Kapitel 63

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Max grinste mich über den Spiegel an, während er seine Haare gelte und ich meine nassen Locken versuchte zu bändigen. Das war irgendwie total schön so zusammen im Bad sich fertig zu machen. Papa und Mama hatten das früher als ich klein war auch immer gemacht. Ein Glück, dass ich das vorgeschlagen hatte. Obwohl ich echt total aufgeregt war, als es um das Duschen ging. Ich hatte mich schließlich noch nie vor Max ausgezogen. Aber andererseits hatten wir ja gestern Abend ziemliche Fortschritte gemacht. Sicherheitshalber hatte ich dann einfach ihm den Vortritt gelassen.  Das war ein echt interessanter Anblick. Also wenn man alles im Hellen sah und nicht nur erfühlte. Sofort fing wieder alles in mir zu kribbeln an. Ich legte schnell die Bürste zurück in meine Waschtasche und zuppelte an meinem rutschigen Handtuch, in das ich mich gewickelt hatte. Max hatte auch nur ein Handtuch um die Hüfte gewickelt. Manno, sah das heiß aus. Vielleicht war es ja doch gar nicht so schlecht, dass wir vergessen hatten unsere Wechselklamotten mit ins Bad zu nehmen. Wenn das alles Papili wüsste, schoss es mir durch den Kopf als ich mit  Max Hand in Hand das Bad verließ. Echt jetzt? Schon von weitem hörte ich mein Handy Radau machen. Konnte ich jetzt seine Kontrollanrufe schon durch meine Gedanken auslösen? "Hallo, mei Minischnütli. Warum bist du nicht rangegangen? Ich habe es schon dreimal versucht. Ich wollte schon Opa Chris anrufen, dass er sofort zu dir fährt.", scholl mir Papilis aufgeregte Stimme entgegen. "Ich war im Bad.", entschuldigte ich mich schnell. "Ja, dann hätten doch aber Tessa oder Maja rangehen jönnen. Ich habe mir schon Sorgen gemacht." Bei den beiden Namen knotete sich sofort mein Magen zusammen. Die beiden waren so sauer aus der Küche verschwunden. Ich hasste es mit ihnen Streit zu haben, aber es machte mich auch tierisch sauer, dass sie nicht akzeptierten, dass ich mich durch Max auch für das Reiten interessierte. Ihnen ging es doch nur darum, dass ich beim Fussball ausfallen könnte. War ich ihnen überhaupt wichtig? Oder nur mein fussballerisches Können? "Hier ist alles super.", beruhigte ich aber erst einmal meinen Papili, damit ich ihn vom Ohr bekam. So langsam wurde mir in dem Handtuch nämlich kalt und außerdem mussten wir uns auch beeilen. Vielleicht hatten wir etwas im Bad getrödelt, dachte ich verträumt. Nachdem ich mein Handy weggelegt hatte, schlüpfte ich erst einmal gleich schnell in einen neuen Slip, meinen BH und meinen Pulli. Was kramte Max da eigentlich die ganze Zeit in seinem Schrank herum? Wollte er sich nicht langsam anziehen? Ich lief also zu ihm und schmulte über seine Schulter, während ich meine Hände an seine Taille legte. Sofort fiel mir die Gänsehaut auf, die er am ganzen Körper hatte. Man, der fror ja auch schon, Er sollte sich mal lieber schnell etwas anziehen, bevor er sich noch erkältete. Ich beugte mich vor und angelte nach einer Boxer und einem Tanktop. "Da ist ja Spongi drauf." Ich schaute Max leicht irritiert an, der plötzlich knallrot im Gesicht war und sich mit seiner Hand durch den Nacken fuhr. "Ähm...naja.....damit schlafe.....schlafe ich .....ich sonst halt.", stotterte er total verlegen. Ich fing an zu lachen "Echt jetzt? Und ich dachte du hälst mich wegen meines Spongi-Shirt für ein Kleinkind. Weißt du wie ich mich damit erst geschämt habe?" Max schaute mich verwundert an "Aber warum? Du siehst darin total süß aus." Er drehte sich zu mir und küsste mich liebevoll. Ich fasste es nicht. Man, hatte ich gegrübelt mit meinem Spongi-Problem. Und das völlig unnötig. Mein Freund fand mich damit süß. Und das war doch das wichtigste. "Und was suchst du jetzt hier eigentlich?" Max langte nach weiter hinten in den Schrank und zog etwas vor, ehe er mir stolz etwas entgegen streckte "Das ist meine alte Reithose. Die ist mir zu klein, aber dir müsste sie passen." Natürlich passte sie mir wie angegossen und ich lief stolz damit die Treppe runter."Man, da seid ihr ja endlich.", empfing uns Phil, der neben Sascha an der Garderobe stand und leicht genervt auf seine Uhr tippte. "Ihr habt nur Glück, dass wir so rücksichtsvoll sind und euch einen Fummelbonus eingeräumt haben. Sonst wären wir schon weg." Man, musste der das so ansprechen? Ich spürte, wie meine Wangen ganz heiß wurden als ich schnell in meine Schuhe schlüpfte. Auf der Treppe war plötzlich ein Poltern zu hören. Ich drehte mich um und sah meine beiden Freundinnen missmutig herunter stampfen. "Und es ist wirklich euer letztes Wort, dass ihr nicht kicken sondern zu den stinkenden Gäulen wollt?" Tessa schaute mit zusammengekniffenen Augen zwischen Saschi und mir hin und her. Wir nickten beide nur. "Ihr seid echt eine Familie. Das könnt ihr nicht leugnen.", murrte Maja. Ich fragte mich, was das nun schon wieder sollte. Aber ehrlich gesagt war ich stolz, dass Sascha mein Cousin war.Ich könnte mir keinen besseren vorstellen "Wollen wir auch gar nicht.", zickte ich zurück. Wenn die mir so blöd kamen, konnte ich das auch. "Menno, chill doch mal.", mischte sich sofort wieder Tessa ein. Ich spürte, wie Max meine Hand nahm und beruhigend mit seinem Daumen über meinen Handrücken strich. "Wir wollten das doch nur noch mal wissen." Sie kratzte sich am Kinn und schaute zu ihrer Schwester, die ihr sofort zunickte. "Dann kommen wir halt auch mit." Hatte Tessa das gerade wirklich gesqgt? Das war toll. Ich fing an zu strahlen. Das freute mich so riesig. Bestimmt würden sie auch feststellen, das Reiten total viel Spaß machte. "Hör auf dich so wiederlich zu freuen.", Maja schaute mich gespielt böse an "Du bist verantwortlich dafür, wenn eines von den Viehchern uns was tut." Tessa nickte wild "Oder wir erstinken." Ich musste noch mehr lachen, als ich die beiden umarmte. Manchmal waren sie echt total durchgeknallt. Mein Freudentaumel wurde mal wieder durch mein Handy unterbrochen. "Ja, Papili.", meldete ich mich sofort. "Ich wollte nur hören, ob alles in Ordnung ist und was ihr gerade macht, mei Minischnütli?" Was sollte wohl innerhalb der letzten viertel Stunde passiert sein? Ich verzog genervt mein Gesicht, ehe ich extrem höflich antwortete "Hier ist alles bestens. Wir wollen alle zusammen mit dem Fahrrad in den Stall fahren." "Zu den Pferden?" Papili schnappte hörbar nach Luft "Du hälst aber immer schön Abstand von den Tieren. Am besten setzt du dich mit Tessa und Maja irgendwo auf die Tribüne bis die Jungs mit dem Training fertig sind. Du weißt doch wie gefährlich diese Tiere sind. Oder muss ich dich an deinen gebrochenen Arm erinnern?" Nee, musste er nicht. Obwohl ich den ja nur hatte, weil er mich zum Reiten gezwungen hatte. Scheinbar hatte es da wohl eine komplette Sinneswandlung bei ihm gegeben. Vielleicht sollte ich ihn daran mal  erinnern und ihm ein schlechtes Gewissen machen. Den Gedanken verwarf ich aber ganz schnell, denn sonst dauerte das Telefonat noch länger und die anderen warteten schon lange genug auf mich. "Gut ist aber, dass ihr alle zusammen unterwegs seid. Die drei Jungs passen schon auf euch auf.
Das beruhigt mich." Ich bezweifelte, dass das stimmte. Wirklich ruhig war er doch nur, wenn er wie eine Glucke auf mir hocken konnte. Ja, ich war so langsam echt genervt davon. Ich war immerhin schon 14 Jahre und durchaus in der Lage auf mich selbst aufzupassen. "Fahre aber vorsichtig mit dem Fahrrad und passe auf die Autos auf. Und rufe gleich an, wenn ihr im Stall angekommen seid und auch, wenn ihr nachher wieder aufbrecht. Hörst du." Wie alt war ich nochmal? Sieben? Manno. "Ja, tue ich Papili."
"Seit wann hat dein Vater eigentlich die Pilotenlizenz?", grinste mich Maja an, kaum dass ich das Gespräch beendet hatte. Ich schaute sie verständnislos an  "Na, der kreist ja wie ein Helikopter über dir." Ich stöhnte auf und musste aber auch lachen. "Ja, ich soll schön artig auf die Autos aufpassen und ihn anrufen, wenn wir im Stall angekommen sind.", äffte ich seinen leicht schweizer Dialekt nach. Alle fingen an zu lachen. "Gib mal her.", Tessa griff sich mein Handy. "Echt jetzt? Der hat heute schon achtmal angerufen? Das ist ja Psychoterror. Bestimmt verstößt das gegen irgendwelche Menschenrechte." Sie schaute zu Sascha, von dem sie scheinbar sofort wieder irgendeinen Vortrag erwartete. Der zuckte aber nur ahnungslos mit den Schultern. Nachdem sie etwas getippt hatte, drückte sie es mir wieder in die Hand. "Was hast du gemacht?", fragte ich nervös. Sie klimperte mit ihren Wimpern und grinste "Ups, ich bin glaube ich ganz ausversehen auf Flugmodus gekommen, als ich mir dein Handy kurz ausgeborgt habe. Dann ist erst einmal Ruhe." Alle fingen an zu lachen und wir liefen zu unseren Rädern. Mir war bei dem Gedanken mit dem Flugmodus trotzdem nicht ganz wohl. Bestimmt telefonierte Papili, dann alle anderen durch. Im schlimmsten Falll jagte er sogar Opi los. Und Ärger würde es auch geben. Klammheimlich zog ich mein Handy wieder aus der Tasche und stellte es auf Vibration. Dann bekamen es die anderen nicht so mit. Im Stall würde ich einfach schnell auf Klo verschwinden und ihn anrufen. Nicht, dass Papili so besorgt war und deshalb noch früher vom Steinhuder Meer zurückkam. Das fehlte ja noch. Ich wollte lieber noch den Rest des Tages mit Max ungestört geniesen. Und wenn das hieß, Papili immer schön artig anzurufen, dann tat ich das halt. Es gab halt nichts umsonst. Ich schaute zu Max, der neben mir fuhr und mich anlächelte. Ja, um mit ihm zusammen zu sein, würde ich immer jeden Preis bezahlen. Was waren da schon ein paar nervige Anrufe.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt