Hermines Sicht
Ohne auf den Weg zu achten laufe ich in Richtung der Gewächshäuser. Draco Malfoy hat mich tatsächlich geküsst. Bei diesem Gedanken streiche ich mir über meinen linken Arm. Völlig verwirrt, bin ich gestern, ohne ein Wort an Draco zu verschwenden, aus der Bibliothek gerannt. Ich war so geschockt und aufgeregt, dass ich hätte schwören können, dass mir jede Sekunde mein, übertrieben schnell pochendes, Herz aus der Brust springt. Kaum habe ich mich auf mein Bett, im Mädchenschlafsaal, geschmissen, musste ich mich erst einmal kneifen, um mich davon zu überzeugen, dass ich das nicht alles nur geträumt habe. Tja, es war kein Traum, und als Dank für meinen festen Kneifer, ziert jetzt ein lila- blauer Fleck meinen Oberarm. Selbst Schuld Hermine. Ich verdrehe über mich selbst die Augen.
"Was hast du Mine?" Verdammt, Ginny ist manchmal einfach zu aufmerksam. Was, beim Barte Merlins, soll ich ihr denn nun erzählen?! Wohl kaum, dass ich gestern Abend den Slytherin geküsst habe, der bis vor diesem Schuljahr noch unser größter Erzfeind war. Nun ja, für Einige von uns ist er das ja immer noch. "Nichts, alles gut, ich habe nur- ach egal, ist nicht so wichtig." Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie meine beste Freundin mich misstrauisch mustert. Kein Wunder, diese schlechte Ausrede hätte ich mir auch nicht abgenommen. Die Rothaarige stupst mich in die Seite. "Hey, Ginny, was soll das?" "Du bist völlig abwesend, also erzähl mir nicht, dass nichts ist! Ich bin deine beste Freundin. Habe ich nicht ein Recht darauf, zu erfahren, was dich bedrückt? Seit heute Morgen bist du so ruhig und ich kann dir nicht einmal helfen, weil ich nicht weiß was los ist, verdammt!"
Sie zieht einen Schmollmund. So ein Mist. Nur zu gerne würde ich behaupten, das zieht bei mir nicht, aber das wäre schlicht und ergreifend gelogen. Trotzdem, auch wenn es mir schwerfällt, meine Freundin, die über die Jahre fast zu einer Schwester geworden ist, anzulügen, von dem Kuss kann ich ihr einfach auf gar keinen Fall erzählen! Also schüttele ich nur meinen Kopf, wobei mich meine Locken im Gesicht kitzeln. Etwas enttäuscht wendet sich der Rotschopf von mir ab, woraufhin sich ein Kloß in meiner Kehle bildet. Ich hasse es, wenn wir uns streiten oder uneinig sind.
"Ginny-", ich weiß selbst nicht, was ich sagen will, aber egal. Viel weiter komme ich eh nicht, denn sie unterbricht mich. "Lass gut sein Hermine! Ist okay, wenn du nicht reden willst." Doch an ihrer Stimme erkenne ich nur zu gut, dass es alles andere als okay ist und, dass sie mich bei meinem vollen Vornamen nennt, sagt schon alles. Ich kann es ihr nicht mal verübeln. Sie ist meine beste Freundin und an ihrer Stelle wäre ich auch traurig.
Also gut, was soll's. Ewig könnte ich das alles eh nicht in mich hineinfressen. "OK Ginny, können wir uns heute, nach dem Unterricht unten am See treffen? Du weißt schon, da unter der großen Linde." Hoffnungsvoll blicke ich auf den Hinterkopf meiner besten Freundin, welche sich nun zu mir umdreht und mit, leicht nach oben gezogenen Mundwinkeln, nickt. Na bitte, wer sagt's denn. Aber ob ich mir das wirklich richtig überlegt habe?
"Dann komm jetzt Hermine, ich muss Prof. Sprout noch etwas fragen und dann gehe ich wieder, sonst komme ich zu spät zu Verwandlung. Der Gonagall traue ich zu, dass sie mich in eine Uhr verwandelt, wenn ich nicht pünktlich auf der Matte stehe. Wir sehen uns dann später!" Mit diesen Worten öffnet sie die Tür zum Gewächshaus, die wir soeben erreicht haben. Ohne noch etwas zu sagen, flitzt sie zu der pummeligen Kräuterkundelehrerin, die wie üblich ihren Flickenhut trägt, an dem etwas Erde klebt. Ich rümpfe unwillkürlich die Nase, denn mich umgibt der Geruch nach Erde und Professor Sprouts Lieblingsdünger, Drachenmist. Nach zwei Minuten winkt Ginny mir noch ein letztes Mal zu und ist in der nächsten Sekunde auch schon verschwunden. Das Einzige, was sie, beziehungsweise die Tür, die sie schwungvoll aufstößt, hinterlässt, ist ein eisiger Windstoß, der die Pflanzenblätter um mich herum zum Rascheln bringt.
Etwas Kaltes hat sich um mein Handgelenk geschlossen und sofort muss ich an gestern denken. Seine kalten Finger, die meinen Hals berührten. Doch als ich hinunter schaue, sehe ich nur ein paar langer Fühler. Ohne nachzudenken gebe ich ihnen einen Klaps. Der hat gesessen. Die Venemosa Tentacula zieht ihre Ranken zurück und ich habe wieder Ruhe. Als ich mich umdrehe sehe ich einige Tische, auf denen verteilt zwei bis drei Pflanzen stehen, die ich sogleich erkenne. Diese dunklen, kelchförmigen Blüten sind unverkennbar.
"So, verteilt euch bitte auf die Tische. Es sind genug für alle da. Nicht drängeln da hinten! Nun, wer kann mir sagen, was wir heute behandeln? Miss Granger!", ruft mich die verhutzelte Professorin, mit wissendem Blick, auf. "Das ist Belladonna.", sage ich und deute auf das kleine Gewächs vor mir. "Sie wird auch schwarze Tollkirche genannt, was an ihren schwarzen Früchten liegt. Die Essenz der Blüten wird verwendet um Amortentia, also einen Liebestrank, herzustellen. Normalerweise ist die Pflanze giftig, aber in Verbindung mit Liebstöckel verliert sie diese Wirkung. Außerdem gibt sie dem Zaubertrank diesen ganz besonderen Duft, den jeder von uns anders wahrnimmt. Schon im unverarbeiteten Zustand verströmen die Blüten einen betörenden Geruch." "Sehr gut Miss Granger, sehr gut! Nehmen sie 10 Punkte für Gryffindor." Stolz lächele ich Harry an, der mir anerkennend die Schulter tätschelt.
Als es dann soweit ist und wir uns in Dreiergruppen jeweils drei Blumentöpfen widmen, steigt mir sofort ein, nur allzu bekannter, Geruch in die Nase. Natürlich, frisch gemähtes Gras, Pergament und Pfefferminzzahnpasta. Er erinnert mich einfach so an meine Eltern und mein Zuhause bei den Muggeln. Im sechsten Schuljahr war da noch ein anderer Duft, der von Rons Shampoo. Doch nun ist dieser einem Anderen gewichen. Vorsichtig schließe ich meine Augen und atme tief ein. Ein herber Geruch nach Aftershave und ein süß- säuerlicher Duft nach grünem Apfel durchströmt mich. Natürlich weiß ich ganz genau, wem dieser zuzuordnen ist, doch nie im Leben würde ich das jemandem verraten. Um keinen allzu verträumten Eindruck zu machen, öffne ich meine Lider und wünsche mir, ich hätte sie geschlossen gehalten. Denn meinen Braunen begegnen zwei halb geschlossene, blaue Augen. Ron. Daraufhin räuspere ich mich vernehmlich. Das hat mir gerade noch gefehlt. Doch mit einem Wink meines Zauberstabes tragen Harry, Ronald und ich allesamt Gummiklemmen auf unseren Nasen, um etwas klarer denken zu können. Keine Zeit verlierend, machen wir uns an die Arbeit und pflücken die Blüten, die wir später noch zu Professor Slughorn bringen sollen, da sein Vorrat an Belladonna- Essenz zur Neige gegangen ist.
Gut eine Stunde später schallt die Klingel vom Schloss zu uns herüber und wir machen uns auf den Weg, zurück in die Schule. Das Mittagessen ruft und neben mir kann ich die rumorenden Bäuche meiner zwei Freunde hören. Doch bis zum Essen muss ich mich noch etwas gedulden. Denn Professor Sprout hat mir aufgetragen, alle gesammelten Blüten in die Kerker zu bringen, wo der Zaubertranklehrer schon auf mich warten würde.
Sehr weit komme ich jedoch nicht, denn kurz vor den Kerkern verschwimmt meine Sicht, bis ich nur noch von Schwarz umhüllt werde. Schreien kann ich auch nicht, denn eine große Hand hält mir den Mund zu, um genau das zu verhindern und ehe ich herausfinden kann, wer mich wortwörtlich verschleppt, sitze ich, mit dem Rücken an etwas Weiches gelehnt, unfähig, mich zu bewegen.
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Hi ihr Lieben, schaut unbedingt mal bei der lieben Emmamarie412 vorbei. Vor einigen Tagen hat sie angefangen, ihre Dramione- Story "Look Closer" hochzuladen und ich persönlich bin jetzt schon ein Fan davon! :D
LG und bis zum nächsten Mal, eure Chiara <3
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Wie Licht und Schatten
FanfictionZwischen Leben und Tod zu schweben kann einem ganz schön an die Substanz gehen. Wie ist es wohl, ein Teilzeitgeist zu sein? Ob die Magie da noch etwas bewirken kann? Der kleine Sam reist mithilfe eines Zeitumkehrers in die Vergangenheit, um sein Le...