Die Zeit bleibt nicht stehen

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Hermines Sicht

Mit, vor Aufregung und Vorfreude, zitternden Händen entfalte ich das kleine Stück Pergament. Die Nachricht darauf ist kurz, aber prägnant. Und doch muss ich sie zweimal lesen, bis die Worte zu mir durchdringen.

Komm heute Abend um 19:00 Uhr hoch auf den Astronomieturm!  Ich werde dich erwarten. 

D.M.

Mein kleines Herz macht einen freudigen Hüpfer. Wenn ich es richtig sehe, und eigentlich gibt es nichts an dieser Botschaft, das nicht eindeutig ist, habe ich noch heute Abend ein Date mit Draco!

Sofort erobert die Wärme, die mir in letzter Zeit so fehlte, meinen Körper und allen voran mein Herz zurück. Der Heilungsprozess ist förmlich zu spüren. Um 19:00 wird nichts mehr von dem klaffenden Loch übrig sein, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher.

"Ms Granger, bitte beeilen Sie sich! Sie sind die Letzte und ich würde gerne zuschließen!", dringt die strenge Stimme meiner Arithmantik-Lehrerin an meine Ohren.

Aus meiner Trance gerissen, schrecke ich auf, werfe mir meine Schultasche über die Schulter und haste, Dracos Zettel fest an die Brust gedrückt, aus dem Klassenzimmer.

Auf dem Gang, stelle ich, nach einem kurzen Blick auf die Uhr, fest, dass mir nur noch knapp vier Minuten bleiben, um von hier zum Verteidigung-gegen-die-dunklen-Künste-Zimmer zu kommen. Ich bin doch heute schonmal fast zu spät gekommen! Reicht dieses eine Mal nicht aus?! Oh Mann, Pugna wird mich höchst persönlich umbringen!

Und als hätte ich es geahnt, klingelt es gerade in dem Moment, als ich in den richtigen Gang einbiege. Mein Lehrer, der gerade die Tür schließen will, wirft mir einen Blick zu, der der guten alten Gonni gehörig Konkurrenz macht und sicher tödlich wäre, insofern Blicke töten könnten. 

Hastig nuschele ich ihm eine Entschuldigung und ein 'Guten Morgen!' zu, welches er mit einem , "Fünf Punkte Abzug für Gryffindor, Sie sind zu spät, Ms Granger!", quittiert. Danke, Ihnen auch!

Niedergeschlagen schlurfe ich also zu dem letzten freien Platz, direkt neben Parvati Patil, die mir nur einen neugierigen Blick zuwirft, wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, dass sie den Grund für meine Verspätung nicht kennt. Doch auf eine Erklärung kann sie lange warten und so widme ich mich vorerst meiner Tasche, um mein Lehrbuch, Feder, Tinte und meinen Zauberstab heraus zu kramen und, im Gegenzug, das kleine Pergamentstück in deren Tiefen verschwinden zu lassen. 

Erst dann hebe ich meinen Kopf, der noch im Bruchteil dieser Sekunde hochrot anläuft, als mir auffällt, dass die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse auf mir liegt und Professor Pugna mich immer noch mit seinem durchdringenden Blick fixiert und ungeduldig mit den Fingern auf seine Stuhllehne trommelt, hinter der er sich aufgebaut hat. Merlin, heute ist echt nicht mein Tag!

"Wenn Sie dann endlich fertig sind, Ms Granger? Ich würde jetzt liebend gern mit meinem Unterricht beginnen. Die fünf Minuten, die uns gestohlen wurden, werde ich selbstverständlich, ohne Widerrede, von Ihrer Pause abziehen!" Dem folgen laute Proteste, weshalb auch der Lehrer seine tiefe, donnernde Stimme erheben muss, um sich, über all den Lärm hinweg, Gehör verschaffen zu können.

"Ich sagte ohne Widerrede! Bedanken Sie sich bei Ihrer Mitschülerin! Noch einmal fünf Punkte Abzug für Gryffindor. Es wird Zeit, dass jemand diese Klasse in den Griff bekommt!" Auf diese Ansage hin herrscht Totenstille und die ganze Klasse scheint die Luft anzuhalten. 

Es kommt selten vor, dass ein Lehrer bei uns so durchgreifen muss und umso schockierender ist es dann, wenn es wirklich dazu kommt. Doch Anscheinend haben sich die Wogen soeben einigermaßen geglättet, auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob das nicht doch nur die verräterische Ruhe vor dem großen Sturm ist.

Als Pugna das nächste Mal zum Reden ansetzt, herrscht immer noch Mucksmäuschenstille und ausnahmslos jeder hängt, darauf bedacht, einen guten Eindruck zu schinden, an seinen schmalen Lippen.

"Nun, da wir gut in der Zeit liegen und dem Lehrplan sogar um einige Lektionen voraus sind, habe ich mir die Freiheit genommen, ein neues Konzept zu entwerfen. Aller zwei Wochen werden wir, wie gewohnt, weiter am laufenden Stoff arbeiten. In allen anderen Wochenstunden, angefangen mit der Heutigen, werden wir Zauber ab der ersten Klasse wiederholen, sowie Ihre Kenntnisse auf dem praktischen Gebiet der Duell-Kunst erweitern und vor allem unter Beweis stellen. Da Sie diesen Sommer Ihr Abschlussjahr auf dieser Schule, pflichtgemäß mit den UTZs beenden, werden Ihnen diese Stunden dabei helfen, Sie perfekt auf die Prüfungen und das Leben danach vorzubereiten. Ein tapferer Mann sagte einst: "Immer wachsam!" und das gilt für jeden von Ihnen. Der Dunkle Lord ist nicht mehr, aber es gibt immer und überall auf der Welt Spinner und genau deshalb werde ich Ihnen dabei helfen, sich auf den Kampf vorzubereiten. Die Bedingung ist, dass jegliche Zauber unausgesprochen vonstatten gehen. Ms Granger, kommen Sie bitte nach vorn!"

Wow, damit habe ich nicht gerechnet, aber wahrscheinlich sollte ich mich, statt in Schockstarre zu verfallen, lieber für das wappnen, was mir jetzt bevorsteht. Denn so wie es aussieht, wird es gleich ziemlich stürmisch. 

Mit leicht zitternden Knien, bahne ich mir, als wäre es mein letzter Gang zum Galgen, einen, gefühlt endlosen, Weg durch die Pult-Reihen, bis hin zur Tafel, direkt neben Pugna. In dessen Augen leuchtet für einen kurzen Moment so etwas wie Triumph auf, doch dieses Blitzen ist sofort wieder verschwunden und ich frage mich, ob ich es mir nicht doch nur eingebildet habe. 

"Nun, bitte erklären Sie uns doch noch einmal, warum es ratsam ist, unausgesprochene Zauber zu wirken!" Ok, durchatmen. Es hätte mich durchaus schlimmer treffen können. Diese Frage ist einfach, reine Logik, weshalb ich sofort zu sprechen ansetze.

"Unausgesprochene Zauber, verschaffen uns einen winzigen Überraschungsmoment, da unser Gegner nicht weiß, mit welchem Spruch wir ihn angreifen. Somit fehlt ihm diese Millisekunde seiner Reaktion, die zu unserem Vorteil wird. Dabei kann sie im schlimmsten Fall über Leben und Tod entscheiden." 

Nach dieser Erklärung spricht er mir wieder fünf Punkte zu, die ich vorhin verloren habe, und ruft noch im selben Atemzug Zacharias Smith, einen schmierigen Jungen aus Hufflepuff, auf. Wenn das mal nichts Böses bedeutet!

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Hey Leute, ich weiß, dieses Kapitel ist ziemlich ereignislos, aber ich habe mir etwas vorgenommen, was eindeutig meinen üblichen Rahmen gesprengt hätte.

Deshalb folgt der spannende Teil im nächsten Chapter, das geplant in den nächsten Tagen online kommen wird. Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse und freut euch auf das Date und den Rest der Verteidigung-gegen-die-dunklen-Künste- Stunde!

Ganz liebe Grüße, eure Chiara <3 :)




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