Kapitel 3: Viele neue Eindrücke

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Ramona's Sicht

Charlotte und ich traten ein. "Guten Morgen Urs, hier bringe ich Dir unsere neue Assistenzärztin", sagte Charlotte und verschwand. "Guten Morgen Frau Dr. Müller, schön dass Sie hier sind, wir freuen uns auf die Verstärkung." "Danke ich freue mich auch und bin sehr gespannt auf die Arbeit", sagte ich. "Wir duzen uns hier alle und versuchen das Hierarchiegefälle flacher zu halten, ich bin also der Urs für Dich." "Ramona", erwiderte ich. 

Dr. Heinemann fuhr sich übers Kinn. "Ich werde Dir während Deiner gesamten Assistenzzeit beratend und in helfender Funktion zur Verfügung stehen und Dein Ansprechpartner sein. Da du ja als Assistenzärztin noch nicht alle Befugnisse hast werde ich Dir als Menthor zur Seite stehen, Dir helfen, aber auch Deine Arbeitsschritte überprüfen bis Du sicherer geworden bist, genauso wie bei allen Assistenzärzten hier auf Station. Für die nächsten 14 Tage werden Dir verschiedene Ärzte zur Seite gestellt, die mit Dir zusammen arbeiten und Dich einarbeiten werden. Es werden auch einige Assistenzärzte dabei sein, die schon weiter sind als Du, mindestens im 3ten Jahr. So handhaben wir das hier, die fortgeschritteneren Assistenzärzte bekommen mehr Verantwortung indem sie Euch Jungspunde unter die Lupe nehmen um euch zu helfen und aufzupassen dass ihr keinen aus Versehen umbringt." Beim letzten Satz grinste er. 


"Solltest Du Dich bewähren werden wir auch  Deine Befugnisse erweitern. Fürs erste wirst Du jedoch im unfallchirurgischen Bereich nur einfache Aufgaben bekommen, wie z.B. Wunden nähen, und das auch nur unter Aufsicht. Ansonsten bekommst du leichte Fälle, du wirst das erste Jahr in der Notaufnahme einfach so mitlaufen und fürs erste einfache Fälle wie leichte Verletzungen und  nicht bedrohliche Krankheiten bekommen. Das soll nicht bedeuten dass wir Dir nichts zutrauen, aber wir müssen uns natürlich sicher sein und erstmal ein Bild über Deine Fähigkeiten machen. Du wirst im Verlauf die Möglichkeit bekommen bei mittelschweren und evtl. auch schweren Fällen zu assistieren, jedoch nicht im chirurgischen Bereich. So ist das in der Assistenzzeit generell, das wird in jedem Krankenhaus so gehandhabt. Im konservativen Bereich auf Station werden wir sehen." 


Ich nickte. "Das verstehe ich, Sicherheit für den Patienten geht vor und praktische Erfahrungen während des Grundstudiums konnten wir ja nur begrenzt sammeln. Da reichen 9 Monate PJ und ein paar Praktika bei weitem nicht aus." "Wunderbar, wir verstehen uns." Dr. Heinemann, nein, Quatsch, Urs erzählte mir noch was über das Leitbild der Klinik,  den Tagesablauf der Station,  und den Ablauf der Visite. Hinterher musste ich etliche Formulare ausfüllen und unterschreiben: Personalstammblatt, Schweigepflichtserklärung, Datenschutzverordnung, etc...

Anschließend fing er an mir die gesamte Klinik zu zeigen. Als erstes fuhren wir mit dem Aufzug hinunter in die Notaufnahme.

Dort herrschte mittlerweile ein unglaubliches Chaos. Es war proppenvoll. Der ganze Warteraum war voller Patienten mit gelben und grünen Verletzenanhängekarten. 4 Rettungsteams mit roten Patienten kamen herein. und ein Haufen Ärzte und noch mehr Schwestern wuselten herum. Inmitten des Durcheinanders stand der gut aussehende Arzt von vorhin. Souverän dirigierte er Ärzte, Schwestern und Patienten, teilte Behandlungsräume zu  und gab Anweisungen. Schon kam ein neuer Schwung Schwerverletzer mit roten Anhängekarten auf Tragen herein. 

Scheinbar ein richtig großer Massenunfall. Mir imponierte wie der süße Arzt das Geschehen handhabte, sich nicht aus der Ruhe bringen ließ und den Durchlauf in der Notaufnahme am Laufen hielt. Im Nu hatte er den neuen Patienten Ärzte und Behandlungsräume zugeteilt, andere schickte er gleich zum Röntgen, CCT oder direkt in die OPs.  Irgendwie machte ihn das voll sexy. Moment mal, was hatte ich da gerade gedacht? Ramona, was ist denn nun los?


Urs Heinemann beobachtete wie ich das Treiben und den jungen Arzt. Dann wandte er sich mir zu: " Dir jetzt die Notaufnahme zu zeigen macht keinen Sinn, Du siehst ja was hier los ist.  Massenanfall an Verletzten. Außer uns nehmen noch 3 andere Kliniken hier in der Nähe auf. Es war ein schwerer Auffahrunfall mit 8 Lkws und ungefähr 25 Pkws.  Kam wohl durch Aquaplaning in Verbindung mit dem dichten Nebel vorhin. Spätestens vor deinem ersten Notaufnahmedienst hast du Zeit dich hier vertraut zu machen, wir gehen jetzt erstmal weiter, hier stören wir nur. "OK", nickte ich. 

Urs zeigte mir die gesamte Klinik mit sämtlichen Stationen, Labor, Keller etc. und stellte mir neue Kollegen der anderen Stationen vor mit denen  ich in der Notaufnahme zu tun haben würde. Die Führung dauerte mehrere Stunden. Dann durfte ich Mittagspause machen, mir schwirrte der Kopf von all den neuen Infos und Eindrücken.

Ich ging in die Mitarbeiterkantine, holte mir einen Salat und eine Apfelschorle, setzte mich in eine Ecke und beobachtete mein Umfeld. An einem weiter weg stehenden Tisch saß der schnucklige Arzt von vorhin. Ich errötete leicht. Er sah unglaublich geschafft und müde aus. Kein Wunder nach diesem Vormittag. Er hatte tiefe Augenringe und war total abgespannt. Er schlief auch fast über seinem Kaffee ein. Er tat mir leid. Bestimmt hatte er mir vorhin gar nicht richtig zugehört als ich mich als neue Mitarbeiterin vorstellte, er hat sich innerlich bestimmt schon drauf vorbereitet was ihn gleich erwarten würde. Nun trank er seinen  Kaffee zu ende, stand auf und ging. Auch ich musste los. 

Ich brachte mein Tablett weg und ging zurück auf die Orthopädie wo ich einen Teil der Schwestern kennen lernte. Charlotte zeigte mir die Station und erklärte mir die Abläufe. Hinterher setzte ich mich zu meinen neuen Kollegen ins Schwesternzimmer und wir beschnupperten uns neugierig.

 Um 14 war meine Arbeitszeit zu Ende und ich machte mich auf die Socken, vorher schaute ich auf den Dienstplan. Ich hatte die ersten 3 Tage Nachtdienst auf Station, zusammen mit einem Dr. Seehauser. Wunderbar, Nachtdienste auf Station sind meistens sehr entspannt. Wahrscheinlich hatten sie sie mir deshalb gegeben um ein möglichst stressfreies Ankommen zu ermöglichen. Ist ja doch ein himmelweiter Unterschied ob man Ärztin im praktischen Jahr ist oder jetzt neu als richtige Ärztin mit mehr Verantwortung.  ich musste erst morgen Abend um 10 wieder auf der Matte stehen, also  machte mich auf den Weg nach Hause.


Neue Stadt neues Glück? Frederik Seehauser FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt