Hermines Sicht
Artig schlucke ich meine letzten Tränke, die nur mehr schlecht als recht den Weg in meinen Magen finden. Tja, leider hilft das leckere Zeug meistens nicht und so muss ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Allerdings ist die bittere Medizin nur die Hälfte allen Übels. Da gibt es noch etwas und ich muss zugeben, wenn ich nur daran denke kommt mir schon die Galle hoch. Ich habe tatsächlich die Greengrass verteidigt.
An sich weiß ich, dass ich das Richtige getan habe, schließlich wollte sie mich wirklich nicht verletzen. Abgesehen davon hätte ihr Rauswurf nicht gerade zur Schlichtung des ewigen Häuserkrieges beigetragen. Ich bin den ewigen Hass zwischen Gryffindor und Slytherin langsam leid, aber statt, nach dem Krieg, Frieden zu schließen, machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben.
Einige mögen vielleicht behaupten, dass sich die Lage entspannt habe, weil wir uns nicht mehr gegenseitig an die Gurgel springen und ja, es ist ein Anfang, aber noch lange nicht alles. Nur scheint keiner die nötige Motivation aufzubringen, aktiv dagegen vorzugehen. Natürlich nicht, es ist ja auch viel bequemer, bei den alteingesessenen Gewohnheiten zu bleiben. Wozu sollte man auch über seinen Schatten springen und einen Neuanfang starten, wenn das doch bedeuten würde, mit seinem jahrelangen Feind, Frieden zu schließen? Ich verstehe diese Menschen einfach nicht. Dabei ist Bequemlichkeit nichts weiter, als der natürliche Feind von Erfolg. Der Erfolg, veraltete Gepflogenheiten in den Schatten zu stellen. Liebend gerne würde ich behaupten, dass andere, ältere Hexen und Zauberer uns Jungen, als gutes Beispiel vorausgehen. Doch das wäre gelogen.
Frustriert knalle ich die leere Phiole auf den Nachtisch, woraufhin diese, unter leisem Klirren, zerbricht. "Autsch! Verdammt!" Einer der scharfkantigen Glassplitter hat sich durch meine Haut gebohrt und einen feinen Schnitt hinterlassen, aus dem nun ein paar Blutstropfen hervorquellen. Blut. Das ist es, worum es geht. Das ist es, womit alles anfing, weshalb alles anfing.
Die Engstirnigkeit der Menschen entzweite die magische Bevölkerung auf brutalste Weise und führte, zu allem Übel nicht nur zu einem, nein, sondern gleich zu zwei Kriegen.
Gedankenversunken streiche ich über die blasse Narbe an meiner Kehle. 'Schlammblut', hallt mir immer wieder und wieder durch den Kopf, wenn ich daran denke, wie Bellatrix die Klinge ihres Messer, oberhalb meines Kehlkopfes in die empfindliche, dünne Haut drückte. Das ist es, was ich bin. Ein wertloses Schlammblut. Deshalb wurde ich im Malfoy Manor von der irren Lestrange als erste rausgepickt. Schlicht und ergreifend, weil meine Eltern Muggel sind. Weil , laut den Magiern, die die Einstellung meiner Peinigerin teilen, dreckiges Blut durch meine Adern fließt und ich eine Muggel bin, die es nicht wert ist, einen Zauberstab zu tragen. 'Magie ist Macht' und rechtfertig ganz offensichtlich mehr, als die Grenzen der Menschlichkeit zulassen.
Nein, diese Zeiten sind vorbei, endgültig. Doch warum kann ich dann nicht frei sein? Warum sitze ich wie ein Vogel in einem Käfig fest? Ein Käfig mit vergoldeten Gitterstäben, durchaus, aber immer noch ein Gefängnis. Wie sehr ich diese Ketten, um mein Herz, verabscheue.
Ich habe mein Leben dafür riskiert, dass niemand mehr in Gefangenschaft leben muss. Ich habe mich, als das, was ich bin, ein Schlammblut, an Harrys Seite gestellt und mit allen Mitteln dafür gekämpft Voldemort zu besiegen. Und wir haben es geschafft. Nach alldem kann ich ohne schlechtes Gewissen behaupten: 'Ja, ich bin ein Schlammblut. Aber es gibt nichts, worauf ich stolzer sein könnte, als auf die Tatsache, eine muggelgeborene Hexe zu sein. Eine Hexe, die stets für das Recht gekämpft hat, um den Menschen die Augen zu öffnen und endlich dazu zu bringen, sich selbst keine Steine mehr in den Weg zu legen.'
Und nun, denke ich, und ein bitteres Lächeln stielt sich auf meine ernsten Züge. Ja, nun ist der Krieg vorbei und was haben wir gelernt? Nichts. Oder würde es sonst noch Zwangshochzeiten geben? Würden Slytherin und Gryffindor weiterhin in gegenseitiger Abneigung leben? Nein, das würden sie nicht. Und das Traurige an der Sache ist, dass selbst ein alter, von Flicken übersäter, Zauberer-Spitzhut mehr gelernt hat, als einige Menschen.
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Wie Licht und Schatten
FanfictionZwischen Leben und Tod zu schweben kann einem ganz schön an die Substanz gehen. Wie ist es wohl, ein Teilzeitgeist zu sein? Ob die Magie da noch etwas bewirken kann? Der kleine Sam reist mithilfe eines Zeitumkehrers in die Vergangenheit, um sein Le...