65 - "Du machst mich krank."

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ALANIS SICHT

Genau in dem Moment kam mir wieder diese Unterrichtsstunde bei meinem verrückten Geschichtslehrer in den Sinn.

Deshalb sind Leute die im Krieg dienten auch höchsten Belastungen ausgesetzt. Sie leiden häufig unter Nervenzusammenbrüchen. Auslöser dafür Stress oder eben ein schlimmes Erlebnis in der Vergangenheit. Anzeichen dafür ist heftiges Zittern, Unruhe und heftige Weinkrämpfe. Ihr solltet, falls ihr jemals in so eine Situation kommt mich größter Ruhe an die ganze Sache rangehen.

Er hatte einen Nervenzusammenbruch, doch warum wurde er ausgelöst? Aber das war jetzt ja eigentlich erst mal ziemlich egal. Ich musste was tun. Ruhe? Oke, das bekomm ich sicher hin. Auch wenn ich selbst gerade nicht die Ruhe in Person war ich bekomme das hin.
Ich kniee mich vorsichtig zu Negan hinunter und war nun mit ihm auf Augenhöhe. Seine rechte Hand ruhte auf meinem Knie. Genauso hatte er seinen Kopf in meinem Schoß platziert und weinte immer noch leise vor sich hin. Vorsichtig streiche ich über seinen Kopf und versuche es so gut es ging ruhig zu bleiben.

"Hey. Komm. Wir legen uns etwas ins Bett, mhh", sprach ich beruhigend auf ihn ein. Ich wusste nichts besseres. Aber mit einem Bett verband ich bis jetzt immer Ruhe und Schlaf. Vielleicht bringe ich ihn ja auch dazu einzuschlafen.
"Ich bin schrecklich ich...", fing er an doch ich unterbrach ihn. "Es ist ok. Komm wir legen uns etwas hin", schlage ich erneut vor. Nun nickt er und ich stehe auf. Negan helfe ich etwas hoch um dann mit ihm in Richtung Bett zu gehen. Ich ließ ihn vorsichtig fallen und gehe dann auf die andere Seite um mich dort zu platzieren. Negan lag dort und rollte sich in sich zusammen. Er hatte gerade seine Tränen getrocknet und versucht nun sein Gesicht im Kissen zu verstecken.

Als er seine Augen öffnet und zu mir sah öffnete er wie bei Erstaunen seinen Mund und setzte sich auf.
"Lucille", flüsterte und streckte seine Hand nach mir aus.
"Nein ich bin es Alanis."
Er schüttelte den Kopf einmal und sah mich dann erstaunt an.
"Wo ist sie hin?"
"Sie war niemals hier."
"Das kann nicht sein. Sie war gerade noch hier!"
"Nein war sie nicht Negan. Nur ich bin hier. Alanis."

Er war total fertig mit den Nerven. Er dachte erst ich wäre Lucille, dann wollte er sich erneut Alkohol holen und nun lag er wieder im Bett und schlief zum Glück.
Ich ließ ihn so und beschloss mir das Glas mit Alkohol noch mal genauer anzusehen. Ich nahm es vom Tisch und ging damit zur Theke. Die scheinbare Tablette hatte sich aufgelöst und ich hatte keine Chance mehr herauszufinden welche es war.
Zur Sicherheit schütte ich den Tablettencoktail in den Abfluss.

Dann mache ich mich auf die Suche nach Tablettenverpackungen um heraus zu finden welche Tablette es wohl gewesen sein könnte. Im Papierkorb fand ich dann irgendeine grüne Schachtel, welcher Inhalt im Gemisch Halluzinationen hervorrufen könnte. Vielleicht nahm er so eine und diese Halluzinationen von seiner verstorbenen Frau Lucille lösten den Zusammenbruch aus.
Aber ganz sicher war ich mir nicht. Vielleicht sollte ich mit Carson nochmal darüber sprechen, zur Sicherheit.

Aber jetzt schlief Negan erst mal so friedlich, dass ich ihn ließ. Das Gift musste aus seinem Körper verschwinden und am besten auch der Alkohol. Ich stelle ein Glas Wasser neben ihn auf das Nachtkästchen, falls er aufwacht und sich durstig fühlt. Als nächstes wollte ich das Blut von der Waffe entfernen, die immer noch auf dem Glastisch lag und dort mittlerweile schon eine kleine Pfütze hinterlassen hatte.
Gerade als ich damit zur Spüle gelaufen war klopfte es an der Tür. Ich ließ sie sofort liegen und lief zur Tür. Schließlich wollte ich nicht, dass Negan aufwachte. Als ich sie öffnete stand niemand anderes als Lowell davor. Ich sah ihn wütend an und zeige ihm mit dem Zeigefinger vor meinen Lippen, dass er still sein sollte.
"Ich brauche Negan hol ihn her."
Er beachtete meinen Zeigefinger gar nicht. Ich drückte ihn etwas zurück und quetsche mich aus der Tür. Diese schließe ich hinter mir und stand nun mit Lowell vor Negans Zimmer.
"Das geht jetzt nicht!"
"Tja muss es wohl."
"Nein."
"Hör zu wir brauchen ihn."
"Weshalb?"
"Dieser Daryl ist abgehauen."
"Habt ihr Sanctuary schon komplett durchsucht?"
"Nein."
"Na dann los!"
"Seit wann hast du hier was zu sagen?"
"Seit Negan es mir gesagt hat. Also los es wird Zeit oder hast du heute etwa noch was privates vor?"
"Ich lass mir von dir nichts sagen."
"Echt ich denke schon", ich kam ihm näher und konnte ihn, da ich auf hohen Schuhen stand auf gleicher Augenhöhe mustern.
"Nein. Du gehörst nicht schon so weit dazu, dass du hier was zu entscheiden hast."
"Tja. Ich könnte Negan sagen, du hättest mich sexuell angegriffen. Er wird dir dann höchstwahrscheinlich wie bei Marc ein heißes Bügeleisen in die Fresse drücken. Sag mir, ist dir das lieber als meine Befehle zu befolgen?"
Ich hatte meine Stimme erhoben und sah ihm vernichtend in die Augen.

"Ich glaub dir nicht. Weißt du ich bin froh dich los zu sein. Dein ständiges Gejammer über deine komische Freundin ist mir dermaßen auf den Sack gegangen. Tu nicht so als ob wir irgendwas festes hatten oder so, ich meine vögeln konnte man dich echt gut. Und das du jetzt denkst mir was befehlen zu können, nur weil du verletzt oder so n scheiß bist dann kannst du dir das abschminken. Ich hör nur darauf was Negan sagt", spuckte er mir entgegen. Diese Worte zu hören taten weh, doch ich war so wütend das ich dieses mal die Trauer verdrängte.
Mit meiner rechten Hand holte ich so fest aus, dass seine Nase knackste als ich ihn traf. Meine Hand tat zwar höllisch weh, aber das war es mir sowas von wert.
Er hielt sie sich schmerzend und versuchte das Blut davon abzuhalten herauszukommen.

"Du wirst tun was ich sage und wenn nicht, was meinst du wem wird Negan wohl eher glauben. Mir, seiner Frau oder einem dahergelaufenen Savior der vorgibt unschuldig zu sein mhh? Und jetzt geh mir aus den Augen du machst mich krank!"

Er ging tatsächlich und führte meinen Befehl aus. Ich glaubs nicht ich hatte es echt geschafft mich durchsetzen. Ich ging schnell wieder hinein um zu sehen ob Negan aufgewacht war, doch dieser schnarchte noch immer vor sich hin. Deshalb beschloss ich Lucille noch sauber zu machen und mich dann etwas neben ihn zu legen um zu lesen oder ihn einfach nur zu beobachten.

Ich war so stolz auf mich, doch gleichzeitig fühle ich mich so verdammt ausgenutzt von Lowell. Für mich hat das alles wirklich was bedeutet und er hatte alles nur gespielt oder war das gerade draußen vor der Tür nur improvisiert. Wer weiß. Es sollte mir ab heute egal sein. Er konnte mir egal sein.

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