Kapitel 94: Die Schlagzeile

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Ramonas Sicht:

"Wa....was soll das denn??!" Ich war entsetzt "Scheinbar bestehlt wohl der dringende Verdacht dass ein Arzt hier eine Patientin missbraucht haben soll." Das durfte alles nicht wahr sein...wie war das so schnell an die Öffentlichkeit gelangt? Ich war echt entsetzt. Da konnte doch nur die blöde Trulla gequatscht haben!

"Wie kommen die denn da drauf?", fragte ich mit schwankender Stimme. Leandra sah mich an. "Keine Ahnung. Wahrscheinlich haben sie deswegen vorgestern unseren ganzen Müll mitgenommen." "Oh man, das ist echt heftig." Das musste ich noch nicht mal schauspielern, es sprach mir aus der tiefsten Seele. Wie war das so schnell an die Öffentlichkeit gelangt wenn nicht mal die Station hier was wusste, außer Urs und ich? Da konnte doch nur dieses Miststück gequatscht haben. Ich musste auf die Innere, und zwar sofort!

Urs kam aus seinem Zimmer. Er saß blass und genervt aus. "Ramona, ich möchte dich kurz sprechen!" "Ok." Mit Wackelknien ging ich auf ihn zu. Was kam denn jetzt schon wieder? Mir war das echt alles zu viel. Er geleitete mich in sein Büro und setzte sich an den Schreibtisch. Ich seufzte auf. Mehr konnte ich echt nicht ertragen. Mitfühlend sah er mich an.

"Ramona um es kurz zu machen", begann er . "Ich untersage dir hiermit dich der Inneren zu nähern. Der Oberarzt der Inneren weiß Bescheid und kennt auch den Grund." Scheiße, Urs kannte mich wirklich gut, besser als ich dachte. Ich blickte ihn finster an. Er erriet wohl was mir durch den Kopf ging und sagte: "Es bringt nichts wenn du dich ja jetzt auch noch einmischt, das macht es nur noch schlimmer. Wir behandeln das mit Professionalität, so schwer das auch fallen mag." "Ok,ok", gab ich genervt nach. Wir hatten genug Probleme, da konnten wir Ärger mit Urs nicht auch noch gebrauchen.

Er sah mich durchdringend an. "Es ist angekommen Urs!" Ich merkte dass ich mich im Ton vergriffen hatte. "Endschuldige ich wollt das nicht so blöd sagen, es ist nur....mir wächst das alles über den Kopf. Erst die Geschichte mit Freddy, heute morgen hatten wir ne tote Ratte im Briefkasten, dann waren die Autoreifen zerstochen und jetzt DAS! Diese Schlagzeile! Wie kam das so schnell an die Öffentlichkeit?!"Urs sah mich mitleidig an und seufzte. "Entweder von der Dame selbst oder von ihrer Familie. Das ist auch der Grund warum du nicht auf die Innere sollst." "Ja, das ist mir schon klar. Wie geht es jetzt weiter?" "Es gab heute Vormittag eine Pressekonferenz mit dem Chef und dem Presseprecher. Ich war nicht dabei, wir wollten nicht die Gerüchte befeuern von welcher Station der Arzt stammt. Sie haben sich bedeckt gehalten und nur gesagt dass der betreffende Arzt vorübergehend suspendiert worden sei bis das ganze geklärt wäre."

Mir standen schon wieder die Tränen in den Augen. "Es tut mir leid", sagte er nur und strich mir aufmunternd über den Arm. "Mir ist das alles zuviel", schluchzte ich. "Erst dieser Scheiß und dann auch noch der Mist zuhause..." "Wie kam das denn?" "Keine Ahnung, ich wollte die Post hoch holen und da lag ne tote Ratte im Briefkasten!" Wieder schüttelte ich mich vor Ekel. "Und als ich los wollte hab ich gesehen dass  die Reifen zerstochen waren. Bei unserem Nachbarn auch. Wir haben Anzeige erstattet. Und Frederik hat Anzeige gegen diese Dame erstattet wegen Rufschädigung, Verleumdung und Vortäuschen einer Straftat" "Oh man, bei euch kommt gerade echt alles zusammen! Aber gut das mit der Anzeige gegen die Frau zu wissen" Er stand auf und drückte mich kurz.

Dann gingen wir nach draußen. Gott sei Dank kam gleich Arbeit auf mich zu, ich brauchte unbedingt Ablenkung. Zwei neue Patienten aus der Notaufnahme. Nachdem beide untersucht und versorgt waren machte ich mich auf den Weg in die Schwesternkanzel. Wenn ich mich zu viel ins Arztzimmer zurück zog würde das auffallen, also musste ich mir das Schmierentheater geben. Ich setzte mich zu den anderen. "Was wollte Urs denn vorhin von Dir?", wollte Leandra wissen. "Wissen warum ich zu spät kam", erfand ich schnell. "Uns wurden die Autoreifen aufgeschlitzt." Leandra sah mich an. "Ach du Scheiße." "Ja."

"Und was sagst du zu der Missbrauchsgeschichte?" Innerlich stöhnte ich auf. "Scheiße, was sonst? Wie kommen die denn da drauf?". heuchelte ich Interesse. Am liebsten würde ich kotzen. ehrlich gesagt war ich auch kurz vorm kotzen, mir war mega schlecht. Jetzt bloß nicht auffallen, bloß nicht auffallen! Um dem Ganzen zu entgehen machte ich mir erstmal einen Fencheltee. Und dann kam Gott sei Dank neue Arbeit von unten herein.

Eine Patientin mit einer Patellaluxation und später dann noch eine Dame mit einer komplizierten Fraktur des Sprunggelenkes. Ich war echt dankbar für die Ablenkung und machte mich sofort an die Arbeit. Ansonsten war nicht viel los, so dass ich hinterher nur noch die Patientendokumentation der beiden Neuen und dann die Abendvisite zu tun hatte. Gott sei Dank war die Zeit bald rum, ich saß wie auf heißen Kohlen bis ich endlich verschwinden konnte.

Als ich zuhause ankam lag mein Schatzi schon im Bett und schlief. Ich ließ das Abendessen ausfallen und kuschelte mich gleich zu ihm. Tat das gut! Morgen noch den Frühdienst und dann hatte ich Gott sei Dank erstmal zwei Tage frei. Die brauchte ich auch. Wenn ich nicht langsam ne Pause bekam würde ich zusammen klappen. Hier versuchen möglichst stark für Frederik zu sein und auf der Arbeit Schmierenkomödie spielen - das kostete mich unvorstellbar viel Kraft. Ich versuchte die Gedanken zu vertreiben und gab mich ganz Freddys Geruch hin. Das lies mich Gott sei Danke einigermaßen runter kommen und ich schlief ein.

Als um 4 Uhr der Wecker ging hatte ich das Gefühl kaum geschlafen zu haben, ich war wie zerschlagen. Gott fuckte mich das alles ab - ich hatte keinen Bock jetzt schon wieder zu arbeiten - vor allen Dingen nicht auf Station. Aber siehe da, der liebe Gott hatte ein Einsehen =) Kaum kam ich an, erfuhr ich das Lee-Pham krank war und ich statt dessen in der Notaufnahme einspringen sollte. Wenigstens etwas. Da blieb den anderen nämlich keine Zeit zum quatschen und ich musste mir das Gelabere nicht geben und hatte hoffentlich ordentlich zu tun um mich abzulenken. Sollte auf Station was sein würde jemand aus der Dermatologie einspringen bis Urs kam.

Es war so wie ich gehofft hatte - jede Menge zu tun und keine Zeit für Gelabere. Endlich konnte ich durchatmen. Die Zeit verging wie im Flug und schon war der Dienst wieder vorbei. Ich freute mich auf zuhause, ich musste unbedingt ein paar Stunden schlafen. Doch kaum kam ich dort an war es das mit der Freude auch schon wieder. Vor dem Haus stand ein Streifenwagen. Oh nein! Was war denn nun schon wieder? Würden sie Freddy verhaften? Gab es Entwarnung? So schnell ich konnte rannte ich Richtung Haus.

Neue Stadt neues Glück? Frederik Seehauser FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt