71 - Vergleich.

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NEGANS SICHT

Um halb zwei nachts konnte ich immer noch nicht schlafen. Ich hatte mich in Alkohol gestürzt, doch die Worte von Alanis schweben immer noch in meinen Gedanken herum. Ich wollte es ungern zugeben, aber Alanis war nicht Lucille und das erste mal konnte ich irgendwas von ihrem Geschwafel mal richtig in mich aufnehmen.
Sie sollte wissen, dass es mir leid tat denn um ehrlich zu sein tat sie mir gut.
Es war wie ein Wunder. Wenn sie in meiner Nähe war, war ich ein besserer Mensch und ich war glücklich, auch wenn sie nur neben mir stand oder wenn ich wusste, dass sie Zuhause auf mich warten würde. Genauso war es auch bei Lucille bevor das Ganze hier anfing. Ich kam nur schwer über ihren und den Tod unseres Babys hinweg und beschloss niemanden mehr in mein Herz zu lassen, weil Lucille es für immer einnimmt. Doch jetzt, wo Alanis bei mir ist hatte sie einen kleinen Platz in meinem Herzen eingenommen. Ich wollte nicht ohne sie leben, da sie die Einzige war die mich nicht zum kompletten ausflippen brachte. Und außerdem machte sie mich glücklich. Diese Glücklichkeit war mir sehr viel wert.

Deshalb beschließe ich, weil ich gerade einfach nicht an Schlaf denken konnte zu ihr zu gehen. Ich wollte mich entschuldigen, für das was mir auf der Hin- und Rückfahrt so alles rausgerutscht war. Denn es machte mich ganz verrückt zu wissen, dass sie sauer auf mich war. Besonders weil ich mich wie das größte Arschloch fühlte und tief in mir Schuldgefühle hegte.
Ich verließ mein Zimmer und taumelte etwas benebelt von dem Scotch in die Richtung ihres Zimmers. Einige Male musste ich mich an der Wand festhalten um nicht umzufallen um dann höchstwahrscheinlich auf dem Boden einzuschlafen.
Auf halben Weg kam mir Amber entgegen. Was machte sie um diese Uhrzeit noch hier draußen?

"Solltest du nicht schon im Bett sein Schätzchen?"
"Ich konnte nicht schlafen und hab mir ein Glas Wasser geholt."
"Oke. Aber jetzt ab in dein Zimmer! Hop Hop!"
Sie lief schnell an mir vorbei und verschwand in einer der Türen an denen ich schon vorbeigegangen war. Alanis Zimmer war ganz hinten, am Fenster des Ganges. Von draußen schien der Mond ziemlich hell herein und erhellte somit den Flur. Als ich vor ihrer Tür stand nach meinem anstrengenden Marsch klopfe ich einmal kurz an bevor ich eintrete. Ich schloss erst die Tür, bevor ich sie wecke. Doch als ich auf das Bett zu ging erkannte ich, dass es nicht besetzt war. Auf dem Boden lagen Klamotten wild verteilt herum. Ich sah im Bad nach, in der Hoffnung sie dort fortzufinden, doch dort war sie nicht.

Wo zur Hölle ist sie? Sind heute alle meine Frauen auf nächtlichen Wanderungen im ganzen Haus unterwegs? Vielleicht sollte ich in nächster Zeit die Zimmer abends abschließen, nur um sicher zu sein, dass sie mir auch bleiben. Aber um darauf zurückzukommen. Zu verschwinden war nicht typisch für Al. Sie wird doch nicht etwa abgehauen sein oder? Nein, das würde sie sich nicht trauen. Sie muss irgendwo hier im Sanctuary sein.

Wütend renne ich aus dem Zimmer und wieder hinein in meins. Ich suche nach dem Funkgerät, dass sich auf meiner Kommode unter einem Shirt von mir versteckte. Wie schaffte ich es nur immer dieses Ding immer auf einem anderen Platz zu finden?

"Wir haben einen orangen Alarm. Meine Frau Alanis ist nicht in ihrem Zimmer. Findet sie und bringt sie sofort zu mir", schrie ich in das Funkgerät und werfe mich dann in anständige Klamotten. Die schwarze Jeans von gestern Abend, ein benutztes Shirt und eine Lederjacke müssten genügen um diese nächtliche Aktion zu meistern.
Ich trinke einen gefühlten Liter Wasser um mich etwas nüchtern zu bekommen. Lucille greife ich mir schnell und renne samt ihr und dem Funkgerät aus dem Zimmer.
"Verstanden Sir", kam es nach so langer Zeit des Wartens endlich. Wer zur Hölle war an dem Funkgerät und wo ist Dwight wenn man ihn braucht?!

Ein Alarm ertönte und mein Befehl war nun an jeden Soldaten hier im Sanctuary weiter gegeben worden. Ich selbst lief nach unten in die große Halle, wo sich schon einige Bürger versammelten und sich hinknien als sie mich erblicken. Sie sahen etwas verwirrt von der Aktion, die gerade stattfand aus. Vielleicht dachten sie, wir werden angegriffen oder ähnliches doch ich werde die Situation schnell aufklären so gut es meines Wissens nach möglich ist. Ich stand am Geländer und blicke über die Traube an Menschen unter mir, die alle gespannt zu mir nach oben blicken. Eine Frau schlief da unten gleich in der Hocke wieder ein, so fertig scheint sie zu sein.
"Es tut mir leid euch alle geweckt zu haben, doch wir haben ein Problem. Meine superscharfe Frau Alanis ist verschwunden. Sie muss hier irgendwo sein. Der Erste der sie mir bringt bekommt eine Belohnung, dafür werde ich selbstverständlich sorgen."
Sofort ertönt Gemurmel unter mir, dass ich mit einem lauten "Ruhe" beende. Ein paar der Leute zucken zusammen.
Gerade als ich weiter reden wollte um zu erklären wie wir die Sache handhaben wollen, stürmte jemand zur Tür herein.
"Wir haben ein Problem Sir. Lowell ist tot, er hat einige Leute verwandelt. Die Toten sind quer im ganzen Gelände verteilt, es wäre besser wenn alle sich zusammenfinden, um alle so schnell wie möglich zu erledigen. Bevor es noch Probleme verursacht, Sir."
Nun kniet er sich hin und wartet lange auf meine Antwort. Ich konnte mir einfach nichts erklären. 
Al war weg.
Lowell ist tot.
Dwight ist nicht aufzufinden.

Wollen mich hier alle verarschen? Das hängt doch zusammen!

"Die Beißer werden vor den Zäunen befestigt. Wir können nie genug haben. Außerdem möchte ich, dass jeder Zaun überprüft wird. Ob sich Löcher oder Ähnliches in ihm befinden. Und bringt mir Alanis wenn ihr sie findet", befehle ich von hier oben und lasse die Menge unter mir wieder aufstehen. Die meisten machen sich sofort auf die Suche, die Nachricht über den Bonus den sie erhalten wenn sie sie finden hatte die Menge wohl angetrieben.

Mir soll es recht sein. Hauptsache Al kommt wieder zurück.

Sie ist hier irgendwo, bestimmt. Denn sie würde es doch nicht wagen abzuhauen. Nicht jetzt wo so etwas besonderes zwischen uns ist. Ich hab es gesehen und am eigenen Leibe gespürt, dass sie es genauso empfindet. Sie konnte mir nicht wiederstehen und ich genoss einfach ihre Nähe. Sie war der einzige Mensch hier im Sanctuary der sich wirklich um mich kümmerte wenn es mir schlecht ging. In der Sache mit Lucille und auch als ich meinen Zusammenbruch hatte, bei dem sie vielleicht sogar etwas überreagierte. Sie war einfach da, so wie Lucille früher immer.

Doch ich sollte vielleicht wirklich aufhören die beiden zu vergleichen, denn im Grunde waren sie total unterschiedlich.

Alanis war schüchtern, obwohl sich das in letzter Zeit etwas änderte, sie ist nur ungern mit mir zusammen gewesen und vom Wesen ist sie auch komplett anders als Lucille.

Sie unterscheiden sich nur in einer Sache nicht: meine Empfindungen ihnen gegenüber. Und das musste was heißen, schließlich war ich mit Lucille schon 4 Jahre verheiratet.

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Mag Negan sie wirklich oder bildet er sich das nur ein, wegen Lucille und seinem Zusammenbruch?

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