Kapitel 70

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Man, war das toll. Wir saßen hier wie auf dem Präsentierteller auf dieser dämlichen Bühne. Also grundsätzlich hätte mich das nicht gestört, aber ich spürte wie nervös Leo neben mir auf ihrem Stuhl hin- und herrutschte. Mein Blick fiel ins Publikum. Okay, Roman und Jasi schauten gerade genau wie mein Paps zu, wie Phil und meine Schwestern ihr Projekt präsentierten. Vorsichtig griff ich nach Leos Hand und streichelte mit meinem Daumen sanft über ihren Handrücken. Sofort schaute sie mich an und ich zwinkerte ihr aufmunternd zu. Ihr Mund verzog sich zu diesem Lächeln, das ich so liebte. "Boah, ich habe überhaupt keinen Bock auf den Dreck.", meckerte der Weidenfeller Spross genervt neben uns. "Aber ohne mich seid ihr ja aufgeschmissen." Da hatte ich mich doch wohl verhört. Der Depp hatte nicht einen Finger krumm gemacht. Gerade als ich ihm eine Antwort geben wollte, gab es eine fiese Rückkoppelung "Ich bitte jetzt die Projektgruppe Bürki, Reus, Weidenfeller auf die Bühne.", ertönte die Stimme des Moderators. "Das ist ja heute fast wie die Aufstellung des BVB aus früheren Zeiten.", lachte er, was sich über das Mikro etwas abartig anhörte. Vielleicht hätten sie ihn auch lieber durch Nobby ersetzen sollen, dann wäre die Stimmung hier nicht so dröge. Obwohl der Spruch ihm wahrscheinlich die einzigen echten Lacher des Tages eingebracht hatte. Wir marschierten also nach vorne auf die Bühne und ich stöpselte schnell den USB Stick mit unserer Präsi ein. Bevor ich startete schaute ich noch einmal zu Leo. Sie sah in ihrem kurzen Rock und dem Shirt absolut zum Anbeißen aus. Nur ihr Gesicht glich dem eines Krankenhauslaken. Tapfer hielt sie sich an unserem Model fest, während der Vollpfosten unbeteiligt daneben stand. Na dann mal los....
"Das war eine wirklich schwierige Entscheidung für die Jury, die es sich nicht leicht gemacht hat aus den letzten zehn Projekten den Sieger zu filtern." Der Kultusminister von NRW stand mit dem Mikro auf der Bühne und schaute uns alle an. Mittlerweile hatte man uns dort alle brav Aufstellung nehmen lassen "Dieses Jahr war es uns jedoch nicht möglich uns auf einen Sieger einzuschränken,  aus diesem Grund gratuliere ich der Projektgruppe Durm, Reus." Meine Schwestern fingen zusammen mit Sascha an zu hüpfen, während Phil nur grinste. "Und der Projektgruppe Bürki, Reus, Weidenfeller.", fuhr er fort. Das waren ja wir. Ich spürte kalte Hände, die sich um meinen Hals schlangen, während vor uns der Vollpfosten sich aufstellte und auf seine Brust klopfte. Man, freute ich mich, dass wir auch gewonnen hatten. Ich schlang meine Arme um Leos Taille und drehte uns im Kreis, als sie ihre Lippen auf meine drückte. Als nächstes wurde ich fast erdrückt und musste aufpassen, dass ich nicht zu Boden ging. Meine Schwestern, Sascha und Phil waren auf uns raufgesprungen. "Man, seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen hier zu knutschen.", zischte mir Phil zu.  Mist, wir hatten gar nicht dran gedacht, dass wir hier auf dem Präsentierteller standen  und noch viel schlimmer, dass Roman unten im Publikum saß. Als wir uns alle wieder aufgerichtet hatten, schaute ich vorsichtig zu Leos Eltern, die sich auch gerade mit meinen und Saschas umarmten. "Da habt ihr aber noch einmal Schwein gehabt, dass wir so schnell reagiert haben.", grinste Tessa "Jetzt haben wir was bei euch gut", schloss sich Maja an. Ich nickte nur. Ja, sie hatten uns echt den Arsch gerettet. "Also der Siegerjubel steht dem vom BVB wirklich in nichts nach.", lachte jetzt auch der Kultusminister und begann uns die Urkunden und Medaillen zu überreichen."Naja, ohne mich wäre das alles nichts geworden.", hörte ich schon wieder den Weidenfeller seine Stimme als er seine Urkunde bekam. Der Kerl war echt Härte 10. Aber das war mir gerade so was von egal, denn das Projekt war beendet und wir würden ab übermorgen Ferien haben. Was gleich bedeutend damit war, dass wir ihn die nächsten knapp sieben Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen würden. Jetzt mussten wir nur noch den kleinen Umtrunk überstehen.  Wie gerne hätte ich jetzt einfach Leos Hand genommen und wäre zu unseren Eltern marschiert, die dort schon mit Sektgläsern in der Hand standen. So liefen wir aber nur einfach nebeneinander her. "Mei Minischnütli, ich bin ja so stolz auf dich." Roman zog seine Tochter sofort in seine Arme und knuddelte sie. Meine Mom folgte seinem Beispiel "Was sollte denn vorhin der Kuss? Weißt du wie blöd ich mir vorkam hier die Elternsiegerumarmungen einzuleiten, in dem ich mich auf Roman und Jasi geschmissen habe.", zischelte sie mir ins Ohr "Das war ganz schön leichtsinnig." Da hatte sie Recht. Wir mussten vorsichtiger sein. Aber heute war es ja nochmal gut gegangen. Wenn wir jetzt aufpassten, was sollte da schon noch passieren. "Manno, habe ich schlaue Kinder." Paps strahlte mich an und klopfte mir auf die Schulter, ehe er sich meinen Schwestern und Phil zuwandte. "Ach, Herr und Frau Bürki, schön das ich sie hier gerade treffe." Was wollte denn der Riemann jetzt? "Also die Versetzung von Leo ist ja überhaupt kein Problem mehr. Die Nachhilfe hat ja auch wirklich Wunder gewirkt. Aber das ist ja auch nachvollziehbar , so wie die beiden harmonieren." Was quatschte der denn da? Mir wurde ganz übel. Roman fing an zu grinsen "Ja, die beiden haben sich schon immer gut verstanden. Max ist ja quasi Leos großer Bruder." Ich musste schlucken, auch Leo schaute mich nervös an. Hoffentlich stieg der Riemann da jetzt nicht weiter darauf ein, schließlich hatte er uns nicht nur einmal Händchenhalten und knutschen gesehen. Konnte nicht irgendjemand den hier wegholen? Jetzt, bitte. Sofort, bevor er sich noch unbewusst verplapperte.  "Naja, also wie Geschwister....", fing er gerade wieder an. Mein Herz raste in meiner Brust. Scheiße, gleich würde er es raushauen. Was sollte ich denn machen? Mein Hirn war wie blockiert "Sorry, das ich störe.", hörte ich auf einmal die Stimme meiner Mutter "Roman, Jasi, wir müssen los. Der Tisch ist reserviert." Jasi schaute uns verwundert an "Na der im Acqua. Habt ihr das etwa vergessen?", Mom setzte ihren vorwurfsvollen Blick ein. "Na, dann will ich Sie auch nicht weiter aufhalten." Herr Riemann wandte sich den nächsten Eltern zu. Erleichtert atmete ich auf. "Geht mal schon zum Auto und treibt den Rest zusammen. Wir kommen gleich nach." Roman und Jasi nickten uns nur zu und verschwanden in der Menge, während meine Mom in ihrer Handtasche buddelte. "Such mir schon mal schnell die Nummer vom Acqua aus dem Internet raus.", wandte sie sich an mich. Musste ich das jetzt verstehen? Wollte sie Bescheid sagen, dass wir später kamen, oder was? "Und drückt die Daumen, dass die auch noch einen Tisch für uns frei haben." Wie meinte sie denn das? Sie hatte doch einen bestellt, hatte sie eben gesagt. "Man, jetzt gucke nicht so, sondern mache. Mir ist nichts anderes eingefallen, um vom Thema abzulenken. Euer Pauker hätte euch fast ans Messer geliefert. Und jetzt brauchen wir dringend einen Tisch. Drückt die Daumen." Sie guckte zwischen uns grinsend hin und her, während sie die Nummer, die ich ihr zeigte in ihr Handy tippte und dann auch gleich anfing zu sprechen und uns nach kurzer Zeit den Daumen nach oben zeigte. Meine Mom war echt mega cool. "Wenn die den Namen Reus hören hüpfen die immer noch.", grinste sie und steckte ihr Handy wieder in die Tasche. Ich ging zu ihr und umarmte sie "Danke." Leo kam auch und folgte meinem Beispiel. Mom hakte sich bei uns ein, während wir zum Ausgang liefen "Aber nochmal rette ich euch heute nicht den Hals. Mein Soll als Supermom ist erst einmal erfüllt.", lachte sie als wir die anderen draußen warten sahen. Das würde ja wohl hoffentlich auch nicht nochmal an diesem Abend nötig sein.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt