Dracos Sicht
Mit zusammen gekniffenen Augenbrauen beobachte ich stumm, wie sich Hermines Augen mit jeder Zeile mehr, vor Entsetzen, weiten. Nach ein paar Sekunden wandert mein Blick jedoch zu ihren weichen Lippen, die tonlos einzelne Wortfetzen, wie 'stößt Astoria von dir', 'Schlammblüterin', 'trittst unsere letzte Ehre mit Füßen', oder 'jüngste Greengrass-Tochter heiraten oder dein blaues Wunder erleben' zitieren.
Währenddessen gesellt sich zu den schockiert aufgerissenen Augen auch noch eine ungesund blasse Gesichtsfarbe hinzu, was mir bereits jetzt schon schwer auf den Magen schlägt, auch wenn mir bewusst ist, dass das gerade einmal ein Quäntchen dessen ist, was in naher Zukunft sowohl auf sie, als auch auf mich zukommen wird.
Und schon einen Moment später sehe ich mich in meiner Vermutung bestätigt, da sie schwankend und haltsuchend ihre Nägel in meine Schulter krallt. Zischend atme ich ein, um meiner Lunge den Sauerstoff zuzuführen, den ich zuvor vor Überraschung ausgestoßen habe.
Doch lange Zeit dafür bleibt mir nicht, weil ich fast zeitgleich die zierliche Hexe vor mir an der Taille festhalten muss, um sie davor zu bewahren, auf den Boden zu stürzen.
Als ich sie sachte auf den Steinfliesen ablege, sieht es, durch ihre geschlossenen Lider, so aus, als würde sie schlafen. Wunderschön und friedlich. Nur weiß ich, dass dieser ruhebedingte Friede nicht mehr lange anhalten wird und es tut mir in der Seele weh, wenn ich mir überlege, was ich noch heute, gegen meinen Willen, tun muss.
Hermine regt sich leicht und ich streife meinen schwarzen Umhang ab. Doch gerade, als ich ihn ihr überlegen will, blinzelt sie benommen und hält meine Hände zurück.
"Nicht Draco, bei dieser Kälte holst du dir ohne Umhang den Tod!", flüstert sie gegen die Dunkelheit an.
Salazar! Vor fünf Minuten ist sie in Ohnmacht gefallen und kaum ist sie wieder bei Bewusstsein, sorgt sie sich in erster Linie um mich?! Das macht mein Vorhaben jetzt nicht wirklich einfacher. Und dennoch ist es so typisch für Hermine, dass ich mir ernsthaft überlegen muss, ob es nicht doch das Richtige ist, was ich hier tue.
Denn während ich vor einer halben Stunde noch dachte, ich begehe den schwerwiegendsten Fehler meines Lebens, tendiere ich nun zu der Ansicht, sie vor dem größten Fehler ihres Lebens zu wahren. Der Fehler, einen Feigling ins Herz zu schließen. Denn sie verdient die Sterne am Himmel, aber niemanden, der vor seiner Angst weg läuft. Anders gesehen, ich verdiene diese wunderbare, junge Frau in keiner Hinsicht und zu meiner größten Schande muss ich gestehen, dass diese Erkenntnis reichlich spät kommt.
Dennoch verleiht mir diese Aussicht, so absurd und abstoßend es auch klingt, die Kraft, meinen Plan in die Tat umzusetzen.
Ohne also auf ihre Worte einzugehen, ziehe ich mir wieder meinen Umhang über, der in diesem Augenblick das Symbol einer Rüstung einnimmt.
Ja, ich rüste mich für meine nächsten Worte, für die ich eisernen Mut brauche."Dieser Brief kam einen Tag vor dem reißerischen Zeitungsartikel an. Du kannst dir vorstellen, wie groß meine Verwunderung, aber allen voran mein Entsetzen war, als ich gesehen habe, von wem der Brief ist und was er beinhaltet. Vielleicht verstehst du jetzt auch meinen unbändigen Zorn auf Potter. Merlin, dafür könnte ich ihm heute noch den Hals umdrehen! Aus seinem Verließ, in den Tiefen Azkabans, heraus, hätte Lucius rein gar nichts gegen mich, oder besser gesagt uns in der Hand gehabt. Aber nun sieht das alles ganz anders aus."
Bei diesen Worten wechselt Hermines Blick immer wieder zwischen mir und dem, nun achtlos am Boden liegenden, Brief hin und her.
"Warum sagst du mir das alles Draco? Ja, dein Vater hat eine andere Zelle bekommen, aber er sitzt dennoch in Azkaban fest. Was ist also dein Problem?"
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Wie Licht und Schatten
FanfictionZwischen Leben und Tod zu schweben kann einem ganz schön an die Substanz gehen. Wie ist es wohl, ein Teilzeitgeist zu sein? Ob die Magie da noch etwas bewirken kann? Der kleine Sam reist mithilfe eines Zeitumkehrers in die Vergangenheit, um sein Le...