Kapitel 47: Ramona erzählt

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Frederiks Sicht:

Nach der Arbeit machte ich mich auf den Weg nach Hause. Unterwegs machte ich noch ein paar Besorgungen. Ich schloss die Tür auf und hörte Geräusche aus der Küche. "Ich bin wieder da!" Schnell machte ich mich auf den Weg zu meiner Süßen, die Hände hinterm Rücken verschränkt. Sie machte sich gerade einen Tee. "Hallo Schatz, möchtest Du auch einen?" "Lieber einen Kaffee." "Ok." Ich nahm die Armehinterm Rücken hervor, überreichte ihr eine Rose, die ich unterwegs zusammen mit einer Packung von ihrem Lieblingseis gekauft hatte, schloss sie in meine Arme und küsste sie zärtlich. Sie erwiderte seidenweich und löste sich dann von mir.  "Die ist wunderschön, danke", sagte sie gerührt. Ich ließ sie nicht aus meinen Armen. "Ich liebe Dich" Ihre Hände waren an meiner Brust."Ich liebe dich auch", flüsterte sie. Wieder küssten wir uns.

Ramonas Sicht:

Als Frederik plötzlich mit der Rose vor mir stand wurde mir ganz warm ums Herz. Ich liebte diesen Mann so sehr. Gerade war er echt mein Fels in der Brandung. Noch lange blieben wir so eng umschlungen stehen. Ich legte meinen Kopf an seine Brust und er schaukelte uns sachte hin und her. Es war so schön ihn bei mir zu wissen, gerade jetzt. Der Vormittag war beschissen gewesen, immer noch drehten sich die Bilder von gestern in meinem Kopf. Es dauerte bis es langsam weniger wurde und ich mich alltäglichen Dingen wie duschen, Zähne putzen und auf den Balkon gehen widmen konnte. Die Zeit auf dem Balkon tat echt gut, der Sonnenschein, das Rauschen der Bäume, das Gezwitscher der Vögel. Das half mir, dieses Karussell weniger werden zu lassen. Und gerade als ich mir einen Tee machte stand er mit der Rose vor mir. 

Ich hatte gar nicht gemerkt wie schnell die Zeit vergangen war. Ich fühlte mich so geborgen bei ihm. Zeit durchzuatmen. Er verstand mich, verstand wie es mir momentan ging. Er gab mir einen Kuss auf die Schläfe. "Ich hab Ben und Jerry's mitgebracht, hast Du Lust?" "Oh ja, die habe ich. Das ist so lieb von Dir." Er war so süß, echt. Ich gab ihm einen Kuss. Er langte in der Küchenschublade nach zwei Löffeln und zog mich an der Hand ins Wohnzimmer zur Couch. Gemeinsam vernaschten wir das Eis. Es war herrlich. 

Dann zog er mich ganz auf die Couch. Wir legten uns gemeinsam hin und er schloss die Arme um mich. Mein Arm lag auf seiner Brust. "Wie war es heute?", fragte er mich leise. "Schwierig, aber nicht so schlimm wie gestern. Ich glaube die Bilder lassen langsam nach." Er nickte und strich mir über den Rücken. "Sorry dass ich gestern so abwesend war, aber das war echt zu viel für mich. Ich hatte nicht gedacht dass mich das so erschüttern würde." "Ich weiss." Er gab mir einen Kuss auf die Schläfe und fuhr fort meinen Rücken zu streicheln. "Magst Du heute drüber reden?" "Ich weiss nicht." "Ok." Und dann fing ich doch an zu erzählen, ich hatte das Gefühl dass es vielleicht gut tun könnte drüber zu sprechen. 

"Es war eine alte Dame so um die 90. Sie kam mit schweren Verbrennungen zweiten und dritten Grades sowie einer schweren Rauchvergiftung bei uns an. Jannik legte ihr einen ZVK weil die Arme so verbrannt waren dass man nicht mehr durch die Haut kam, zum Teil hatten sich auch die Ärmel ihres Kleides mit eingebrannt. Ich intubierte sie und gab ihr 70 Prozentigen Sauerstoff, die Sättigung lag damit erstmal bei 98. Die Schwestern verkabelten sie und machten den Clip für die Sauerstoffsättigung dran. Ich gab den Schwestern die Anweisung 3 Beutel NACL direkt reinzudrücken und dann eine normale anzuhängen. Vorerst stabilisierte sich ihr Zustand, die Herzfrequenz ging runter fast auf 80, auch der Blutdruck stabilisierte sich, vorher war er sehr niedrig, 80/60. 

Wir machten uns daran die Brandwunden zu untersuchen und zu versorgen, hatten die OP schon angemeldet uund dann fiel die Sauerstoffsättigung wieder ab. Wir gingen auf 100 Prozent und sie fiel weiter. Die Herzfrequenz ging schnell nach oben und es kam zum Kammerflimmern. Und dann half nix mehr, weder Adrenalin noch der Defi. Die Rauchgasvergiftung war zu schlimm... Den Moment werde ich nie vergessen - wie die Nullinie eintrat und wir nix mehr machen konnten. Und dann das Gespräch mit den Angehörigen...mir zerriss es fast das Herz. So eine Nachricht zu überbringen. Jannik wollte das ich es mache damit ich es lerne. Das war auch ok, es gehört ja auch dazu solche Nachrichten zu überbringen. Er war dabei ergänzte meinen Bericht und stand mir bei, aber es war so schrecklich, so eine Nachricht überbrigen zu müssen." 

Meine Stimme fing an zu wackeln. "Ich möchte keine Ärztin mehr sein." Wieder strich er mir über den Rücken, dann zog er mich dichter zu sich und legte einen Arm um mich, während er mit der anderen Hand meine ergriff und mir enreut einen Kuss auf die Schläfe gab. "Ich kann dir nicht sagen wie lange dich das noch verfolgen wird, aber ich kann dir sagen dass es irgendwann besser wird. Und ich kann dir sagen dass du nichts falsch gemacht hast." "Ja, das meinten Jannik und Urs auch. Die waren so lieb und haben versucht mir zu helfen, mir zu sagen dass ich nichts falsch gemacht habe und das man es manchmal leider nicht ändern kann. Sie haben versucht mich aufzufangen und meinten dass das erste Mal besonders schlimm ist und so. Sie haben versucht mich zu beruhigen. Aber es kam kaum was bei mir an, die ganze Zeit drehten sich die Bilder im Kopf." 

"Ja, das ist leider normal, denke ich. War bei mir auch so." Wir sahen uns an. "Als du mir gestern von deinem ersten Mal erzählt hast, das hat mir ungemein gut getan. Da konnte ich schon wieder etwas folgen und es tat so gut zu wissen dass ich damit nicht allein bin, dass es dir damals genauso ging." Er gab mir einen Kuss auf den Mund. "Darum hab ich Dir das erzählt." Als es bei mir damals so weit war erzählte Urs mir von seinem ersten Mal, das hat mir ungemein geholfen weil ich dadurch merkte dass ich mit dieser Erfahrung nicht alleine bin. Deswegen hoffte ich dass es dir auch helfen würde. Apropros, Urs möchte morgen mit dir sprechen. Morgen früh um 6, ich soll dich mitnehmen." "OK. Will er morgen eine Entscheidung von mir hören? Denn ich weiss nicht ob ich das noch kann, Ärztin sein. Ich denke eher nicht." 

"Nein, ich denke nicht. Das braucht einfach erstmal Abstand jetzt. Ich denke er will dir helfen damit du mit dieser Situation nicht alleine bist. Denn für sowas ist er als unser Oberarzt auch da. Wenn man Sorgen hat dann kann man sich immer an ihn wenden." "Ja, ich weiss, das sagte er beim Eingangsgespräch auch. Gut dass das so ist." "Ja." Danach kehrte Stille ein. Er streichelte mich weiter, das Erzählen war ganz schön anstrengend gewesen. Kurz darauf schlief ich erschöpft in seinen Armen ein.


Neue Stadt neues Glück? Frederik Seehauser FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt