein geschundenes Gemüt die Fröhlichkeit um sich herum nicht länger ertrug. Travor, einer der fähigsten Tagwandler in Ricardos Diensten, hatte sich bereiterklärt, Gabriel zu beschützen. Ricardo hatte ihn eindringlich darauf hingewiesen, dass ein Verlust dieses Mannes, auch den Verlust von Travors Leben mit sich bringen würde. Die Unversehrtheit versprach jedoch eine sehr üppige Belohnung. Der Tagwandler hatte keine Fragen gestellt und sofort die Fährte aufgenommen, was Ricardo zumindest eine der unzähligen Sorgen von seinen Schultern genommen hatte.

Mario hatte den Alpha des Werwolfclans erreicht und ihn für den morgigen Tag ins Moonlit gebeten. Natürlich kollidierte diese Einladung mit dem Treffen, das der Vampir mit Gabriel geplant hatte. Und natürlich hatte das dafür gesorgt, dass Mario erneut zur Zielscheibe seines Frustes wurde. Doch der alte Vampir wusste nur zu genau, Ärger, Wut und Frust waren etwas, das er sich gerade nicht leisten konnte. Er musste einen klaren Kopf bewahren. Zuviel stand für ihn und die Wesen in seinem Bezirk auf dem Spiel.

Die wenigen Stunden Schlaf hatten ihn nicht wirklich ausruhen lassen. Er fühlte sich auf seltsame Weise unruhig und auch nervös. Noch immer hatte er den Geschmack von Gabriels Haut auf seinen Lippen. Er konnte die Weichheit seiner Haut unter seinen Fingerspitzen spüren. Bei allen Mächten, wie sehr er sich wünschte, Gabriel wäre nun hier. Wie sehr wünschte er sich, nun mit ihm sprechen zu können. So wie er es stets mit Salvador getan hatte. Auch wenn sein Geliebter sich nie hatte von ihm wandeln lassen, so war er doch immer sein engster Vertrauter gewesen. Niemand hatte seine Kompetenz oder seinen Rang angezweifelt. Und die, die es doch taten, bereuten ihre Worte schneller, als diese ihren Mund verlassen hatten.

Das kühle Holz des Bartresens unter seinen Händen rief Erinnerungen wach, die Ricardo wie einen Schatz gehütet hatte. Salvador und er, an der Spitze des Schiffes. Der Sonnenuntergang hatte gerade den Horizont erreicht und die Sonne küsste das Meer, wie jede Nacht zum Schlaf. Sie hatten sich geliebt im Schutz der Nacht, hatten einander eine unvergängliche Liebe geschworen und waren wie betrunken vom Blut des anderen. Solange die Wirkung seines Blutes in Salvador nachhallte, waren sie eins. Ein Fleisch, ein Gedanke, eine Liebe... ein Schmerz.

Niemals würde Ricardo die darauffolgende Nacht vergessen. Das Echo seines Blutes glomm noch immer in Salvadors Adern. Es half ihm, die Schmerzen zu ertragen, welche der silberne Degen ihm zugefügt hatte. Der Degen, der Ricardo hatte töten sollen, und doch den einzigen Menschen getroffen hatte, der wohl jemals einen Vampir bis zum letzten Atemzug geliebt hatte.

Das Herz seines Geliebten wurde immer langsamer, während die Wunde in der Schulter des Vampirs sich langsam schloss. „Nimm das Blut. Nimm mich in dir auf, auf das ich in dir leben kann, Ricardo!" „Ich kann nicht, ich nähme dir den letzten Atemzug." „Ich schenke ihn dir. Nimm ihn. Ich gebe ihn dir freiwillig."

Noch einmal flehte er ihn an, dass er sich wandeln ließe. Dass sie die Ewigkeit teilen würden, als die Schatten der Meere. Doch Salvador hatte, wie so oft davor, abgelehnt. Wohl wissend, dass Ricardo seinen Wunsch niemals missachten würde. „Ich liebe dich, mein wundervoller Meeresmahr. Wir sehen uns wieder... Gott kann nicht so grausam sein und unsere Liebe so sterben lassen." „Mein geliebter Schatten der Nacht. Meine Liebe..."

Salvadors Herz wurde schwächer und während er seine Augen schloss, zog er Ricardos Gesicht an seine triefende Herzwunde. „Vergiss mich nicht..." Und mit einem heiseren Stöhnen auf seinen Lippen bäumte sich Salvador ein letztes Mal auf, als er den fast zärtlichen Biss seines Liebsten spürte. Seine Finger krallten sich in die dunklen Locken, während der Vampir ihm die letzten Sekunden seines Lebens zumindest voller Lust und unendlicher Liebe schenkte, und unter seinem Saugen der letzte Atemzug seiner großen Liebe verhallte.

Dunkelrote Striemen zogen sich über Ricardos Gesicht, als er aus der Erinnerung hochschreckte. Er wischte die Tränen weg und versuchte sich zu fangen. Mit zitternden Fingern tippte er eine E-Mail an Gabriels Geschäftsadresse, da er, sehr zu seinem Ärger, weder dessen private Adresse noch Telefonnummer besaß. Wenigstens musste er keine Brieftauben schicken, soweit war die Technik dieses Jahrhunderts sehr angenehm.

Mein verehrter Gabriel,

es tut mir unendlich leid, dir für den heutigen Tag absagen zu müssen.
Es kam etwas Unaufschiebbares dazwischen, das meine Aufmerksamkeit erfordert.
Ich bin untröstlich und werde zeitnah einen alternativen Termin vorschlagen.

Ricardo del Mar

Jede Grußformel schien ihm zu simpel, jeder Liebesschwur noch nicht angebracht. Wie sollte er diesem Menschen erklären, dass sein unsterbliches Herz bereits nur für ihn, für seine Seele schlug? Wie sollte er das überhaupt je tun? Seufzend faltete der Vampir seine Hände zusammen und stützte seinen Kopf darauf. Warum konnte die Welt ihn nicht einfach in Ruhe lassen?

Echoes Of The Past (Moonlit Universe Part I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt