Kapitel 74: Ein Anflug von Depri

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Zeitsprung 10 Tage später

Ramonas Sicht:

Freddy und ich fuhren von der Frühschicht nach Hause. Mir schossen viele Gedanken durch den Kopf, und das waren nicht gerade glückliche. Schon seit einigen Tagen war ich ab und zu down und es wurde immer schlimmer. Gerade war ein absoluter Tiefpunkt. Ich seufzte. Freddy sah mich fragend an, wie schon öfter in den letzten Tagen, aber ich wollte nicht reden.

Bisher war alles so schön hier gewesen seid dem Neuanfang, aber momentan..... keiner dachte an meinen Geburtstag....Freddy hatte ihn bisher nicht mit einem einzigen wort erwähnt, obwohl er wissen müsste wann er ist....das machte mich echt traurig. Auch meine Freunde dachten nicht dran. Ich hatte versucht einige Leute aus der Klinik einzuladen, aber sie hatten alle was vor. Mila konnte nicht weil ihr Mann die Woche am Knie operiert wurde und sie ihn nicht allein lassen wollte, die Zwillinge hatten nen Zirkus-Auftritt (sie arbeiteten nebenbei freiberuflich als Artisten), Charlotte Engel würde wohl auch nicht kommen können weil ihr Babysitter krank war...mich machte das so traurig. Besonders dass Freddy nicht daran dachte.

Seitdem ich hier in Köln war waren meine Depressionen und die Angststörung so gut wie weg, aber die Depressionen kamen jetzt scheinbar wieder. Es war genau das gleiche Gefühl wie früher - das Gefühl inmitten vieler Menschen allein zu sein, nicht geliebt zu werden, allein zu sein. Ich hatte doch Geburtstag und keiner dachte dran.

Oft hab ich daran in den letzten Tagen gedacht in die alte Heimat zu fahren. Denn meine Freunde dort hatten ihn nicht vergessen. Die letzten Tage hab ich mich bei ihnen über whatsapp ausgeheult und sie bedauerten es sehr dass sie so weit weg waren und wir nicht zusammen feiern konnten. Mir kamen die Tränen. Ich vermisste sie so.

Und ich war so enttäuscht von Freddy dass er es vergessen hatte. Ich fühlte mich so allein gerade und mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich drehte mein Gesicht zur Seite und sah hinaus damit Freddy es nicht merkte. Zuhause angekommen zog ich mich aus und legte mich ins Bett. Ich fühlte mich so allein. Ich hörte dass Freddy unter der Dusche war und konnte die Tränen nicht länger zurück halten.

Ich wollte nach Hause. Nach Hause zu meinen Freunden in die alte Heimat. Die hatten mich nicht vergessen. Es war, als hätte eine dunkle Wolke meine Welt, mein Leben eingehüllt. Diese dunkle Wolke kannte ich nur zu gut. Ich hatte mir so gewünscht dass sie nie wieder kommen wurde, denn sie raubte viel Kraft und verbreitete Traurigkeit und Hoffnungslosikeit. Ich hörte wie die Dusche ausgestellt wurde und versuchte mich zu beruhigen. Freddy kam ins Schlafzimmer um sich neue Klamotten anzuziehen. Als er mich im Bett liegen sah stutzte er kurz, dann zog er sich ein T-Shirt und eine Trainigshose an und legte sich zu mir.

Fragend sah er mich an, doch ich sagte kein Wort. Er nahm mich in den Arm. "Schatz, willst du mir nicht sagen was los ist? Ich seh doch dass du etwas hast. Hab ich vielleicht etwas gesagt oder getan was dich verärgert oder dir weh getan hat?" Ich schüttelte den Kopf. "Ich seh doch dass es dir nicht gut geht."  Ich kuschelte mich an ihn. Es tat gut, auch wenn er dafür verantwortlich war dass ich so traurig war. Er streichelte mir über den Rücken. Eine zeitlang sagte keiner von uns ein Wort. Er gab mir einen Kuss auf die Wange und umfasste mich noch doller. 

"Ich hab für uns übrigens einen Tisch reserviert am Donnerstag abend", flüsterte er. Ich bog mich von ihm weg und sah ihn an. "Du hast es nicht vergessen?", flüsterte ich. "Wie könnte ich, du bist die Liebe meines Lebens." Er schob mich ein Stück von sich weg und sah mich an. "Bist du deswegen so traurig? Weil du dachtest ich hätte es vergessen?" Ich nickte, Tränen in den Augen. "Nicht nur wegen Dir. Ich hab Mila, Charlotte und die Zwillinge einladen wollen, aber keiner hatte Zeit. Und die die dran gedacht haben sind viel zu weit weg um mit mir feiern zu können", sagte ich traurig. "Und dadurch kamen die Depris wieder durch und ich musste an früher denken, wie scheisse es da war. Das erste mal seitdem ich hier in Köln lebe."

"Ach Schatz, das tut mir leid." Er nahm mich in den Arm. "Aber du sollst wissen, dass ich nie, nie deinen Geburtstag vergessen würde. Du bist doch die wichtigste Person in meinem Leben und ich liebe dich. Wie konntest du denken dass ich das vergessen habe?" "Du hast ihn halt mit keinem Wort erwähnt und da dachte ich du hättest ihn vergessen, genauso wie meine verkackte Familie früher...." "Ich liebe dich so sehr, du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben!" Feste hielt er mich im Arm und rutschte noch dichter an mich ran. Schon ging es mir nicht mehr schlecht. 

Wie konnte ich nur an ihm zweifeln? "Es tut mir leid dass ich an dir gezweifelt habe", flüsterte ich. "Alles gut", sagte er und sah mich an. "Ich hätte es ja von mir aus mal erwähnen können, ich dachte nicht dass es dich so trifft." "Das kommt durch meine bescheuerte Familie früher, denn denen war es so gut wie egal." "Das wusste ich nicht, tut mir leid. Mir ist es nicht egal, nie im Leben!" "Danke mein Schatz." Ich kuschelte mich in seinen Armen zurecht und er gab mir ein paar weitere Küsschen. Es tat so gut dass er da war, ich fühlte mich so geborgen. Ich musste an meine beschissene Familie denken, an meine Eltern, die sich aus mir so gut wie nichts gemacht hatten. Meinen Vater, dem es die meiste Zeit scheissegal zu sein schien wie es mir ging. 

Der nicht mal über den Tellerrand hinausschaute und die ganzen Jahre über nicht mitbekam oder bekommen wollte was meine Mutter mit mir machte. Und an meiner Mutter, die absolut nicht krankheitseinsichtig war und mich in ihrem Wahn misshandelte. An den Rest meiner Familie, der wegschaute, entweder weil sie überfordert waren oder weil es ihnen scheissegal war. Ich hab mich so allein gefühlt damals. So allein und im Stich gelassen. Und das war ich auch - nichtmal die Behörden haben was unternommen.  Vergessene Kinder - so hießen wir mittlerweile in Fachkreisen. Die Kinder der psychisch Kranken, wo den Behörden früher nicht klar war dass sie genauso Hilfe brauchten wie der erkrankte Elternteil. Ich krallte mich an Freddy fest. 

Es tat so gut in seinen Armen aufzutanken. So gut zu wissen dass er da war. Dass er mich tröstete. Das war das erste mal in meinem Leben das mich jemand so richtig auffing. Als ich ihm das sagte sah er mich traurig an und nahm mich nur noch fester in den Arm.

Frederiks Sicht:

Ich bin so ein Idiot! Scheisse man. Da hätte ich auch eher drauf kommen können dass das was von früher antriggert wenn ich ihren Geburtstag gar nicht erwähne. Immerhin kenne ich doch ihre scheiss Vergangenheit und wie ihre Familie sie behandelt hat.......Kacke man, das hatte ich echt für den Moment vergessen. Ich hätte früher dran denken müssen. Eben - da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Klar dass sie traurig wurde und dass sie das an früher erinnerte. Kaum flunkerte ich ihr das vom Essen gehen  ging es ihr besser und sie fing an sich auszusprechen. Ich bin so ein Idiot, echt!!!. Aber sie würde Augen machen am Donnerstag! Mit sowas rechnete sie echt nicht! Hoffentlich war es danach wieder gut.

Neue Stadt neues Glück? Frederik Seehauser FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt