Hermines Sicht
Der eisige Wind zieht an meiner Kleidung, als wolle er sie mir vom Leib reißen. Ginny und ich haben uns unsere Kapuzen und Schals so tief ins Gesicht gezogen, dass nur noch unsere, schützend zusammengekniffenen, Augen herausschauen. Spätestens jetzt kann keiner mehr bestreiten, dass der Herbst ins Land eingezogen ist. Trotz des Wetters hat sich Ginny, seitdem sie den Aushang am schwarzen Brett gelesen hat, nicht davon abbringen lassen, nach Hogsmeade zu gehen. Mit dem Kommentar 'Das wird dich von diesem Theater mit der Greengrass-Schrulle ablenken!', schleift sie mich nun schon seit einer Viertelstunde die Straße ins Dorf entlang.Nach der Tanzstunde ging es mir, wie zu erwarten war, richtig dreckig. Ginny hat mich in meiner Lieblingsecke, in der Bibliothek gefunden. Doch selbst ein Buch hat mich nicht von meinen Sorgen ablenken können. Wieder und wieder versuchte ich die Wörter, die dort geschrieben waren zu verinnerlichen und zu verstehen, aber ich musste fortan nur an Draco denken, sodass ich nicht nur einmal dazu gezwungen war, die Seite noch mal von vorn zu lesen.
Astorias Worte haben mich zutiefst ins Herz getroffen und bohrten sich messerartig in jeden Nerv meines Körpers. Dieser Tanz hat sich, auch wenn ich das Gegenteil behauptete, einfach nur perfekt angefühlt. Doch das durfte es nicht und da hatte Greengrass auch jedes Recht auszurasten. Mir ging es ja damals mit Lavender und Ron genau so. Auch Ginny hat mir immer wieder merkwürdige Seitenblicke zugeworfen, als sie gesehen hat, wie vertraut der Slytherin und ich miteinander umgingen. Doch glücklicherweise hat sie das Thema nicht angesprochen. Noch nicht jedenfalls.
Erst jetzt fällt mir ein, dass ich vor der Bibliothek Winky über den Weg gelaufen bin. Sie hat mich so liebevoll getröstet, weshalb ich mir, direkt nach unserem Treffen, fest vornahm, ihr etwas Kleines aus dem Zaubererdorf mitzunehmen, als Dankeschön versteht sich.
"Ginny?" Ich ziehe meine beste Freundin am Ärmel. "Würdest du mir helfen, etwas Kleines für Winky zu finden?" Die Rothaarige nickt und sagt: "Klaro, lass uns aber bitte erst in die drei Besen gehen, wo wir uns aufwärmen können. Hier draußen friert man sich ja noch den Hintern ab!" Also gehen wir zielsicher auf die Tür des Gasthauses zu und als wir den Schankraum betreten, schlägt uns eine warme Wand entgegen. An einem Tisch entdecke ich Harry und Ron und auch Ginny muss sie gesehen haben, denn sie bewegt sich schon, wie selbstverständlich, auf ihren Tisch zu.
Ich zögere. Ist das wirklich eine gute Idee? Die zwei Jungs haben sich schließlich nicht grundlos von uns distanziert. Ron und mich kann man leider immer noch nicht aufeinander loslassen. Als hätte Ginny meine Gedanken gelesen, dreht sie sich zu mir um. "Na komm schon. Du musst dich ja nicht neben ihn setzen. Bitte, ich will doch zu Harry!", nörgelt meine Freundin und zieht mich am Arm zu den Jungs. Der Weasley-Junge funkelt mich böse an und, nicht ohne seinen Blick zu erwidern, setze ich mich neben Ginny.
Kaum hat uns Harry, aus einer Anwandlung von Ritterlichkeit heraus, zwei Butterbiere spendiert, melde ich mich auch schon zu Wort. "Bin mal eben kurz weg, ich muss auf die Toilette, bis gleich!" Langsam gehe ich ganz hinter, wo mich eine kleine Treppe, zu meinem Ziel führt. Auf dem halben Weg laufe ich plötzlich in einen Jungen hinein und als ich hoch in sein Gesicht schaue, schwanke ich. Kurz bevor ich die Stufen hinunterfalle, umschließen seine starken Hände meine Oberarme und geben mir so Halt. Als ich wieder fest auf eigenen Beinen stehe, bedenkt mich Malfoy mit einem letzten Blick, den ich nicht so recht deuten kann und verschwindet so schnell wieder, wie er gekommen ist.
Ginny hat gerade ihren letzten Schluck, des warmen Getränkes hinunter gekippt, da erinnere ich sie daran, dass sie mit mir noch etwas für Winky besorgen wollte. Ginny, die anscheinend, nicht von Harry weg will und gleich gar nicht zurück in die Kälte, antwortet: "Ach Mine, nimm ihr doch einfach eine Flasche Butterbier mit, das wird sie schon glücklich machen." Empört drehe ich mich zu meiner Freundin. "Das werde ich garantiert nicht tun! Du hast sie in unserem vierten Schuljahr nicht gesehen. Butterbier wirkt bei Elfen anders als bei uns und ihr ging es damit ganz und gar nicht gut. Vielleicht finden wir ja etwas nettes zum Anziehen." Ich verabschiede mich von meinem besten Freund, würdige den Ginger jedoch keines Blickes. Auf ein hasserfülltes "Pah, Belfer!", von Ron, verlasse ich, gefolgt von Ginny, den Pub. Auf dem Weg zur Tür entdecke ich einen weißblonden Schopf. Ich könnte schwören, dass er mich bis eben noch aus seinen grauen Augen heraus gemustert hat, aber als ich in seine Richtung schaue, unterhält er sich angeregt mit Blaise.
In 'Besenknechts Sonntagsstaat' werde ich schließlich fündig und kaufe Winky drei paar verschiedene Socken. Da ich festgestellt habe, dass die kleine Elfe Dobby ähnlicher ist, als gedacht, bin ich der Meinung, das sollte ihr gefallen. Nach einem Abstecher in Zonkos, den Honigtopf und Schreiberlings Federladen, ich brauche neue Tinte, machen sich meine Freundin und ich auf den Weg, zurück nach Hogwarts. Wir haben soeben das Dorf verlassen, als mich Ginny zurückhält. "Da fällt mir ein, in drei Tagen ist Halloween. Wir haben noch gar nichts zum Anziehen!"
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Wie Licht und Schatten
FanfictionZwischen Leben und Tod zu schweben kann einem ganz schön an die Substanz gehen. Wie ist es wohl, ein Teilzeitgeist zu sein? Ob die Magie da noch etwas bewirken kann? Der kleine Sam reist mithilfe eines Zeitumkehrers in die Vergangenheit, um sein Le...