Kapitel 19 | Gabriel

610 58 20
                                    

Kapitel 19 | Gabriel

Nachdenklich drehte er die kleine Karte mit Ricardos Nummer zwischen seinen Fingern hin und her

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Nachdenklich drehte er die kleine Karte mit Ricardos Nummer zwischen seinen Fingern hin und her. Alles in ihm schrie danach, sofort diese Nummer zu wählen und dieser wundervollen, samtigen Stimme zu lauschen. Andererseits hatte er auch etwas Bedenken. Dieses übermächtige Gefühl, was dieser Kompass und auch der Name Salvador in ihm ausgelöst hatte... Gabriel wusste diese Empfindungen immer noch nicht recht einzuordnen. Konnte Ricardo ihm dabei vielleicht helfen? Oder würde dieser alles nur noch schlimmer machen?

Nun ja, er würde es niemals herausfinden, wenn er es nicht probieren würde. Mit zitternden Fingern tippte er die Zahlen in sein Handy. Den Impuls, einfach wieder aufzulegen, musste er tatsächlich unterdrücken. Er war doch keine 15 mehr! „Del Mar." Eine ausgewachsene Gänsehaut breitete sich von Gabriels Nacken über seinen ganzen Körper aus. Umso näher er Ricardo kam, um stärker war offensichtlich dessen Wirkung auf ihn.

„R-Ricardo? Hier ist Gabriel." „Oh, Gabriel, wie schön. Ich hatte gehofft, du würdest dich zeitnah melden. Ich wollte mich noch einmal in aller Form für die Absage unseres Treffens entschuldigen. Ich bin wirklich untröstlich, aber diese Angelegenheit hat leider keinen Aufschub geduldet. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. Hat Mariella dir das Präsent übergeben?" „Ja, vielen Dank dafür, aber... Nun ja, was hat es damit auf sich?" Kurz herrschte Stille in der Leitung. „Gefällt es dir nicht?" „Doch, doch. Der Kompass ist wunderschön. Aber... warum genau dieses Stück?" „Um ehrlich zu sein, würde ich dir das gern persönlich erzählen. Wann machst du morgen Feierabend?" „Um 19 Uhr." „Perfekt. Ich hole dich ab." Und schon war die Leitung wieder tot. Lachend schüttelte Gabriel den Kopf. Aus diesem Typ sollte mal einer schlau werden...

Vorne im Verkaufsraum erwartete ihn ein nervöser Anton. „Und wo genau geht ihr dann morgen hin?" „Gab, ich habe keine Ahnung. Das hat sie nicht gesagt. Ob sie erwartet, dass ich sie in so einen super noblen Schuppen ausführe?" Die Panik stand seinem Freund ins Gesicht geschrieben, was Gabriel zum Lachen brachte. „Also so, wie ich Mariella einschätze, wird sie dich ausführen und nicht umgekehrt. Treff dich einfach mit ihr und lass dich überraschen." „Was ist denn mit dir und Ricardo?" „Wie meinst du das?" „Na, dass Mariella mich wohl nicht heiraten will, ist klar. Aber auf was ist Ricardo aus?"

Das war in der Tat eine ziemlich gute Frage, die er sich nicht nur heute bereits mehr als ein Mal gestellt hatte. Auch eine nicht unwesentliche Frage war ebenfalls, was er sich selbst von dem Treffen versprach. Schließlich hatte er noch nie ein romantisches Verhältnis mit einem Mann gehabt. Und er wollte dies nur für ein bisschen Spaß auch nicht ändern. Aber war Ricardo jemand, der längerfristige, ernsthafte Beziehungen einging? Wollte er so etwas überhaupt mit ihm? Fragen über Fragen. Aber vielleicht sollte er sich erst einmal auf ihr Treffen morgen konzentrieren. Dies würde eventuell einige davon beantworten.

„Aber irgendwie ist das alle schon etwas zwielichtig. Die beiden verschwinden, weil ,etwas vorgefallen ist'. Ich hoffe, wir landen nicht im Rhein." „Anton! Was ein Quatsch! Meinst du wirklich, wenn das Moonlit in dubiose Machenschaften verstrickt wäre, hätte es so einen ausgezeichneten Ruf?" „Keine Ahnung. Aber irgendwie habe ich ein komisches Gefühl..." „Dann triff dich halt nicht mit Mariella." Gabriel spürte, wie sein Freund verlegen wurde. „Na, ich kann ja immer noch gehen, wenn mir etwas seltsam vorkommt." Nun musste Gabriel lachen. „Also ob du dann noch was anderes als sie wahrnehmen könntest..."

Abends saß Gabriel auf der Couch und spielte mit dem Kompass in seiner Hand. Woher konnte Ricardo wissen, dass er schon immer eine Faszination für das Meer gehabt hatte. Tatsächlich hatte er während seiner Kindheit mit seiner Familie eine Zeit lang sogar auf Borkum gelebt. Aber sein Vater hatte dann einen Job angenommen, für den sie nach Köln umziehen mussten. Und Gabriel war dann einfach hiergeblieben. Waren doch die Berufsaussichten und das Umfeld für jemanden mit seinen Vorlieben hier einfach besser gewesen. Sein Erfolg gab ihm da ja auch recht. Aber seine Urlaube verbrachte er immer am Meer und genoss jede einzelne Sekunde davon. Auch einen Segelschein hatte er vor einigen Jahren gemacht und lieh sich des Öfteren auch mal kleinere Boote aus.

„Was zieh ich denn an? Wenn sie mich in so einen total schicken Laden schleift... Brauch ich da 'nen Anzug?" Sie standen am nächsten Tag kurz vor Feierabend zusammen im Laden. „Anton! Atmen! Beruhige dich. Sie hat ja ziemlich offensichtlich Interesse an dir. Sie wird dich schon nicht fressen." „Das sagst du so. Sie hat mich im Club einmal angesehen, als wäre ich ein leckerer Snack." Gabriel musste laut lachen und legte seinem Freund dann die Hand auf die Schulter. „Zieh einfach eine dunkle Jeans und ein helles Hemd an. Damit kannst du nichts falsch machen. Und wenn doch, wird Mariella dir das sicher sagen und dich in den nächsten Klamottenladen schleifen." Gabriel musste bei der Vorstellung grinsen, denn so unwahrscheinlich kam ihm dieses Szenario gar nicht vor.

„Ha ha, sehr witzig. Das oder das?" Anton hielt Lederfarn und Bärengras in die Höhe. „Das Bärengras, definitiv." Sein Freund war gerade dabei, für seine Verabredung einen Strauß zu binden. Beide waren froh gewesen, dass sie noch einige rote Calla-Lilien vorrätig hatten. Diese sinnlichen Blumen passten einfach perfekt zu der rothaarigen Schönheit. Für Gabriel war die Vorbereitung mit seinem Freund eine willkommene Ablenkung zu seiner eigenen Nervosität, die ihn schon den ganzen Tag fest im Griff hatte.

Kurz vor 19 Uhr – er war gerade kurz hinten im Büro, um sich umzuziehen und Emilia und Anton waren bereits gegangen – hörte er das kleine Glöckchen, was normalerweise neue Kundschaft ankündigte. Der Blick auf die Uhr verriet ihm seinen Besucher. Gabriel nahm noch einen tiefen Atemzug, fuhr sich durch die Haare und ging dann nach vorne in den Verkaufsraum.

Echoes Of The Past (Moonlit Universe Part I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt