Lasst das Spiel beginnen

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Sams Sicht

Mit einem unsanften Aufprall lande ich auf der harten Erde. Es dauert einen Moment, bis ich mich zurecht finde, doch nach kurzer Zeit erkenne ich die Umgebung. Ich bin in der Nähe eines Waldes gelandet und ein nahes, kleines Schild, mit der Aufschrift 'Forest of Dean', dass von einer einzelnen Straßenlaterne beleuchtet wird, sagt mir, dass ich genau da stehe, wo später das Haus meiner Familie gebaut werden wird. 

Doch jetzt besuchen meine Eltern noch Hogwarts und ich frage mich, wie ich dort hin kommen soll, da ich meine Apparierprüfung noch längst nicht abgelegt habe. Unsicher und mit, in mir, aufkeimender Panik, sehe ich mich um und ziehe die Miniausgabe meines Rucksackes, der schon seit Tagen, mit den wichtigsten Sachen befüllt, unter meinem Bett lag, aus meiner Hemdtasche. Als hätte ich es geahnt, habe ich ihn heute Abend, in weiser Voraussicht, noch einmal überprüft und anschließend verkleinert und eingesteckt. Mit einem Schlenker meines Zauberstabes vergrößere ich ihn, bis er wieder seine ursprüngliche Größe erreicht hat, um ihn letzten Endes zufrieden zu schultern.

Doch bevor ich mir den zweiten Riemen über die Schulter werfen kann, meldet sich ein maunzender Kniesel zu Wort, der, wie mir jetzt erst auffällt, die ganze Zeit schon unruhig auf und ab tigert und mich aus vorwurfsvollen Bernsteinaugen anstarrt. 

Ich kenne Aquila und weiß ganz genau, was er will. Also nehme ich meinen Rucksack wieder ab und stelle ihn auf den Boden, wo ich ihn weit genug öffne, sodass das treue Tier hineinschlüpfen kann. 

Das Gepäckstück wackelt einmal heftig und einige Bücher, ganz unten, sind, den Geräuschen nach zu urteilen, soeben umgekippt. Obenauf liegen jedoch meine Klamotten, auf denen es sich mein Kniesel gerade gemütlich macht. Kaum hat er sich in seinem 'Nest' aus Stoffschichten verbuddelt, ist er auch schon eingedöst. So schließe ich meinen Rucksack wieder, bis auf einen schmalen Spalt, durch den unentwegt Sauerstoff gelangen kann. 

Dann hebe ich erneut meinen Zauberstab, um mir etwas Licht zu zaubern, doch mein Plan wird vereitelt. Das liegt daran, dass ich im nächsten Augenblick zurück hechten muss, denn kaum habe ich das dünne Holz, in meiner Hand, erhoben, ertönt ein ohrenbetäubender Knall und nur Sekunden später, hält an der Stelle, an der ich soeben noch stand, mit quietschenden Reifen, ein purpurfarbener Dreidecker-Bus an. Goldene Lettern über der Windschutzscheibe verkünden: 'Der Fahrende Ritter'. 

Ein junger Mann, mit weit abstehenden Ohren, einem pickligen Gesicht und einer, zum Bus passenden, Uniform, springt heraus und, ohne mir die Chance zu geben, etwas zu sagen, rattert er lauthals seinen, auswendig gelernten, Text herunter. 

"Willkommen im fahrenden Ritter, dem Nottransporter für gestrandete Hexen und Zauberer. Strecken Sie einfach die Zauberstabhand aus, steigen Sie ein und wir fahren Sie, wohin Sie wollen. Mein Name ist Stan Shunpike und ich bin für heute Abend Ihr Schaffner!" 

Mit offenem Mund, starre ich in das runde Gesicht meines Gegenübers, dass unter seiner Schaffnerkappe hervorlugt. "Was starrst du denn so? Nun steig endlich ein und sag mir, wo du hin willst!" "Nach Hogsmeade, wie viel würde das kosten?", frage ich unsicher und versenke meinen Arm, fast bis zur Achselhöhle, in meinem Rucksack, wobei ich mehrmals auf ein kleines Fellpüschel stoße, das sich unter meiner Berührung räkelt. 

Platz hat er ja. Umso besser für ihn, umso schlechter für mich. Wie soll man zwischen all dem Gerümpel aber auch etwas finden?! Ah, da! Tja, so ist das eben mit dem unaufspürbaren Ausdehnungszauber. 

"11 Sickel.", sagt Stan. "Aber für 13 kriegst du heiße Schokolade und für 15 'ne Flasche warmes Wasser und 'ne Zahnbürste in der Farbe deiner Wahl!" 

Ich zähle ein paar Silbermünzen in die Hand des jungen Mannes, der mir daraufhin ein kleines Ticket überreicht und mich zu einem, der hinteren Betten führt. Wohlwissend habe ich die einfache Fahrt ohne jegliches Brimborium gewählt, für eine dampfend heiße Schokolade hätte ich jetzt sowieso keine Nerven und ohnehin frage ich mich, wieviel davon, nach der rasanten Anfahrt des fahrenden Ritters, noch bei mir angekommen wäre. 

Wie Licht und SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt