Das ist kein Traum

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Sams Sicht

Auch noch Sekunden später, sitzt der Schreck tief und die Erkenntnis, wer da vor mir steht, trifft mich mit der Wucht eines Fausthiebes. Ich spüre förmlich, wie sich jegliche Farbe aus meinen Wangen verabschiedet und mir die Gesichtszüge, wie Sand, der durch die Finger rinnt, entgleisen. 

Ich habe mich heute bereits schon einmal gefragt, wie peinlich es für eine einzelne Person werden kann, aber das ist dann doch nochmal die Kirsche auf der Sahnetorte. Nein, das ist eindeutig zu nett ausgedrückt. Wohl besser die Spitze, des äußerst gezackten und bedrohlich aufragenden, Eisberges. 

Ja, das trifft es eher. Denn vor mir hat sich Hermine Granger aufgebaut und steht nun, mit, vor der Brust verschränkten, Armen, da und durchbohrt mich mit einem ihrer, mir leider nur allzu bekannten, Blicke. Es fehlt nur noch, dass Dampf aus ihren Nasenlöchern stiebt. Ja, mit dieser Frau sollte man sich niemals anlegen. 

Ehe ich mich versehe, zieht sie mich hinter das Regal, zückt ihren Zauberstab und richtet ihn drohend auf meine Brust. Okay, ich nehme alles zurück, das ist mir jetzt doch unbekannt und bis jetzt hat mir diese 'Hermine'  auch nicht gerade gefehlt. 

"W- was hast du vor?", stottere ich, mit Knien, die sich anfühlen, als bestünden sie aus Pudding, jedoch pausenlos und leicht schielend die Spitze des Zauberstabes fixierend, aus der soeben drei Funken sprühen. Einer brennt ein kleines Loch in mein T- Shirt, aber ich stehe, wie zur Salzsäule erstarrt, da und kann mich nicht vom Fleck rühren. 

Wow, ich hätte nicht gedacht, dass meine Mum einmal so wütend werden kann und am liebsten hätte ich ihr zugerufen, dass sie ihrem Sohn doch nichts antun kann, was sie, wenn sie wüsste, wer ich bin, sicher auch nicht tun würde. 

Diesen drachenähnlichen Zustand hat sie nicht einmal erreicht, als ich, in den Ferien, bei einem Freund übernachtet habe, ohne mich abzumelden. Ich kann jedem nur davon abraten! Da dachte ich nämlich schon, schlimmer geht es nicht mehr. Nun, da habe ich mich offensichtlich getäuscht. Doch anscheinend hat sie soeben selbst realisiert, dass sie zu weit gegangen ist. Mit einem einfachen Schlenker, repariert sie mein Oberteil, aber ihre Miene ist unverändert und ihren Stab ganz sinken lassen, will sie eindeutig auch nicht.

Statt meine Frage zu beantworten, murmelt die Brünette nur den 'Muffliato' und beginnt dann sofort auf mich loszugehen. "Du denkst wohl auch, du kannst dich unsichtbar machen, was?" 'Oh, wenn du wüsstest!', denke ich mir nur, aber mir bleibt keine Zeit, meine Gedankengänge auszuweiten. 

"Was soll das?!, Haben dir deine Eltern keine Manieren beigebracht? Man bespitzelt keine Leute! Was hat dich überhaupt dazu getrieben?! Denkst du wirklich, ich hätte dich vorhin nicht gesehen? Hör zu, das zwischen Draco und mir ist absolut privat und das soll auch so bleiben! Also Gnade dir Gott, wenn du auch nur irgendjemandem ein Sterbenswörtchen von dem erzählst, dessen Augenzeuge du gerade wurdest! Verstanden?!" 

"Natürlich, ich wollte es auch niemandem erzählen. Ich meine- es ist so- also, ihr saht so glücklich aus und ich konnte mich einfach nicht abwenden. Tut mir leid und ich schwöre hoch und heilig, dass ich es keiner Menschenseele sagen werde. Euer Geheimnis ist bei mir sicher und nach gestern Abend dachte ich eigentlich, wir könnten Freunde werden. Ich hab ja hier noch keine und du und Draco ward echt nett zu mir." 

"Wir sind auch glücklich!", sagt sie mit unverändertem Klang in der Stimme, ehe sie mit einem , etwas sanfteren, Ton fortfährt: "Und mir tut es auch leid, ich hätte nicht so schnell die Fassung verlieren dürfen. Tatsache ist einfach, dass niemand wissen darf, dass wir, was auch immer miteinander haben. All unsere Freundschaften und unsere Zukunft hängen am seidenen Faden, und ob er reist, oder nicht, liegt allein in deiner Hand. Ich denke, dir ist der Häuserkonflikt, besonders zwischen Gryffindor und Slytherin, nicht entgangen und deshalb ist es so unglaublich wichtig, dass du Stillschweigen bewahrst! Und übrigens, du kamst mir gestern auch ganz sympathisch vor, also können wir von mir aus Freunde werden. Wenn du bei irgendetwas Hilfe brauchst oder Probleme hast, kannst du auf mich zählen." 

Anscheinend war es wirklich nur ein Kurzschluss, denn jetzt ziert ein, fast schon liebevolles, Lächeln ihr Gesicht, dass ich unbewusst sofort erwidere.

Doch dann zieht sich eine tiefe Sorgenfalte über meine Stirn, denn erst jetzt, sickert das Gesagte zu mir durch. '- dass wir, was auch immer, miteinander haben.', hat sie gesagt. Aber das würde ja bedeuten- nein, das kann nicht sein! Hermine müsste doch bald schwanger werden und sie ist auf keinen Fall der Typ für eine kurze Affäre ohne ernste Hintergründe und sie würde auch nie, nach höchstens einem Monat Beziehung, ein Kind zeugen wollen. Da bin ich mir zu hundert Prozent sicher.

Meine zukünftige Mum, jedenfalls hoffe ich das, muss meine Stimmungskehrtwende bemerkt haben, denn sie zieht mich zu der kleinen Sitzgelegenheit, nahe den deckenhohen Fenstern, und fragt mich: "Was bedrückt dich, Sam? Raus mit der Sprache!" 

Für einen Moment bin ich einfach nur sprachlos, aber die junge Frau lässt mir alle Zeit der Welt und mustert mich nur teils neugierig, teils besorgt. Nachdem ich diese, neu gewonnene Erkenntnis, weitestgehend verdaut habe, finde ich zitternd meine Sprache wieder. 

"Ihr seid also nicht zusammen? Ihr wirktet doch so vertraut vorhin und-" "Hör zu Kleiner, das ist nicht so einfach. Draco ist verlobt-" Nun bin ich es, der sie unterbricht. "Er ist was?!" Hermine lässt sich von mir jedoch nicht mundtot machen. 

"Ja, du hast schon richtig gehört. Er ist verlobt." Oh Mann, wenn das so weitergeht, müssen die mich noch ins 'Mungo's einliefern, weil lange verkraftet mein kleines Herz das alles nicht mehr. 

"Mit wem?", flüstere ich kaum hörbar und mache mich auf das Schlimmste gefasst. "Mit Astoria Greengrass. Sie ist eine Reinblüterin.", sagt sie, als wäre damit alles geklärt. Und in diesem Moment bricht eine Welt für mich zusammen. Wie soll ich es denn bitte schaffen, gegen uralte, traditionelle und am aller schwierigsten, auch noch reinblütige Bände vorzugehen, die durch so starke Magie zusammengehalten werden?! 

Unmöglich und als würde mein Körper diese unsichtbare Bedrohung spüren, beginnen meine Finger, und dieses Mal sogar meine Zehen unangenehm zu kribbeln. Schnell, um keine lästigen Fragen beantworten zu müssen, renne ich aus der Bibliothek, wofür ich mir noch einen tadelnden Blick von der reizbaren, geierartigen Bibliothekarin einfange. In einem abgelegenen, verlassenen Klassenzimmer lehne ich mich nach vorn und stütze meine Hände auf meinen Knien ab, um mich zu beruhigen und durchzuatmen. 

Doch als ich über meine Knie hinwegsehe und erkenne, dass meine Füße fast gänzlich verschwunden sind, weiß ich, dass ich in einem Alptraum ohne Erwachen festsitze. Denn mein Körper spricht Bände.

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Hallo ihr Lieben, erst einmal, wow! Vielen Dank für über 2000 Reads! Ich kann es gar nicht fassen und ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich ich bin :)

Nun ja, Kapitel 55, was soll ich sagen? Sam befindet sich in einer sehr komplizierten Situation... Ob er seine Mission trotz dessen erfüllen kann? Ihr werdet es ja noch herausfinden ;D

Bis zum nächsten Mal, eure Chiara <3

Wie Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt