Hermines Sicht
Plötzlich, als würde mein Körper in Eiswasser getaucht, wird mir jegliche Wärme entzogen, weshalb ich, den Bruchteil einer Sekunde später, kerzengerade und hellwach in meinem Bett unter dem purpurroten Baldachin sitze. Dessen grelle Farbe und das Licht, das durch die aufgerissenen Vorhänge meines Himmelbettes scheint, reizen meine Augen ungewöhnlich stark, die sich nach der nächtlichen Dunkelheit erst einmal an diese Eindrücke gewöhnen müssen.
Nun breitet sich allmählich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Durch das tägliche Heizen in unserem Schlafsaal, verzichte ich, trotz der Jahreszeit, meist auf meinen dicken Baumwollpyjama, aber nun reicht die dünne Variante einfach nicht aus, um genügend Wärme zu spenden.
Überhaupt bin ich erst jetzt aufnahmefähig genug, um meine komplette Umwelt wahrzunehmen. Genau vor mir, auf der Bettkante, hockt eine grinsende Ginny, die meine Daunendecke fest an ihre Brust drückt und mir somit meine 'Schutzmauer' nimmt. Da haben wir den Übeltäter. Ja, in der Tat, das erklärt so einiges! Aber seit wann ist Ginny bitte so ein Morgenmensch geworden. War ich es, vor zwei Jahren, nicht noch, die die Rothaarige höchst persönlich in ihrem Schlafsaal besuchen kommen musste, um sie aus dem Bett zu holen? Wie viel sich doch in der kurzen Zeit ändern kann!
"Raus aus den Federn, du Schlafmütze! Was ist aus meiner vorbildlichen Schulsprecherin geworden, die immer pünktlich auf der Matte steht? Du hast sogar das Frühstück verpasst! Das wäre dir sonst nie passiert. Was ist nur los mit dir? Na, worauf wartest du denn noch?! Willst du auch noch die erste Stunde verpassen?!"
Zum Ende hin wippt sie auf und ab, wodurch meine Matratze verdächtig ins Schwingen gerät und mein schlaffer Kopf nur im Takt von Ginnys Bewegungen zwischen Brustbein und Nacken hin und her pendelt.
Diese schnippische Ansage lasse ich jedoch nicht auf mir beruhen, weshalb ich etwas motzig antworte: "Ebenfalls einen guten Morg- warte, was?! Ich habe verschlafen?! Merlin, warum sagst du das denn jetzt erst?! Warte auf mich, ich bin in drei Minuten fertig!"
Und so mache ich mich, unter Ginnys amüsiertem Gelächter, daran, meine Schuluniform, mehr schlecht, als recht, anzuziehen und mein Gesicht kurz mit eiskaltem Wasser abzuspritzen. Dann nehme ich noch schnell einen großzügigen Schluck Mundwasser, den ich hastig gurgele und mich beinahe daran verschlucke, ehe ich die Flüssigkeit ins Waschbecken spucke. Zähneputzen wäre angenehmer gewesen, aber dafür bleibt jetzt keine Zeit. Drei Minuten sind drei Minuten.
Auch der Spiegel hat mich heute Morgen noch nicht einmal zu Gesicht bekommen, was man mir ganz offensichtlich auch ansieht, da Ginny sich mittlerweile gar nicht mehr einbekommt, vor Lachen und sich stattdessen, den Bauch haltend, auf meiner Matratze kugelt. Danke dafür.
"Ach Mine- lass mich mal eben-", bringt sie gerade noch gepresst heraus und mit einem geübten Schwung ihres Zauberstabes, geht das übliche Nest auf meinem Kopf in seichte Korkenzieherlocken über.
Kurz drauf hasten wir, samt unseren, voll bepackten, Schultaschen, aus dem Schlafsaal und machen uns auf, in unsere jeweiligen Klassenzimmer.
Im Raum für Arithmantik angekommen, verschnaufe ich kurz, bevor ich mich nach einem freien Platz umsehe. In diesem Moment läutet es und ich haste, ohne auf den Rest der Klasse zu achten, auf den letzten freien Stuhl zu. Puh, gerade noch rechtzeitig.
"Guten Morgen!", begrüßt uns Professor Vektor und ich erwidere ihre Begrüßung überschwänglich, während der Rest der Klasse, noch halb unter den Toten, nur undeutlich vor sich hin nuschelt oder gar nichts sagt, sondern stattdessen krampfhaft versucht, nicht wieder, an Ort und Stelle, in den üblichen, zombieartigen Zustand zu verfallen, der um diese Uhrzeit keine Seltenheit ist.
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Wie Licht und Schatten
FanfictionZwischen Leben und Tod zu schweben kann einem ganz schön an die Substanz gehen. Wie ist es wohl, ein Teilzeitgeist zu sein? Ob die Magie da noch etwas bewirken kann? Der kleine Sam reist mithilfe eines Zeitumkehrers in die Vergangenheit, um sein Le...