Kapitel 29

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Ich schaute mich vor der Schule um. Heute wollte Opi mich wieder abholen und mit mir zu Burger King. Als ich sein Auto sah, rannte ich los und stieg schnell ein. "Na, meene Minischnute. Jetzt jehen wa erst ma wat futtern." So wie der Tag bis jetzt gekaufen war, hatte ich absolut keinen Appetit. Obwohl eine Sache war schon cool gewesen. Ich musste grinsen. Maja und Tessa hatten mich dazu vergattert mit zu Max Reitturnier zu kommen am Samstag. Die beiden hatten mir sogar eine Entschädigung versprochen. Wenn sie wüssten, dass sie mir eigentlich unbewusst einen Gefallen taten, in dem sie mein Alibi waren. Ich freute mich schon so riesig darauf. Opi stellte vor uns das Tablett ab und fing an zu verteilen "Wie immer Cheese, Fritten, Coke und nen Milivanilli. Und für mich son ollen Whopperpropper." Ich griff nach einem Pommes und fing an daran herum zu nagen. Wieso hatte dieser Scheiß Chemielehrer diese blöde Klausur eigentlich so schnell korrigieren müssen? Hätte er sich damit nicht vielleicht Zeit lassen können? So ein paar Wochen, Monate oder noch viel besser Jahre? Verjährten die Dinger dann nicht irgendwann? "Mensch meene Minischnute, wat is denn heute mit dir los? Du machst een Jesicht wie hundert Jahre Rejenwetter und mümmelst an deene Fritten." War klar, das Opi das gleiche merkte. Aber ihm konnte ich ja eigentlich alles erzählen. Er würde mich nicht sofort bei Papili und Mama verpetzen. Und er würde auch nicht gleich rummeckern. "Wir haben heute unsere Chemieklausur wieder bekommen."
"Und die is nich so jut jeloofen, wenn ick dein Jesicht sehe." Ich schüttelte nur den Kopf. "Wie schlecht jetzt jenau?", fragte er mich ganz ruhig und schaute mich aufmerksam an. "Fünf.", gab ich kleinlaut von mir und verzog mein Gesicht dabei als hätte ich Zahnschmerzen. "Joa, dit is wirklich scheiße jeloofen. Aber dit is noch lange keen Grund, nischt zu futtern." Klar, sah Opi das so, er wusste ja nicht, dass es schon ein paar mehr schlechte Noten gab. Er schaute mich immer noch forschend an "Is nich dit erste mal, wenn ick dein Jesicht richtig deute." Ich nickte " Wenn Papili und Mama das rausbekommen, dann zoffen sie sich gleich wieder. Ich habe Angst, dass sie sich scheiden lassen, so wie die Eltern von Tanja aus meiner Klasse. Und dann will ich mich nicht entscheiden zu wem ich muss. Darf ich dann zu euch?", schniefte ich " Und zum Training darf ich auch nicht mehr, wenn sie von der fünf erfahren. Und noch viel schlimmer...", ich brach mitten im Satz ab. Sollte ich Opi von Max und mir erzählen? Warum eigentlich nicht? Er hatte mir doch den Tip gegeben, dass ich mutig sein sollte. "Mensch Kleene, dit mit deine Eltern ist aber im Moment och een riesiger Mist. Da haste et echt nicht leicht. Aber gloobe mir mal, die kriegen die Karre schon wieder aussem Dreck. Ick wees, dat die sich beede lieben. Da mach dir mal keenen Kopp drum. Und zu uns kannste sowieso imma." Opi streichelte mir sanft über den Rücken. "Ick lass' mir da wat einfallen. Aber sach ma wie ist et eijentlich jetzt anne Maxfront?"   Sofort, wenn ich den Namen hörte, musste ich grinsen.  Opi hob seine Hand "Okay, dein Jesicht sacht allet. Hatta sich jetraut?" Ich schüttelte mit dem Kopf. "Nich?" Er schaute mich irritiert an. "Ich habe mich getraut.", grinste ich stolz. Er fing an zu lachen "Dit is meen Mädchen. Und wat habt ihr jemacht. Oder willste dit deinem ollen Opa nich erzählen."  Klar, wollte ich ihm das erzählen. Opi konnte ich schließlich wirklich alles erzählen. "Wir waren im Kino und bei Burger King. Und Max hat alles bezahlt. Und er hat mir sogar ein Milivanilli bestellt." Sofort musste ich an den Kuss denken. "Und wir haben uns geküsst." Opi lächelte mich an "So strahlend seh ick dich viel lieba als wie mit de Neese nach unten. Und wann trefft ihr euch wieda ?" Ich zuckte mit den Schultern "Wenn Papili das rausbekommt nie wieder. Ansonsten am Samstag, da nehmen mich Tessa und Maja mit zum Reitturnier. Aber sonst müssen wir uns heimlich was einfallen lassen." Opi schüttelte seinen Kopf  "Also wat dit anjeht is dein Vadder echt der letzte Trottel. Soll ick mal mit ihm reden? Oder mit deene Mudder. Die is ja nich so beschränkt wie dein Alter." Ich schüttelte schnell meinen Kopf "Haste wieda Angst, dat dit Zoff jibt." Ich nickte nur. " denn müssen wa uns wirklich wat einfallen lassen. Aber du futterst erst mal uff." Opi tippte mit seinem Finger an sein Kinn und machte ein nachdenkliches Gesicht, während ich jetzt doch wieder Appetit hatte und mein Essen in mich hineinschaufelte. Mit Opi als Verbündeten würde garantiert alles wieder gut werden.
"Ick hab's.", grinste er auf einmal. Jetzt war ich aber gespannt auf seine Lösung "Ab sofort machen wir een mal die Woche een Opa-Minischnuten-Tach. Da haben deine Alten jarantiert nüscht jegen und denn triffst de dich an dem Tach mit Max. Am besten im Stall. Da sucht euch jarantiert keener. Außerdem is deen Max doch so een pfiffiges Kerlchen. Wenn de mit dem lernst, denn klappt dit ooch wieda mit de Noten, ehe deine Alten dit überhaupt mitbekommen." Ich sprang auf und fiel meinem Opi um den Hals. Das war wirklich die Idee überhaupt. Als ich mich wieder auf meinen Platz gesetzt hatte, fiel mir aber die fünf wieder ein. "Trotzdem muss ich aber Chemie unterschreiben lassen." "Dit mache ick.", sagte Opi ganz bestimmt "Schließlich habe ick oft jenuch für deinen Papa die Autogrammkarten unterschrieben, wenn er mal wieder zu faul war. Mit een bisschen Übung krieg ick dit wieda perfekt hin. Und du jehst in de Zwischenzeit zu deinem Max in den Stall. Der hilft die bestimmt bei der Berichtigung. Und für een bisschen wat anderes is bestimmt ooch noch Zeit.", zwinkerte er mir zu. Mein Herz fing wie wild an zu klopfen als ich noch den letzten Schluck meines Milchshakes durch den Strohhalm zog, bevor ich aufsprang. Ich würde jetzt Max im Stall überraschen. Hoffentlich freute er sich genauso wie ich mich. "Da hat et jemand aba uff eenmal eilich.", grinste Opi und trug schnell unser Tablett zum Abfall, ehe er mir die Tür aufhielt. "Na, denn uff zu deinen Prinzen mit seinem edlen Ross." Ich nickte nur grinsend und lief zum Auto. Am liebsten wäre ich gehüpft, so freute ich mich schon.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt