23 - Arschloch

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TARA'S SICHT

Ihr zierlicher Körper war durch ein schwarzes Kleid verdeckt, die langen schwarzen Haare hingen locker ihre Schultern herunter. Sie sah traurig aus, sie sah verletzt aus. Irgendwas musste passiert sein. Irgendwas schlechtes. Wir hielten einige Sekunden nur Blickkontakt und man konnte wahrscheinlich nicht nur in meinen, sondern auch in ihren Augen Tränen erkennen. Ich war so froh sie lebendig zu sehen, ihr Körper war ok, aber war ihr Inneres das auch? Es sah zumindest nicht im geringsten danach aus. 

Ohne zu Zögern setze ich mich nach diesem kurzen Blickkontakt in Bewegung um auf sie zu zu gehen, doch dieser Negan hält mich am Arm auf und zieht mich den Schritt, den ich bereits in ihre Richtung gegangen war zurück. "Sie ist nur hier um ihr Zeug zu holen, sie wird nicht angefasst und niemand redet mit ihr. Verstanden", er sah mir fest in die Augen, aber ich wusste das diese Botschaft für jeden von den umliegenden Bewohnern Alexandrias galt. Aber galt dies für ihn auch? Hatte er sie angefasst? Hatte er sie zu etwas gezwungen, dass sie nicht wollte? 

"Fick dich", zische ich ihm entgegen und entreiße mich seiner Hand. Ich wollte auf sie zulaufen, doch zwei seiner Schoßhunde stellten sich mir in den Weg und versperrten mir den Weg zu meiner besten Freundin, zu meiner Familie. "Na Na, jetzt wird deine Freundin aber unhöflich. Sie könnte etwas netter zu deinem Mann sein findest du nicht", er wendet sich an Alanis. Glaube ich zumindest. Aber warum sollte er ihr Mann sein? Dieses Monster? Jeder der herum stehenden Leute von Alexandria wurden hellhörig und beobachteten die Besucher. 

Negan wendet sich an Rick. Dieser hatte ebenfalls einen fragwürdigen Blick aufgesetzt und seine blauen Augen leuchteten durch die Tränen, die seine Augen etwas befeuchten. "Oh, Ricky-Boy du wirst mir doch nicht böse sein, weil ich dir deine Freundin weggeschnappt hab oder? Ich meine sie hat sich dafür entschieden", er lächelt Rick provokant an und ich verstand gar nichts mehr. Ohne irgendwas zu sagen drückte er Rick seinen Baseballschläger mit dem Stacheldraht in die Hand und ging auf Alanis zu. Er schlang seine Arme um ihre Hüften, woraufhin sie kurz zusammenzuckte und ihren gesamten Körper anspannte. Ich wollte erneut auf sie zu rennen uns sie aus dieser ungünstigen Situation befreien, doch ich wurde von seinen zwei Männern aufgehalten. Negan lachte nur amüsiert und zieht nun Alanis dicht an seinen Körper. Er nimmt ihr Gesicht in seine großen Hände und drückt dann ganz fix seine Lippen auf ihre.

Der Kuss dauerte nicht lange, aber man konnte sehen, dass sie schon nach einer Sekunde puren Ekel verspürte. Er löst sich von ihr und lässt sie dann einfach stehen. 

Nun kam er nochmal kurz auf mich zu und sah auf mich herab. "Ich denke ich muss meinen Dank an dich aussprechen. Das du existierst wahrscheinlich, weil sonst hätte ich deine kleine süße Freundin nicht rumgekriegt. Sie lässt sich gut ficken", meint er und wendet sich dann von mir ab. Ich wollte gerade noch mal auf ihn zu rennen, doch die Typen ließen mich nicht los. "Arschloch", knurre ich sodass er es allerdings noch hören konnte. Er sollte es hören dieser fiese Unterdrücker, Mörder und Vergewaltiger. 

"Rick, führ mich doch mal herum", er stand mit dem Rücken zu mir, aber ich warf ihm immer noch einen finsteren Blick zu. Die beiden gingen los und die Traube von Menschen löste sich auf. Alanis wurde von einer Frau mit verrückten Haaren begleitet und sie lief mit ihr direkt in unser Haus. Was sie von dort mitnehmen wollte war mir fraglich. Irgendwas gab es dort wahrscheinlich noch. Oder sie wurde einfach nur gezwungen dazu Sachen zu holen, die sie nicht besitzt aber haben möchte. Was auch immer. Ich konnte ihr nicht hinter her. Ihr nicht sagen wie sehr ich sie vermisst hatte und was für große Sorgen ich mir um sie machte. Sie war da, aber für mich unerreichbar. 

Rosita trat in mein Blickfeld und stellte sich direkt vor mich. "Ich bring dieses Arschloch um", murmelte ich vor mich hin und bekam daraufhin einen etwas besorgten Blick von ihr. "Ja. Ich helfe dir dabei. Aber nicht jetzt, nicht hier. Am Ende könnte es sie treffen und das willst du doch nicht eingehen oder", fragte sie mich und ich beobachte ihre Lippen während sie sprach. Sofort kam mir unser Kuss wieder in den Sinn. Warum tat sie das? Sie stand doch auf Männer. Oder war fühlte sie sich zu Frauen auch hingezogen? Es wäre mir egal, wen sie bevorzugt, aber ich genoss ihre Nähe. Es tat gut sie in dieser schweren Zeit bei mir zu haben und ehrlich gesagt entwickelten sich Gefühle während wir uns hin und her plagten mit dem jeweils anderen. Ich dachte anfangs sie konnte mich nicht leiden. Eigentlich dachte ich das bis zu dem Kuss immer noch, aber das war doch streng genommen noch ein Anfang. Ich meine es waren jetzt fünf Tage seit ich hier bin. Vier Tage, seitdem Alanis weg war. Drei Tage seitdem ich mit Rosita im engeren Kontakt stand. Zwei Tage an denen wir herumzogen um irgend einen Hinweis auf Alanis und Negan zu finden. Und heute küsst sie mich einfach. Ein Tag mit dem ich so nie gerechnet hatte. 

Ob sie mir den Kuss jetzt nur aus Mitleid gegeben hatte oder weil sie es wirklich wollte konnte ich jetzt nicht sagen. Darüber wollt ich jetzt auch eigentlich gar nicht nachdenken schließlich musste ich mich immer noch auf ihre Antwort von meinem Gemurmel äußern. "Alanis soll leben", murmelte ich nur und ging dann wortlos an ihr vorbei. Ich höre sie laut ausatmen, wahrscheinlich war sie genervt von mir. Mal wieder. Doch das sollte mir egal sein. Ich lief die Straße entlang und blieb auf der Treppe vor unserem Haus sitzen. Ich beobachtete die anderen aus Alexandria die ebenfalls auf ihrer Terrasse standen und einfach nur zusahen wie diese Gruppe von Mördern und Plünderern ihre Häuser ausräumten. Ich warte wahrscheinlich innerlich darauf, dass Alanis einfach nur aus dem Haus läuft in normalen Klamotten und mit einem aufmunternden Lächeln auf den Lippen und mich in den Arm nimmt. Sagt, dass alles oke ist und dass sie hier bleiben würde. Bei mir. Für immer.

Doch so kam es nicht. Zuerst kam diese Frau raus und lief wortlos die Treppen nach unten. Dicht gefolgt von Alanis in ihrem schwarzen, kurzen Kleid. Ich starre zu ihr nach oben, doch sie sah nur gerade aus. Allerdings ließ sie neben mir einen zusammen gefalteten Zettel fallen. Die Frau mit der Pistole und einer Tasche, in der wahrscheinlich Alanis Sachen waren wartete schon mit ihrem großen Gewehr in den Händen auf sie. Alanis lief schnell die Treppen nach unten und folgte ihren zügigen Schritten. Doch sie drehte sich noch mal zu mir um und machte mit ihren Lippen die Bewegungen, die wohl ein "Ich liebe dich" formen sollten. Sofort war ich wieder den Tränen nahe. Ich lasse den Zettel zusammen gefaltet und folge den beiden mit einem größeren Abstand. Der Zettel wandert in meine Hosentasche und würde nachher wenn ich Zeit hatte von mir gelesen werden. Was dort wohl drin stand? Warum sie das tat? Was sie damit bezwecken wollte? 

Nachher werde ich es herausfinden. 

______________
Ohhhhwwwwwww.

Was steht da wohl drin? 👅

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