Herz über Kopf

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Astorias Sicht

Mit einem lauten Scheppern fliegt die Krankenflügeltür auf und eine wütende Schulleiterin kommt auf uns zu gerauscht. 

Vor reichlich zehn Minuten hat mich Draco auf eins der Betten gleiten lassen. Die Medihexe kam sofort auf uns zu und war, ihrem Blick nach zu urteilen, geschockt, auch die Gryffindor wieder zu sehen. Ich habe von ihrer Blutvergiftung gehört, sowas macht in Hogwarts schließlich immer schnell die Runde. Dennoch, wenn ich daran denke, was sie mir angetan hat, hält sich mein Mitleid ziemlich in Grenzen. 

Umso besorgter war jedoch Mme Pomfrey. Gut, ich muss zugeben, mit jedem Schritt, den wir, bzw. Draco und Granger, ich wurde ja getragen, in Richtung Krankenstation setzten, ähnelte die junge Frau mehr und mehr einem Schluck Wasser auf Beinen. Somit wurde auch sie, kaum, dass wir angekommen sind, direkt in die Kissen gedrückt und bekam die doppelte Menge an Medikamenten, von meinen. Muss ja anscheinend wirklich etwas Ernstes sein. 

Eine Sorgenfalte zieht sich über meine Stirn. Ich habe die Beherrschung verloren. So weit hätte es niemals kommen dürfen und nun muss ich endlos nachsitzen. Und Draco? Der hat sein Gesicht in den Händen vergraben und stütz sich mit den Ellbogen auf meiner Matratze ab. Auch er sieht ziemlich übernächtigt aus, wenn ich ihn mir in diesem Licht einmal genauer ansehe. Sein Gesicht ist von Sorgenfalten zerfurcht und auch die platinblonden Haare, die an manchen Stellen fast schon weiß schimmern, verleihen ihm das Aussehen eines alten Mannes. 

Was er in den letzten Jahren alles durchmachen musste, ist für mich unvorstellbar. Umso glücklicher war ich für ihn, als er vor Weihnachten endlich mit seiner Vergangenheit abschließen konnte. Damals sah er so glücklich und unbeschwert aus und der darauffolgende Urlaub hat dieses Bild nur noch weiter verstärkt, sodass er immer mehr einem beschwingten Schuljungen glich. Von den dunklen Schatten unter seinen Augen und den eingefallenen Wangen war nichts mehr zu sehen. Die Ruhe tat ihm wirklich gut. 

Doch nun ist von dieser Sorglosigkeit nicht mehr viel übrig. Stattdessen ist sie wieder der kalten Maske von früher gewichen. Es zerreißt mir das Herz ihn so unglücklich zu sehen. Mein einziger Wunsch war und ist, dass mein Verlobter glücklich an meiner Seite ist. Ja, mein Verlobter. Aber ist er das überhaupt noch? Rein theoretisch gesehen schon und dennoch sehe ich, dass sich sein Herz zu einer anderen hingezogen fühlt. 

Diese Gryffindor raubt mir immer mehr von meinem zukünftigen Gatten und wenn ich nicht bald etwas unternehme, verliere ich Draco für immer. Damit meine ich keineswegs Gewalt, nein, die habe ich schon zu viel und vor allem zu unrecht eingesetzt. Ich muss Draco dazu bringen, sich wieder in mich zu verlieben und diese Gryffindor zu vergessen. 

Wir sind einander versprochen und ich will keine Zukunft haben, in der ich jeden Morgen aufwache, mit einem Mann an meiner Seite, der mich nicht liebt, sondern eine Andere begehrt. Ich will mein Ehebett nicht mit jemandem teilen, der mich tagtäglich hintergeht und betrügt, weil er mich zwar an seiner Seite duldet, aber nicht als Geliebte wahrnimmt, sondern als Mittel zum Zweck. 

Schon von Anfang an habe ich nie verstanden, warum unsere Eltern immer noch an diesen konservativen Gepflogenheiten festhalten und ihre Kinder zwangsverheiraten. Der Krieg ist vorbei. Ein Krieg in dem Tradition auf Moderne traf. Dennoch, allein die Tatsache, dass wir uns lieben oder zumindest geliebt haben, war ein glücklicher Zufall. Doch wenn dieser fehlt, und das tut er zur Zeit, bricht alles zusammen. Dieser Wahn des reinen Blutes, dass reinblütige Hexen und Zauberer mehr wert sind, als Muggelgeborene, ist veraltet. Und trotzdem halten unsere Eltern an diesen überholten Denkweisen fest. 

Sind wir denn wirklich wertvoller? Nein, sind wir nicht und genau das hat Draco erkannt. Mittlerweile bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass er selbst noch so denken würde, wenn er keine Gefühle für die Löwin hegen würde. Mit dem Abschluss seiner Vergangenheit, hat er auch dieses traditionelle und zutiefst falsche Denken zurück gelassen. 

Wie Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt