Nicht schon wieder

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Hermines Sicht

"Hey!" Soeben hat mich ein Kissen am Kopf getroffen. "Sag mal, wie lange willst du denn noch schlafen?" Das war Ginny. Sie muss eben reingekommen sein, vermute ich. Da Ginny, in ihrem sechsten Schuljahr, nach den Weihnachtsferien nicht zurück nach Hogwarts gekommen ist, wiederholt sie dieses Jahr, mit einigen ihrer Freunde, nochmal. Verschlafen richte ich mich auf. Zum Glück hängt kein Spiegel in der Nähe meines Bettes. Ansonsten hätte ich wohl einen Herzinfarkt bekommen. Ich fühle mich wie eine Vogelscheuche und sicherlich sehe ich auch so aus. Ginny kichert, setzt sich jedoch auf mein Bett und wartet, bis ich mich fertig gemacht habe. Als ich aus dem Bad trete, schwingt sie ihren Zauberstab und meine wilden Locken formen sich zu einer lässigen Hochsteckfrisur. Zufrieden nickend, betrachtet sie ihr Werk und hakt sich anschließend bei mir unter, um mit mir frühstücken zu gehen.

Wieder einmal gleitet mein Blick sofort zum Slytherintisch, als wir die Halle betreten. Meine Augen weiten sich, als ich Malfoy sehe. Er sieht genauso erschöpft aus, wie ich, aber er ist anwesend. Wo ist er denn gestern nur gewesen? Ginny zieht mich in Richtung Harry und Ron. Nachdem sie ihren Freund geküsst hat, lässt sie sich zwischen ihm und mir nieder. Durch Neville und Parvati, die uns gegenüber sitzen, habe ich freie Sicht auf diesen einen platinblonden Jungen. Warum zieht er meinen Blick die ganze Zeit an? Ich verstehe die Welt nicht mehr. 

Gerade bemerke ich, wie seine Freundin Astoria ihn liebkost. Er tut nichts dagegen, warum auch, sie sind ja schließlich ein Paar, ist aber auch nicht richtig bei der Sache. Als sie ihn dann sogar küsst, erwidert er den Kuss nur halbherzig bis gar nicht. Etwas beleidigt sieht sie ihn an, löst sich dann jedoch von ihm und isst vornehm weiter. Ein Kribbeln macht sich in mir breit. Gibt es etwa Streit zwischen den beiden Turtelschlangen? 'Hermine, es ist Draco Malfoy! Wie oft denn noch, er ist uninteressant!' Ein kleiner Teil in mir sträubt sich, dieser inneren Stimme zuzustimmen und ich habe keinen Plan warum. 

Doch, weil er sich geändert hat und weil er verboten gut aussieht. 'STOP!' Das geht zu weit! Er ist ein Slytherin. Er ist mit der Greengrass verlobt. Er ist, er ist... Ich seufze. So kann das nicht weiter gehen. Bin ich etwa gerade dabei mich in diesen Schönling zu verlieben?! Verdammt, ja, bin ich. Wie kann mein Leben denn nur von einem auf den anderen Tag so auf die schiefe Bahn geraten?! Ich seufze erneut und nun beäugt mich Ginny misstrauisch. "Sag mal Mine, ist alles ok bei dir? In letzter Zeit gefällst du mir gar nicht. Du schläfst nicht mehr richtig, isst kaum noch was, was bedrückt dich denn?" 'Keine Ahnung, liegt wahrscheinlich daran, dass Draco Malfoy die ganze Zeit in meinem Hinterkopf herumspukt und mein Herz fast aussetzen lässt!' Nein, das kann ich ihr ja wohl kaum sagen. "Keine Ahnung, ich muss mich wahrscheinlich einfach erst wieder an die Schule gewöhnen.", lüge ich und beginne, mir ein wenig Rührei mit Bacon auf meinen Teller zu laden. Das beruhigt Ginny offensichtlich, denn auch sie isst, nach einem kurzen Stirnrunzeln, weiter ihr Frühstück.

Der Unterricht an diesem Tag verläuft ganz normal. Nach dem Mittagessen haben wir Gryffindors Zauberkunst. Ich kann immer noch nicht verstehen, warum Zauberkunst für einige Schüler nur ein 'Laberfach' ist. Diese Zauber zeigen einem doch erst richtig, was man alles mit Magie bewirken kann. Die heutige Lektion ist, ein Möbelstück sich selbst auf- und abbauen zu lassen. Die erste Hälfte der Stunde, füllt der theoretische Teil aus. Wir schreiben fiel auf und erst dann dürfen wir das Gelernte in die Praxis umsetzen. Prof. Flitwick hat den Raum offensichtlich magisch vergrößert sonst hätten niemals alle Schränke, Kommoden, Tische und sogar vereinzelt ein, zwei Küchenzeilen Platz, zwischen den Hexen und Zauberern, gehabt. 

Ich sitze neben Ron und so arbeiten wir zusammen an einem Kleiderschrank. "Erecto", sage ich und ahme mit meinem Zauberstab die Bewegung nach, die uns der kleine Zauberkunstlehrer vorhin gezeigt hat. Mit ungesagten Zaubern komme ich inzwischen bestens klar. Direkt beim ersten Mal finden alle Schrauben und Nägel ihren Platz und binnen Sekunden haben sich, vorher wild verstreute Teile, zu einem Ganzen zusammengefügt. 

Na gut, ich muss zugeben, dass ich den Zauberspruch nicht ganz zum ersten Mal probiert habe. Auf unserer Suche nach Horkruxen hat er bereits einige Male Anwendung gefunden. Vor unserem plötzlichen Aufbruch, habe ich ihn mir selbst beigebracht, um uns den Aufbau des Zeltes, das ursprünglich mal Perkins gehörte, zu erleichtern. Er arbeitet im Zaubereiminsterium und war bereits zur Quidditch- Weltmeisterschaft so freundlich, uns sein Zelt zu leihen. Da der, mittlerweile in die Jahre gekommene, Zauberer unter Hexenschuss leidet, hat er es Mr Weasley gänzlich überlassen, der es schließlich an uns weitergegeben hat. Auf unserer Reise hat uns der Zauber in der Tat ausgezeichnet geholfen und ich schmunzele, als auch jetzt der fertige Schrank vor uns steht. Zauberei ist doch etwas Schönes. 

Flink murmele ich "Dilabitus", den Gegenzauber und der Schrank fällt lautlos in sich zusammen. "Du bist dran.", wende ich mich an Ron und bedeute ihm, mit einem Kopfnicken, er solle es mir gleichtun. Mein Banknachbar zückt seinen Zauberstab und tritt einen Schritt vor. Doch auf seine Beschwörung hin, passiert nichts. Auch nicht beim zweiten Mal und beim Dritten auch nicht. Als er zum vierten Mal den Zauber murmelt, bewegen sich die Teile kurz aufeinander zu, krachen jedoch kurze Zeit später wieder auf den Boden. Ein Teil fällt dabei direkt auf meinen Fuß und ich japse schmerzvoll auf. Ron kann manchmal ein richtiger Trottel sein. Wir beugen uns gleichzeitig hinunter, um die Platte aufzuheben. Dabei berühren sich unsere Hände für einen Augenblick. Wir sehen uns an und erröten zeitgleich. Schnell ziehe ich meine Finger zurück und richtete mich auf, im Versuch, so zu tun, als wäre nichts passiert. Ich probiere also, nicht auf das eben Geschehene einzugehen, aber Ron zieht mir einen Strich durch die Rechnung. "Hermine-", haucht er und will tatsächlich wieder nach meiner Hand greifen. Zum Glück klingelt es in diesem Moment und ich kann mich aus dieser unangenehmen Situation befreien. Das darf doch nicht wahr sein, nicht schon wieder!

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Wie Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt