Kapitel 67

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Mir war eiskalt und ich fing an zu zittern. War der Tag heute nicht schon schlimm genug mit Papilis und Mamas Zoff? Ich spürte dieses dämliche Kribbeln in der Nasenwurzel. Garantiert würden gleich wieder meine Tränen kullern. Ich hasste das. Dann war ich ja fast schon so wie Delphie. Obwohl, nein. Ich heulte ja nicht, weil ich nicht meinen Willen bekam, sondern weil meine kleine rosarote Welt zusammenbrach. Ich hatte solche Angst Max nie wieder zu sehen. Als er seinen Arm um meine Schulter legte, wurde der Kloß in meinem Hals immer dicker. "Das war es dann. Deine Mama erzählt es bestimmt alles meinen Eltern und dann gibt es richtig Ärger mit Papili. Garantiert dürfen wir uns nicht mehr sehen und er schickt mich in die Schweiz ins Internat." Ich spürte wie ich die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Den Kampf hatte ich genauso verloren, wie ich den gegen Papili verlieren würde. Viel schlimmer, da würde es nicht mal die Chance auf einen Kampf geben. "Das wird nicht passieren. Ich lasse dich nicht weg." Max zog mich ganz fest an sich und begann meine Tränen wegzuküssen. Sofort wurde mein Herz noch schwerer. Ich würde ihn so sehr vermissen. Ich konnte mir mein Leben nicht meht ohne ihn vorstellen. "Oder ich gehe mit in die Schweiz." Er schaute mich mit seinen wunderschönen grünbraunen Augen an und ein leichter Schauer lief mir übrr den Rücken. Wenn das doch so einfach wäre. In dem Moment wurde die Tür wieder aufgerissen und Franzi stürmte ins Zimmer. "So, jetzt will ich aber wissen, was hier los ist und seit wann und warum ich davon nichts weiß?" Ihr Blick fiel zu mir. "Menschenskinder, was weinst du denn?" Sie kam herüber und nahm mich in die Arme und strich mir genau wie vorhin beruhigend über den Rücken. Jetzt konnte ich auch ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken. "Papili wird mich ins Internat in die Schweiz schicken, wenn er das erfährt." Franzi zog mich noch fester in ihre Arme "Pappalapapp hier geht niemand in die Schweiz." Sie schien gar nicht wirklich sauer auf uns. Vielleicht würde sie ja genauso auf unserer Seite stehen wie Opi. Ich sah einen kleinen Hoffnungsschimmer am Horizont. Schniefend zog ich hoch. Wow, ich gab bestimmt einen tollen Anblick. Vielleicht hatte Max dann sowieso genug von mir. Obwohl, nein. Er würde mich immer mögen, sonst würde er ja nicht auch mit in die Schweiz kommen wollen. Gleich zog sich wieder mein Magen zusammen. Das würde garantiert nicht klappen. "So, erst einmal Entschuldigung, dass ich hier so reingeplatzt bin. Aber ich wusste ja nicht, dass mich zwei halbnackte Teenager erwarten. Obwohl eigentlich hätte ich es schon ahnen sollen, so wie ihr euch immer angeschmachtet habt. War ja eigentlich nur eine Frage der Zeit." Franzi grinste uns an "Man, nun macht doch nicht solche Gesichter. Ich freue mich, dass ihr beide zusammen seid. Ich hätte es nur gerne anders erfahren. Wäre weniger peinlich für uns alle gewesen. Wie lange seid ihr denn schon zusammen?" Ihr Blick ging zwischen Max und mir hin und her. "Seit genau 61 Tagen.", grinste Max stolz als mir "1464 Stunden" herausrutschte. Franzi fing an zu lachen "Da bist du wie deine Mutter. Aber wehe du knallst mir jetzt noch die Minuten und die Sekunden um die Ohren. Und wieso erfahre ich das jetzt erst und nur ganz durch Zufall?" Wieder schaute sie zwischen uns hin und her, als sie sich plötzlich die Hand vor die Stirn schlug "Wegen Roman? Deshalb auch die Schweiz?" Wir nickten beide. Franzi begann durch das Zimmer zu marschieren "Das kann doch nicht wahr sein, dass ihr beiden euch hier wie Romeo und Julia aus dem Ruhrpott versteckt, weil der Idiot seine Eifersucht und seinen überdimensionalen Beschützerinstinkt nicht in den Griff bekommt. Ich werde jetzt erst einmal rübermarschieren und ihm eine Ansage machen. Der reicht mir sowieso." Sie sah ziemlich sauer aus. "Nein, bitte nicht." Ich sprang auf und versuchte sie aufzuhalten, genau wie Max "Dann können wir uns überhaupt nicht mehr sehen."  Ergeben hob sie ihre Arme. "Dann erzählt mir erst einmal, wie ihr das bis jetzt angestellt habt." Max fing an zu erzählen. Ich war ihm dankbar, dass er das übernahm. Wahrscheinlich hätte ich kaum einen geraden Satz herausbekommen. Mein Magen fühlte sich immer noch wie ein fetter Seemannsknoten an. Ich schaute zu Max. Irgendwie schien er fast erleichtert mit jedem Wort, das seinen Mund verließ. "Dann wissen also deine durchtriebenen Geschwister Bescheid, ohne mir etwas gesagt zu haben."  "Opi und Saschi auch.", warf ich schnell noch ein. Franzi guckte grummelig "Habt ihr echt so wenig Vertrauen zu uns? Paps und ich freuen uns doch, wenn ihr zusammen glücklich seid." Sie schüttelte irgendwie enttäuscht den Kopf. "Wir wollten euch nicht enttäuschen." Man, warum musste ich denn schon wieder schluchzen. Max legte sofort wieder seinen Arm um meine Schulter und streichelte mich tröstend. "Ihr beide seid so süß zusammen.", grinste sie plötzlich "Ich kläre das jetzt mit deiner Mama und dann heizen wir diesem Schweizer Sturschädel ordentlich ein. Ich will nicht, dass mein Sohn sein Glück verstecken muss." "Nein, bitte.", ich sah Franzi bettelnd an "Dann zoffen sich Mama und Papili gleich wieder. Opi hat das doch auch so gesehen." Das war mein allerletzter Joker, um sie zu stoppen. Nachdenklich rieb sie sich das Kinn "Das stimmt. Aber wie stellt ihr euch das vor? Soll ich deiner Mutter mein Wissen verheimlichen?" Ich nickte "Und Paps auch." Max machte ein Gesicht als hätte er Zahnschmerzen "Das geht doch nicht. Ich kann doch deinen Vater nicht anlügen." Franzi schaute ihren Sohn schockiert an. "Aber Paps würde garantiert zu Roman rennen. Und wenn nicht würde er sich garantiert verplappern." Sie schaute nachdenklich und nickte "Ja, als Geheimnisträger ist er eine totale Fehlbesetzung. Okay, ich sage niemand etwas. Aber nur so lange bis es bei deinen Eltern wieder besser läuft. Und dann klären wir das. Ist das klar? Glücklich bin ich damit zwar nicht, aber viel wichtiger ist, dass ihr glücklich seid." Ich nickte schnell. Das verschaffte uns auf alle Fälle erst einmal Zeit. Franzi drängelte sich zwischen uns auf das Bett und legte uns ihre Arme um die Schultern "Aber ab jetzt kommt ihr mit allen Problemen gleich zu mir. Ist das auch klar?" Und ob das klar war. Ich nickte enthusiastisch. Mein Magen hatte sich gerade wieder entknotet. "Und eins noch. Ich wollte in absehbarer Zeit nicht Großmutter werden.", zwinkerte sie uns zu "Da setze ich mal voll auf euren Sexualkundeunterricht in der Schule und erspare mir einen peinlichen Vortrag." Sie grinste Max an "Paps seiner bleibt dir ja durch das Geheimnis auch erst einmal erspart." Mein Freund fing an zu lachen. "Aber wenn du trotzdem mal von Frau zu Frau sprechen willst, kannst du jederzeit zu mir kommen." Sie zog mich noch einmal in ihre Arme und drückte mich. Das tat richtig gut. Ja, wenn ich ein Problem hatte, würde ich auf alle Fälle zu Franzi gehen. Mama hatte schon genug Stress.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt