Sag die Wahrheit

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Hermines Sicht

Stöhnend reibe ich mir mit der flachen Hand über meine Schläfe. Mein Kopf pocht, als hätte ich einen Kater von mindestens drei Partys gleichzeitig. Abgesehen davon könnte man auf meiner Haut wahrscheinlich gerade Spiegeleier braten. Es ist ein Wunder, dass ich nicht vor mich hin dampfe. Meiner Meinung nach fehlt nicht mehr viel und ich mach dem Hogwarts Express gehörig Konkurrenz. 

Plötzlich wird eine Tür aufgerissen und der Lichtstrahl blendet mich völlig ohne Vorwarnung. Meine Reaktion lässt jedoch zu wünschen übrig, da ich meine Hand, auf der gerade mindestens 10 Gewichte liegen müssen, so schwer, wie sie sich anfühlt, nicht mal ansatzweise in die Nähe meiner Augen gehievt bekomme. 

Von dem gleißenden Licht hebt sich vordergründig ein dunkler Schatten ab, der, schnellen Schrittes, auf mich zu hastet. "Ms Granger, bei Merlin, ihre Temperatur ist so stark erhöht, dass schon meine Alarmzauber ausgelöst wurden. Hier trinken sie das. Ich hab es direkt heute Nachmittag bei Professor Slughorn angefordert und glücklicherweise hatte er noch einige Phiolen auf Vorrat. Sie müssen wissen, dass er das Rezept von einem bekannten Heiler aus dem St Mungo's persönlich bekommen hat. Sie kennen doch Horace' Schwäche für berühmte Hexen und Zauberer und ich muss Ihnen mitteilen, sie gehören auch dazu. Also war es nur eine Frage der Zeit, bis sich der Tränkemeister für Ihre Gesundheit einsetzt. Und voilà, da haben wir es!" 

Mit diesen Worten überreicht sie mir ein kleines Fläschchen, gefüllt mit einer leicht gelblich schimmernden Flüssigkeit. Hoffnungsvoll sitze ich, kurze Zeit später, kerzengerade im Bett, was sich als großer Fehler herausstellt. Mein Körper ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht für hastige Bewegungen ausgelegt, weshalb ich direkt mit einem starken Stechen im Kopf bestraft werde. Frustriert und erschöpft lasse ich mich also, diesmal jedoch um einiges langsamer, zurück in die Kissen gleiten.

 Die Krankenschwester setzt mir den Trank an die Lippen und kaum rinnen die ersten Tropfen durch meine staubtrockene Kehle, durchströmt eine prickelnde Kälte, die nichts unangenehmes an sich hat, meine Adern. Meine Temperatur pendelt sich kurz über dem Normalzustand ein und um die Heilung noch etwas zu unterstützen holt Mme Pomfrey eine kühle Kompresse, die sie mir auf die Stirn legt. Begierig nimmt mein Körper die Kälte auf und so konzentriere ich mich einfach auf den, merklich verschwindenden, Schmerz. 

Nachdem die Medihexe einen letzten Blick auf mich geworfen hat, geht sie zurück in ihr Büro um meinen Krankheitsverlauf zu protokollieren. Einige Minuten, sie kommen mir vor wie Stunden, starre ich mit offenen Augen an die mondbeschiene Decke des Krankenflügels. Während ich zwanghaft versuche einzuschlafen, resümiere ich noch einmal den heutigen Tag. 

Um die Mittagszeit haben mich Harry, Ron und Ginny besucht. Sie sind extra, kurz davor, noch einmal in die Küche gegangen und nachdem sie die kitzelige Birne überwunden haben, stand einer gemeinsamen Mahlzeit, dank der Elfen, nichts mehr im Weg. Meine drei Freunde mussten nur ihre Wünsche äußern und kaum haben sie auch nur einen Fuß in den Krankenflügel gesetzt, erschien, wie aus dem Nichts, ein kleiner Imbisswagen mit den verschiedensten Köstlichkeiten. 

Zu dieser Zeit half die Medizin sehr, weshalb ich guter Hoffnung war, schnell dem klinischen Geruch von Desinfektionsmitteln entfliehen zu können. Tja, mein Körper sieht das anscheinend anders, wie ich gerade am eigenen Leib zu spüren bekommen habe. 

Jedenfalls mussten mich meine drei Hauskameraden nach dem Essen leider schon wieder verlassen, da sie, im Gegenteil zu mir, der Schulpflicht nachzukommen haben. Nach mehrmaligem Eintrichtern gegenüber Ron und Harry, dass sie mir ja den verpassten Lernstoff vorbeibringen sollen, willigten sie letzten Endes, leicht protestierend, ein und verabschiedeten sich dann von mir. Dann war ich eine Weile allein, weshalb ich mir die Zeit mit Lesen vertrieb und in den Pausen immer wieder einen hoffnungsvollen Blick zur Tür warf. 

Wie Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt