Dracos Sicht
Das gefrorene Gras knirscht etwas unter unseren Füßen, als meine Mannschaft und ich uns auf den Weg in die Umkleiden machen. Trotz der Kälte scheint die Sonne und es ist recht windstill. Perfekte Bedingungen für Quidditch. Wenn ich in mich hineinhorche, muss ich feststellen, dass ich aufgeregter bin, als ich mir eingestehen will. Das ist das erste Spiel seit Langem. In meinem sechsten Schuljahr musste ich mich auf die, mir von Voldemort erteilte Aufgabe, konzentrieren und wenn dann einmal die ganze Schule leer war, hatte ich genug Zeit und Freiraum genau dem nachzugehen. Damals habe ich Harper bestochen, dass er für mich den Sucher spielt. Dieses Jahr bin ich, zu meiner größten Überraschung, nicht nur zum Schulsprecher, sondern auch noch zum Kapitän der Slytherin Quidditch- Mannschaft ernannt worden.
In einigen Trainingsstunden habe ich mein Team stärker auf die Probe gestellt, als je zuvor und ich muss zugeben, es hat sich gelohnt. Wir sind verdammt gut geworden und haben jetzt eine echte Chance auf den Pokal, und das sogar ohne Schummeln. Das habe ich allen Teammitgliedern eingetrichtert. Ja, kaum zu glauben, aber ich will ein faires Spiel sehen. Die Zeiten des Schummelns sind vorbei und nun möchte ich allen beweisen, dass auch Schüler aus dem Haus der Schlange etwas drauf haben.
"Also, zieht euch um. Wir treffen uns dann in fünf Minuten wieder hier, um uns einzufliegen, verstanden?", richte ich mich an meine sechs Kameraden. Gesagt, getan. Pünktlich stehen alle auf dem Quidditch- Feld. Nach dem Frühstück sind wir extra früher gegangen, um uns aufzuwärmen. Ja, das Frühstück. Der Häuserkrieg war nicht zu übersehen, geschweige denn zu überhören. Kaum hatten wir einen Fuß in die große Halle gesetzt, wurden wir auch schon mit lauten Buhrufen empfangen und ich musste mich stark zusammenreißen um nicht irgendetwas Unüberlegtes zu tun. Doch jetzt zieht mich die kalte Luft zurück ins Hier und Jetzt und ich atme zwei- dreimal tief ein und aus. "Ok, besteigt die Besen. Ein paar Runden um den Platz sollten genügen. Es wäre doch gelacht, wenn wir nach unseren Trainingseinheiten verlieren!" Ich schaue in die Runde und mir begegnen sechs Gesichter, die vor Enthusiasmus nur so strotzen.
Kurze Zeit später schließen sich uns auch die Gryffindorspieler an. Die Anspannung zwischen den zwei Teams ist unleugbar. Gegenseitig werden sich gehässige Sprüche an den Kopf geworfen, aber Gewalt bleibt aus. Zum Glück, und hoffentlich bleibt das auch so. Die Zuschauertribünen haben sich mittlerweile bis zur obersten Reihe gefüllt und bilden so ein Meer aus Rot, Gelb, Grün und Blau.
Da kommt Mme Hooch, mit einer Kiste unter dem Arm auf uns zu. Sie fordert uns auf, die Besen zu besteigen und auf einen gellenden Pfiff hin, stoßen sich, mich eingeschlossen, 14 Spieler gleichzeitig vom harten Boden ab und schießen hoch in die Luft. Die Bälle werden freigelassen und das Spiel beginnt.
Plötzlich zerreißt ein Gebrüll die Luft. Als ich erschrocken auf die Zuschauermenge hinunterblicke, erkenne ich diese Lovegood- Tante mit ihrem lächerlichen Löwenhut, dessen Geräusche, durch das magische Megafon verstärkt, das ganze Feld einnehmen. Viele Schüler tuscheln hinter vorgehaltener Hand. Die blonde Ravenclaw lässt sich davon jedoch nicht beirren und beginnt, mit verträumter Stimme, das Spiel zu kommentieren. Welcher Trottel hat denn bitte beschlossen, ihr, wohlgemerkt schon zum zweiten Mal, diesen Job zu geben?!
In ihrer Nähe zieht etwas Anderes meine Aufmerksamkeit auf sich. Nicht weit vom Podest des Spielkommentators entfernt, sehe ich einen buschigen Haarschopf und zwei große, braune Augen, die mich mit ihrem Blick förmlich bannen. Mein Herz macht einen Aussetzer. Nein, bloß jetzt nicht! 'Konzentrier dich Malfoy!'.
"Und da ist Peakes, nein Coote, nein doch Peakes. Er hat den Quaffel . Oh, jetzt wurde er ihm von Parkinson abgenommen. Das ist wohl das Erste Mal, dass ein Mädchen bei den Slytherins mitspielt. Das liegt wahrscheinlich an ihrer Beziehung zu dem Hüter Bletchley, obwohl ich ja immer finde, dass Zabini viel besser zu ihr passen würde." "Miss Lovegood, Sie werden nicht dafür bezahlt, Beziehungen zu bewerten! Konzentrieren Sie sich gefälligst auf das Spiel!", erklingt MgGonagalls wütende Stimme. Ich verkneife mir ein Grinsen und drehe hoch über den anderen meine Runden, um nach dem Schnatz Ausschau zu halten.
Es stimmt, Pansy ist das erste Mädchen überhaupt in der Quidditch- Mannschaft von Slytherin. Anfang des Schuljahres haben sich ihre Interessen etwas gewandelt und so habe ich es auf einen Versuch ankommen lassen. Ich muss sagen, als Jägerin ist sie sehr gut und ein grün- silberner Quidditch- Umhang und ein Quaffel in der Hand stehen ihr viel besser, als Schminke und irgendwelche Klatschzeitschriften. Auf der anderen Feldhälfte sehe ich Potter. Diesmal muss ich es einfach schaffen. Es wäre eine zu große Demütigung, wenn ich schon wieder gegen das Narbengesicht verlieren würde.
"Robble, oder Robben-" "Sie heißt Robins!" "Genau, Robins hat den Ausgleich geschafft. Es steht nun 20:20." Ok, noch ist nichts verloren. "Verteilt euch!", rufe ich den Jägern Urquhart, Vaisey und Parkinson zu, bevor ich mich auf meinem Besen nach vorn lehne und gerade noch einem Klatscher ausweichen kann. Coote kommt mit hochrotem Kopf und schwingendem Schläger an mir vorbei geflogen. Doch ich werfe ihm nur einen verächtlichen Blick zu.
"Und da muss sich Ron Weasley beweisen, er ist unser King! Gerade fliegt dieser eine Jäger der Slytherins auf ihn zu, ich habe seinen Namen vergessen, und es sieht so aus, als ob er blufft." Tatsächlich, während die Menge, auf Lunis Worte hin den alten Hit wieder rauskramt, täuscht Vaisey vor, auf den linken Torring zu schießen, doch als er schießt, fliegt Ron nach rechts und fängt den hellroten Lederball mit den Fingerspitzen ab.
"Ja, wer hätte gedacht, dass Ronald einmal so gut wird. Seht ihr die Wolke da oben? Sie sieht fast so aus, wie sein Kopf!" "Miss Lovegood, ich muss Sie doch bitten!" McGonagall scheint allmählich die Beherrschung zu verlieren. Potty und ich fliegen immer noch im konstanten Abstand zueinander um das Feld herum. Vom Schnatz noch keine Spur.
"80:60 für Gryffindor!", brüllt die alte Lehrerin durch das Megafon, das sie soeben der völlig perplexen Blondine entrissen hat. Diese findet das Spiel offensichtlich uninteressant, denn sie beginnt, über die Wolken, die den verschiedensten Leuten und Zauberwesen ähneln, von denen noch kein Schwein gehört hat, zu philosophieren. Außerdem lässt sie sich über Pansys Beziehung aus und überlegt, ob der Treiber Derrick, der pausenlos von Niesanfällen geschüttelt wird, vielleicht einen Schlickschlupf eingeatmet hat. So eine Verrückte.
Als es bereits 120:110 für Gryffindor steht, sehe ich ihn plötzlich. Den kleinen, goldenen Ball. Er schwirrt auf der anderen Seite um einen der Gryffindor- Torpfosten herum. Das Herz rutscht mir in die Hose. Potter ist viel näher dran, aber er scheint ihn noch nicht gesehen zu haben. Unauffällig fliege ich weiter. Nach der Hälfte des Weges gehe ich in einen steilen Sinkflug über. Jetzt wird auch der Schwarzhaarige auf den Schnatz aufmerksam. Wir liefern uns ein Kopf- an- Kopf- Rennen. Mit verbissenen Gesichtern, verlangen wir noch einmal alles von unseren Besen. Potter ist eine Armlänge vor mir und als er nur noch wenige Zentimeter von dem schimmernden Ball entfernt ist, weiß ich, dass es aussichtslos ist.
Doch aus irgendeinem Grund tastet er ins Leere und fliegt an dem Ball vorbei. Nun strecke ich mich auf meinem Besen noch etwas weiter und fische den Schnatz aus der Luft. Dieser schlägt mit seinen kleinen Flügeln gegen die Innenseite meiner Hand, doch er hat keine Chance. Stolz stoße ich meine Faust in die Luft und das Geschrei, Getrampel und Geklatsche der Slytherinanhänger übertönt die Buhrufe der anderen Häuser und beinahe auch die Verkündung McGonagalls: "Es steht nun 260:120. Slytherin gewinnt das Spiel! "Doch mehr höre ich nicht, denn von der Seite nähert sich mir ein verdächtig zischender Gegenstand und bevor ich meinen Kopf drehen kann, trifft mich mit voller Wucht ein Klatscher und ich gleite ohnmächtig von meinem Besen herunter.
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Wie Licht und Schatten
FanfictionZwischen Leben und Tod zu schweben kann einem ganz schön an die Substanz gehen. Wie ist es wohl, ein Teilzeitgeist zu sein? Ob die Magie da noch etwas bewirken kann? Der kleine Sam reist mithilfe eines Zeitumkehrers in die Vergangenheit, um sein Le...