Kapitel 29: Das Schicksal der Kinder

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Es tat einfach so gut. Später gingen wir wieder rein, wir wollten es nicht übertreiben, immerhin hatte ich immer noch diese blöde Lungenentzündung mit Fieber. Freddy brachte mich wieder auf mein Zimmer.

Kurze Zeit später kam Urs Heinemann rein. Ich war überrascht, ich hätte nicht gedacht dass er mich mal besuchen kommt. Er wollte wissen wie es mir geht und fragte mich ob ich die Erlaubnis dazu geben würde dass das Krankenhaus in einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit über meinen Gesundheitszustand informieren dürfte weil sie immer wieder Anfragen von der Presse bekämen wie es mir ging. Nach einigem Zögern bejahte ich das obwohl es mir unheimlich war. Er sagte sie seien alle sehr stolz auf mich, und gratulierte mir zu meinem Mut. auch der Klinikchef würde gerne einmal vorbei kommen. Mir war das peinlich. Ich wollte eigentlich nichts als wieder gesund werden und so viel Zeit wie möglich mit Freddy zu verbringen. Aber das konnte ich ihm natürlich nicht sagen, also nickte ich nur. In dem Moment kamen Erinnerungen an den Unfall zurück. Ich konnte mich plötzlich an den zweiten Jungen erinnern, als er leblos im Wasser trieb.

Kaum war Dr. Heinemann weg schloss Freddy mich in seine Arme. "Du hast ganz schön was bewegt in der Stadt. Und generell in Deutschland. Deine Tat ist in aller Munde", sagte er stolz. "Mir ist das unheimlich", sagte ich. "Ich möchte einfach nur mein normales Leben haben, so mit Presse und Öffentlichkeit hab ich nichts am Hut, das find ich unheimlich. Ich hab doch nur getan was selbstverständlich ist", sagte ich. Freddy küsste mich auf die Nasenspitze "Das siehst Du so, aber es war wirklich außergewöhnlich mutig." 

Ich lehnte mich ein Stückchen von ihm weg. "Freddy, ich kann mich wieder mehr erinnern. Was ist mit den Kindern passiert, wie geht es ihnen? Weißt du da was? Ich erinner mich an den zweiten Jungen, er trieb mit dem Gesicht im Wasser als ich ihn erreichte." Freddy sah mich traurig an. "Dem ersten Jungen geht es gut, er kam unterkühlt hier auf die Pädiatrie, ihm ging es schnell besser." Dann sagte er nichts mehr. "Und das zweite Kind?", fragte ich langsam, obwohl ich mir die Antwort schon denken konnte. Wieder sah er mich traurig an. "Der wurde noch vor Ort reanimiert, starb aber einige Stunden später hier in der Klinik", sagte er leise.

Ich seufzte und lehnte mich traurig an seine Brust. Scheiße. Echt scheiße. Er war noch so jung. Noch ein Kind. Schätze mal ungefähr 5 Jahre alt. Wie konnte sowas geschehen? Sowas durfte nicht geschehen. Scheiße, echt .Mir kamen die Tränen. Freddy nahm mich in den Arm und hielt mich fest. "Wie kann Gott sowas zulassen?", fragte ich. "Ich weiß es nicht", sagte er. "Aber es wird schon seinen Grund haben" "Der hatte sein ganzes Leben noch vor sich..." "Ja, leider", antwortete Freddy. "Mich hat das auch sehr traurig gemacht, aber da konnte man wohl nichts mehr machen." "Bleibst Du noch bei mir?" "Klar", antwortete er. "Rutsch mal ein Stück, ich will mich neben Dich legen."

 Ich rutschte vorsichtig an die Seite. Freddy half mir dabei und dann legte er sich neben mich aufs Bett. Irgendwann schliefen wir ein. Als wir am nächsten Morgen aufwachten hatte jemand eine zweite Decke über uns gebreitet. War bestimmt die Nachtschwester gewesen. Freddy war es irgendwie peinlich dass wir quasi an seinem "Arbeitsplatz"für seine Kollegen sichtbar zusammen in einem Bett geschlafen hatten. Ich fand das nicht schlimm, ich meine seit dem Unfall wissen eh alle dass wir zusammen sind, da können sie sich doch auch denken dass wir sonst im selben Bett schlafen....Um 7 kam das Frühstück, ich gab Freddy die Hälfte davon ab. Er wollte erst nicht, griff dann aber doch zu und futterte ein Wurstbrot. Hinterher fuhr er nachhause, sich duschen und fertig machen, er hatte heute Spätdienst. Ich hatte den Morgen über ein paar Untersuchungen und Physiotherapie, den Rest der Zeit verbrachte ich mit schlafen und lesen.

Die nächsten Tage waren wir immer wenn schönes Wetter war und es mir einigermaßen ging zusammen im Park. Die Patienten und Besucher der Orthopädie gewöhnten sich langsam daran dass ihr Arzt auch ein Privatleben hatte und oft mit seiner angeschlagenen Freundin im Park unterwegs war. Anfangs noch im Rollstuhl, später als der Kreislauf durch die Physio wieder in Gang gekommen war und die Lungenentzündung nicht mehr so schlimm war konnte ich auch wieder laufen. Allerdings immer noch mit Sauerstoff, dafür aber komplett ohne Schmerzmittel. Als ich nicht mehr so unsicher auf den Beinen war ging ich Freddy auch öfter auf der Orthopädie besuchen, sehr zur Freude auch der anderen Schwestern und Pfleger mit denen ich mich echt gut verstand.

Ab und zu ließ ich das Klinik-Mittagessen ausfallen und verabredete mich mit Freddy oder auch mit den beiden Charlottes, Mila, den Zwillingen, Lee, Malte oder Jannik in der Mitarbeiterkantine.  Die Lungenentzündung trollte sich immer mehr, mit dem Kopf war auch alles wieder in Ordnung, nur das Atmen tat nach wie vor arschweh, aber das war ja klar. Da würde ich noch die nächsten Monate was davon haben. Sobald die Lungenentzündung weg war und ich ohne Sauerstoff klar kam durfte ich nach Hause. Ich freute mich schon.

Eine Woche später war es soweit und ich wurde den Sauerstoff los. Noch zwei Tage sollte ich zur Beobachtung da bleiben und dann ging es heim. Oder besser gesagt zu Freddy. Er wollte dass ich die nächste Zeit bei ihm wohnte und hatte sich die nächsten 8 Tage frei genommen. Ich konnte es gar nicht abwarten endlich hier heraus zu kommen. Am Abend vorher konnte ich vor Aufregung nicht schlafen.


Neue Stadt neues Glück? Frederik Seehauser FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt