Kapitel 24

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Ich konnte Leo ansehen, wie sehr sie sich über den Milchshake freute. Dann hatte ich ja alles richtig gemacht. Ich war mir erst nicht so sicher gewesen, aber eigentlich bestellte sie ihn immer. Das war so süß, wie sie ihn Millivanilli nannte. Ein fettes Grinsen schlich sich in mein Gesicht. Da hatte ich bestimmt einen Pluspunkt gesammelt. Vielleicht rettete der mich ja, wenn ich nachher wieder meinen Mund nicht aufbekam. Momentan ging das Reden richtig gut, denn Leo saß ja neben mir und ich wurde nicht durch ihre wunderschönen Augen paralysiert. "Das war voll lecker.", mit einem lauten Schlirfen hatte Leo gerade ihren Shake geleert. "Na dann lasse uns schnell ins Kino, bevor die vier Zwerge uns doch noch entdecken." Darauf hatte ich echt keine Lust. Mir war vorhin fast das Herz stehen geblieben, als meine Geschwister hier aufgetaucht waren. Noch viel schlimmer als die drei war aber, das Delphine auch dabei war. Die hätte doch sofort bei Roman gepetzt. Und das wäre es dann mit meinem Traum von Leo und mir gewesen. Das würde sowieso noch schwer genug werden, wenn sie denn überhaupt wirklich Interesse an mir hatte. Aber wenn sie keins hätte, wären wir doch jetzt nicht hier. Schließlich hatte sie mich gefragt. Ja, aber nur um dem blöden Weidenfeller zu entkommen. Obwohl, eigentlich war er doch schon weg gewesen als wir uns richtig verabredet hatten. Das hätte sie dann ja gar nicht gemusst, wenn es nur eine Schutzbehauptung gewesen wäre.
Ich ließ mich auf meinen Platz neben Leo gleiten. Phil hatte mit seinem Tipp wirklich Recht gehabt. Letzte Reihe Mitte war perfekt, wenn man einen guten Blick zur Leinwand haben wollte. Trotzdem war es schon komisch, dass zwischen den beiden Sitzen keine Armlehne war. Ich stellte das Popcorn auf meinen Schoß, während Leo unseren Coke Becher in ihrer Hand hielt. Bestimmt dachten jetzt alle hier, ich war total geizig. Dabei wollte ich für jeden etwas kaufen. Aber Leo hatte darauf bestanden, dass das hier alles viel zu teuer sei und wir uns ein großes Menü teilen konnten. "Magst du?" Leo hielt mir den Becher hin. Während ich den Strohhalm in den Mund nahm, beugte sie sich auch über den Becher und fing mit dem anderen Strohhalm an zu trinken. Hilfe, ich trank gleichzeitig mit meinem Mädchen aus einem Becher und unsere Köpfe waren nur ein paar Zentimeter voneinander getrennt. Ich spürte wie alles in mir zu kribbeln begann. Plötzlich blieb mir die Luft weg und ich musste wild husten. Toll, das schaffte auch nur ich. Leo klopfte mir besorgt auf den Rücken. "Hast du dich verschluckt?" Ich nickte und musste immer noch husten. Sie musste mich doch jetzt für den absoluten Deppen halten, der zu dumm war zu trinken. Glücklicherweise war das Kino ja schon abgedunkelt. Dann konnte man wenigstens nicht sehen, wie meine Birne glühte. Obwohl, wahrscheinlich hielten mich alle für die Notbeleuchtung. Nachdem ich mich beruhigt hatte, griff ich zu dem Popcorn. Gerade als ich die Hand aus der Schachtel ziehen wollte, berührte ich etwas. Erschrocken ließ ich mein Popcorn fallen. "Ups, Sorry. Das wollte ich nicht." Mist, das war Leos Hand. Warum sollte sie sich sonst entschuldigen. Ich hatte doch nicht echt das Popcorn fallen gelassen, weil mein Mädchen mich berührt hatte. Ging es noch peinlicher? Klar, ich könnte aufspringen und mir den Rest über den Kopf schütten. Wenn ich das Phil erzählte, würde er sich nicht mehr einkriegen und mich ewig damit verarschen. Erleichtert stellte ich fest, dass der Film losging. Ich schaute zur Leinwand. Leo rutschte neben mir in ihrem Sitz hin und her. Scheinbar suchte sie noch eine bequeme Sitzposition. Boah, duftete sie gut. Irgendwie nach Vanille. Ob das von dem Shake kam? Oder hatte sie Parfum benutzt? Egal, ich liebte diesen Geruch. Was hatte Phill zu mir gesagt? Ich sollte einfach wenn es dunkel war den Arm um ihre Schulter legen. Das konnte ich doch aber nicht einfach so machen. Was war, wenn sie das nicht wollte. Ich musste mir etwas einfallen lassen, damit es im Zweifelsfall nur wie ein Zufall aussah. Ich könnte mich ja einfach etwas strecken und dann meinen Arm auf die Lehne hinter ihr legen. Genau, so würde ich das machen. Da saß ich dann ja auch viel bequemer. Ich hob also meinen Arm und räkelte mich ein wenig, ehe ich ihn vorsichtig auf dem Polster ablegte. Okay, das war Schritt eins. Jetzt hieß es erst einmal abwarten. Ich beobachtete Leo aus meinem Augenwinkel. Scheinbar schien es sie nicht zu stören. Wie sollte ich jetzt weiter vorgehen? Ich könnte ja einfach meine Hand ein wenig vom Polster rutschen lassen. Wieder bewegte ich mich ganz vorsichtig bis meine Hand auf Leos Schulter angekommen war.  Mist, warum bewegte sie sich denn jetzt? Also wollte sie es doch nicht. Gerade als ich meine Hand zurückziehen wollte, rutschte Leo noch dichter an mich heran. Unsere Oberschenkel berührten sich voll. Boah, war das cool. Auch unsere Hüften waren direkt aneinander. Ich bewegte mich nicht einen Millimeter. War das Absicht von Leo oder war das nur aus Versehen passiert ? Ich wusste, was ich mir wünschen würde. Aber ob das wirklich so war, war ich mir nicht sicher. Was würde Phil denn jetzt machen? Mist, warum war der eigentlich nie da, wenn man ihn brauchte. Mir würde ja schon die geistige Zwillingsverbindung reichen, wenn er mir jetzt aus der Patsche helfen würde. "Man Digger, sei mal mutig.", hörte ich im Geiste die Stimme meines Bruders "Packe deinen Arm richtig um ihre Schulter."  Mannoman, ich war wirklich durch. Aber vielleicht half mir ja auch mein eigenes Hirn mit seinen Hirngespinsten. Ich sollte es einfach probieren. Was hatte ich schon zu verlieren? Alles, war die eindeutige Antwort. Wenn Leo das nicht wollte, würde sie sich nie wieder mit mir treffen. Genau, aber wenn ich nichts unternahm auch nicht. Also völlig egal, ich hatte so oder so die Arschkarte. Und zwar die goldene. Ehe ich weiter grübeln konnte, rutschte mein Arm ganz vom Polster und lag um sie rum. Das fühlte sich richtig gut an. Trotzdem sollte ich lieber Leos Reaktion beobachten. Falls sie gleich sauer würde. Ich spürte, wie sie sich wieder bewegte. Garantiert würde sie gleich aufspringen und mir eine Scheuern. Ich machte mich auf alles gefasst, als ich auf einmal ihren Kopf an meiner Schulter spürte. Ihre weichen Locken killerten ganz sanft an meinem Hals.  Das war der Hammer. So könnte ich für immer sitzen bleiben. Konnte der Film nicht Überüberüberlänge haben. Welcher Film eigentlich? Was passierte da überhaupt auf der Leinwand. Ach, egal. Ich genoss jetzt lieber dieses unheimlich geile Gefühl, während mein Herz völlig in meiner Brust ausrastete.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt