Kapitel 28: Komplikationen

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Am nächsten Morgen hatte ich Temperatur. Sie nahmen mir Blut ab. Frederik war noch nicht wieder da, er schlief wohl noch. Charlotte kam nochmal nach mir sehen bevor sie nach Hause ging. Ich versuchte mich zu entspannen und döste vor mich hin. Ab und zu bekam mich Schmerzmittel, was mich wieder wegsacken ließ. Gegen Mittag hin ging es mir schlechter, ich hatte unglaublichen Schüttelfrost und bekam Probleme beim Atmen. Ich musste husten und jedesmal wenn das geschah sah ich Sterne vor Schmerzen und alles wurde schwarz vor Augen und der Monitor schlug Alarm weil der Puls vor Schmerzen so hoch ging. Ich hatte mir eine fette Lungenentzündung eingefangen. 

Sie erhöhten das Schmerzmittel und ich bekam per Infusion Hustenstiller, Penicillin und ein fiebersenkendes Mittel. Außerdem hatten sie mir eine Wärmematte unten drunter gelegt. Ich dämmerte die meiste Zeit vor mich hin. Am Nachmittag bekam ich verschwommen mit das Freddy neben meinem Bett saß unsd meine Hand streichelte. Das Atmen bereitete mir zunehmend mehr Probleme.

 Es tat eh durch die gebrochenen Rippen und den genähten Pneumothorax arschweh. Nun brannte es auch noch und beim Husten war es die Hölle. Dann raste der Puls und der Monitor schlug Alarm. Heute hatte Jannik unter anderem Dienst. Er kam öfter rein und sah nach mir. Einmal ersetzte er die Sauerstoffbrille durch eine Maske damit ich besser Luft bekam. Dann erhöhte er den Hustenstiller und zweimal drehte er den Sauerstoff höher damit ich besser atmen konnte. Sprechen war nicht mehr möglich. Er sah sehr besorgt aus.

Ich fühlte mich hundeelend und das Fieber stieg weiter bis auf 40 Grad, teilweise auch darüber. Die nächsten Tage dämmerte ich vor mich hin und bekam nur wenig von meiner Umwelt mit. Aber jedes Mal wenn ich wach wurde war Frederik an meiner Seite. Ich möchte nicht wissen wie viele Stunden er insgesamt schon an meinem Bett saß. Ich hatte Schuldgefühle und er tat mir so leid. Ich konnte ihm aber auch nicht sagen dass er nach Hause gehen soll und sich ausruhen soll. Sprechen war nicht möglich, ich brauchte alle Kraft zum Atmen. Weil ich auch nicht essen konnte wurde ich inzwischen künstlich über eine Magensonde ernährt. Zwischenzeitlich bekam ich mit dass sie diskutierten ob sie mich ins künstliche Koma legen sollten, aber dann ließen sie es doch.

Nach einigen Tagen wurde es dann Gott sei Dank besser, das Antibiotikum wirkte endlich. Nur das Atmen tat nach wie vor sehr weh und ich war nach wie vor auf Sauerstoff angewiesen.Mittlerweile konnte ich mich auch an mehr vom Unfalltag erinnern. Ich wusste wieder dass ich auf Freddy gewartet hatte und dann die Jungen gehört hatte und hinterher sprang. Dass ich den ersten Jungen ans Ufer geschleppt hatte wusste ich auch noch. Aber wie es dann weiter ging entzog sich nach wie vor meinem Erinnerungsvermögen. 

Frederik konnte in der Zwischenzeit nicht mehr so oft da sein, denn er musste wieder arbeiten. Aber ich bekam auch so jede Menge Besuch. Mila, Steffi, Tobi, Tommi,  Dennis und die beiden Charlottes schauten oft vorbei, ebenso Lee, Jannik und Malte. Ich mochte sie alle echt mega gern. Ich war erst so kurz da, und schon waren sie für mich nicht mehr nur Kollegen, sondern auch Freunde. Auch Jessi und Leon kamen vorbei und brachten mir Klamotten. Sie waren ganz schön erschrocken. Von ihnen erfuhr ich dann auch dass die ganze Stadt über meine Tat sprach und dass in den Zeitungen und auch im Fernsehen groß darüber berichtet worden ist und das Krankenhaus tagelang von Reporter belagert worden ist.

 Krass, mit sowas hätte ich nie gerechnet, ich hatte doch nur etwas ganz Selbstverständliches getan. Die anderen hatten mir davon nicht nichts erzählt weil sie mich noch schonen wollten. Mir ging es jeden Tag ein kleines Stückchen besser.  So nach und nach konnten dann auch die Schmerzmittel reduziert werden und ich bekam mehr mit vom Tag. Ich bekam die erste Physiotherapie und konnte auch wieder essen. Ich war ganz zuversichtlich dass ich hoffentlich in den nächsten Tagen auf Normalstation verlegt werden konnte, immer hin war ich jetzt schon eine Woche auf der ITS. 2 Tage später war es dann so weit und ich zog um auf die Innere.

Ich freute mich darauf, endlich mal wieder das Bett zu verlassen und an die frische Luft zu kommen. Als Freddy nachmittags vorbei kam bat ich ihn einen Rollstuhl und eine Flasche Sauerstoff zu holen. Erstaunt sah er mich an, ging dann aber los die Sachen holen. Ich zog mir in der Zwischenzeit eine Jacke über meine Joggingsachen. Die Schuhe bekam ich leider nicht alleine an, wegen der gebrochenen Rippen konnte ich mich nicht so weit runter beugen. Als Freddy das mitbekam zog er mir die Schuhe an, ohne dass ich ihn drum bitten musste. Ich nahm ihn einfach nur in den Arm.

"Danke", flüsterte ich und küsste ihn. "Danke für alles was Du für mich getan hast. Du bist fast die ganze Zeit bei mir gewesen, du hast kaum geschlafen, nicht mal zum Essen bist Du weg gegangen. Ich weiß gar nicht womit ich dass verdient habe. Ich liebe Dich über alles." "Ich liebe Dich auch. Ich bin so froh dass es Dir langsam besser geht. Die Zeit als es so kritisch um dich stand - das war die schlimmste Zeit meines Lebens. So etwas hab ich noch nie erlebt. Ich bin so froh dass es langsam bergauf geht." Wieder küssten wir uns. Ich war ihm so unendlich dankbar. 

Er stöpselte mich an den mobilen Sauerstoff und ich setzte mich in den Rolli. Die Sauerstoffmaske war ich Gott sei Dank wieder los, die Nasenbrille reichte wieder. Freddy besorgte noch schnell eine Decke und einen Infusionsständer für den Rollstuhl und hängte die Infusionen um. Dann fuhren wir los. Es war so schön, endlich mal wieder raus zu kommen. Ich hatte zwar immer noch Fieber, aber ich musste mal an die frische Luft.

Wir fuhren in den Park. Es war so schön draußen, strahlend blauer Himmel und die Sonne schien. Es war auch nicht mehr so kalt, wir hatten bestimmt 7 oder 8 Grad. Wir drehten eine Runde durch den Park. Ich genoss den leichten Wind und das Vogelgezwitscher. Dann setzten wir uns auf eine Bank, bzw. Freddy setzte sich, ich saß ja schon. Aber es war so doof, er auf der Bank, ich im Rolli. Ich stand vorsichtig auf. Er schaute mich mit großen Augen an und hielt mich schnell fest damit ich nicht umfiel. Ich ging vorsichtig um den Rolli rum auf ihn zu. Als er erriet was ich vorhatte half er mir, zog mich auf seinen Schoß und legte die Decke über meine Beine und um mich rum. 

Ich lehnte mich an ihn an und lehnte meinen Kopf an seine Brust. Es gab so vieles was ich ihm sagen wollte. Es sprudelte einfach nur so aus mir heraus. Wie sehr ich ihn liebte. Das es sich gelohnt hatte nach Köln zu ziehen, alleine schon wegen ihm. Das ich so dankbar war dass er da war, die Tage auf der ITS und auch jetzt. Wie leid es mir tat dass er sich solche Sorgen um mich gemacht hatte. Als ich das sagte legte er einen Finger auf meine Lippen damit ich nicht weiter sprach und küsste mich sanft. Wie sehr hatte ich das vermisst! "Mach Dir keine Vorwürfe,", flüsterte er. "Ich bin mega stolz auf dich, viele Menschen hätten sich das nicht getraut. Du bist was ganz besonderes. Und ich liebe Dich" Als er das sagte wurde mir ganz warm ums Herz.

 Wir hielten uns eng umschlungen und genossen die Zweisamkeit. Ab und zu kamen kamen ein paar Patienten und Besucher an uns vorbei und guckten komisch, ich nehme an dass sie Freddy von der Orthopädie her kannten. Uns war das ganz egal. Wir genossen einfach nur die Zweisamkeit, kuschelten und küssten uns ein ums andere Mal.

"Gott sei Dank geht es Dir besser", flüsterte Freddy. "Als ich  am Ufer entlang rannte und sah dass Du das in den Fluten warst....und als Du gegen das Wehr geschleudert wurdest und nicht mehr hoch kamst...und dann die Tage hinterher........." Ihm brach die Stimme weg und Tränen liefen ihm die Wangen runter. Ich nahm ihn in den Arm und tröstete ihn. Er vergub sich an meiner Schulter und weinte. Er versuchte es zu unterdrücken, aber es klappte nicht. Ich flüsterte ihm immer wieder ins Ohr dass ja alles gut gegangen war und dass es mir leid tue dass es ihm so schlecht ging und streichelte seinen Rücken. Zwischendurch küsste ich ihn mehrmals auf die Stirn und im Gesicht und flüsterte ihm liebe Dinge ins Ohr. Langsam beruhigte er sich. 

"Ich dachte ich hätte Dich für immer verloren", flüsterte er. "Als ich da im Wasser war dachte ich auch ich müsste sterben", flüsterte ich. "Ich hatte noch nie solche Angst wie da zuerst." Er sah mich an, Tränen in seinen Augen. "Aber Gott sei Dank ist es gut ausgegangen", flüsterte ich und nahm ihn wieder in den Arm. Ich wollte ihn nie wieder loslassen. Er drückte mich an sich. "Aua!", rief ich aus und zuckte zusammen. Erschrocken ließ er mich los und sah mich an. "Entschuldige", sagte er zerknirscht. "Nicht so schlimm", japste ich und rieb mir die Rippen. Vorsichtig lehnte ich mich an ihn und wir kuschelten. Wieder gingen Leute an uns vorbei und guckten uns  an. "Hallo Dr. Seehauser", grüßten sie. "Hallo", antwortete Frederik ohne mich loszulassen. Noch lange saßen wir einfach da, genossen die Zweisamkeit und den Sonnenschein und ließen uns die frische Luft um die Nase wehen. Es tat so gut

Neue Stadt neues Glück? Frederik Seehauser FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt