Kapitel 21

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Ich streckte mich in meinem Bett nachdem ich meinen Wecker ausgestellt hatte. Heute war Samstag, aber nicht irgendeiner. Heute war der Samstag, an dem ich mein Date mit Max hatte. Als der Gedanke auch im hintersten Winkel meines Hirns angekommen war, sprang ich aus meinem Bett und stolperte erst einmal über einen ganzen Berg Klamotten. Na klasse. Ich hätte die gestern noch wo anders hinschmeißen sollen. Aber ich war so deprimiert gewesen, dass ich sie einfach hatte liegen lassen und nur in mein Bett gefallen war. Ich griff den Stapel und schmiss ihn wütend in meinen Sessel. Es war echt zum Heulen. Ich hatte nur so dämliche Sportshirts und Jeans. Das einzige Kleid, das ich besaß war ein Rüschenkleid von Mama und Papas zehntem Hochzeitstag, das ich damals schon gehasst hatte und das mir mittlerweile glücklicherweise zu klein war. Trotzdem war das eine Katastrophe, denn ich hatte null Plan, was ich heute Nachmittag anziehen sollte. Grummelig lief ich also in die Küche und griff mir eine Schüssel und füllte mein Müsli ein. Gerade als ich mich an den Tisch gesetzt hatte, kam Mama in die Küche und schlich zum Kaffeeautomaten. "Guten Morgen.", schmatzte ich, als sie sich die Hand vor die Brust schlug und mich erschrocken anschaute "Hast du mich erschreckt. Jetzt bin ich auch ohne Kaffee wach. Was machst du überhaupt schon hier? Heute ist doch Samstag, oder habe ich was verpasst?" Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich war es kein Wunder, dass meine Mutter total irritiert war, denn am Samstag stand ich normalerweise erst um neun auf. Und das auch nur, wenn Papili zum dritten Mal in meinem Zimmer war. Jetzt war es aber gerade einmal kurz nach sieben.
"Okay, dann will ich jetzt wissen, was dich so früh freiwillig aus der Koje treibt. Bist du krank? Geht es dir nicht gut?" Mama schaute mich besorgt an und legte ihre Hand auf meine Stirn. "Nee, mir geht es gut." Genau genommen ging es mir besser als gut, wenn ich an das Date dachte. Sollte ich Mama davon erzählen? Nee, lieber nicht, denn wenn Papili das mitbekam, konnte ich es vergessen und dann gab es garantiert auch wieder Zoff zwischen ihm und Mama. "Was ist es dann", sie musterte mich neugierig. Was sollte ich denn jetzt sagen? Ich schaufelte mir also erst einmal wieder einen Löffel Müsli in den Mund, damit ich etwas Zeit gewann. Mama griff sich ihre fertige Tasse Kaffee und setzte sich zu mir, ehe sie  mich auffordernd anschaute. Okay, sie hatte ihre Frage nicht vergessen. Schnell schaufelte ich den nächsten Löffel in meinen Mund. "Leo, versuchst du Zeit zu schinden? Also was ist los?" Mist, Mama hatte mich durchschaut. "Ich gehe heute ins Kino." Ich musste ihr ja nicht sagen mit wem. "Na, das ist doch toll. Wo ist da das Problem?" "Naja", druckste ich herum "Ich habe mir gestern mal alle meine Klamotten angeschaut und die sehen alle total langweilig aus. Ich habe überhaupt nichts Hübsches anzuziehen."
"Er hat meine Gebete erhört.", jubelte meine Mama los und riss ihre Hände in die Luft. Musste ich diese Reaktion verstehen? Ich kratzte mich am Kopf. "Weißt du eigentlich wie lange ich auf diese Einsicht schon warte? Wann bist du verabredet?" Ich überlegte kurz "14 Uhr."  "Perfekt.", grinste Mama "Wir machen uns jetzt schnell fertig und dann fahren wir zum Powershopping nach Oberhausen ins Centro. Da finden wir garantiert super Sachen für dich und sind auch noch rechtzeitig genug wieder hier." Ich musste auch grinsen. Ja, das hörte sich wirklich perfekt an, aber ....."Was ist mit Dani und Delphie? Du hast doch gar keine Zeit." Mama schüttelte entschlossen den Kopf. "Dein Papa ist ja auch noch da und Omi holt nachher sowieso Dani ab. Sie will mit ihm in den Zoo. Du glaubst doch wohl nicht, dass ich die einmalige Chance auf Shoppen mit meiner großen Tochter verzichte. Auf so einen Mädelstag mit dir warte ich schon ewig." Sie zwinkerte mir zu "Also los jetzt. Papas Kreditkarte wartet darauf zu glühen." Ich musste lachen und rannte auch schon los ins Bad. Ich würde mit Mama garantiert was schönes finden. Außerdem freute ich mich auch, sie mal wieder ganz alleine für mich zu haben.
Ich kippte die ganzen Tüten mit Klamotten auf mein Bett, ehe ich schnell auf meine Uhr linste. Eine Stunde hatte ich noch Zeit. Das würde reichen. Das Shoppen mit Mama hatte richtig Spaß gemacht. Sie hatte ständig lauter hübsche Sachen angeschleppt. Leider hatte ich jetzt aber auch die Qual der Wahl. Sollte ich einen von den Röcken anziehen oder lieber nur eine einfache Jeans mit einem der neuen Shirts. Vielleicht sollte ich erst einmal mit den Schuhen anfangen. Okay, das war einfach. Ich würde die schwarzen Ballerinas anziehen. Die waren genauso bequem wie meine Sneakers, sahen nur viel schicker aus. Dann griff ich zu dem schwarzen Rock. Ja, den würde ich nehmen und dazu das cool bedruckte hellbraune Oberteil, bei dem Mama gesagt hatte, dass es perfekt zu meinen Augen passte. Schnell schlüpfte ich in die Klamotten und stellte mich vor den Spiegel. Das sah wirklich cool aus. Die Strumpfhosen waren irgendwie ungewohnt, aber das würde sich schon noch ändern. Ob ich Max so wohl gefiel? Bei dem Gedanken an ihn wurde ich ganz hibbelig. Aber irgendetwas fehlte noch. Ich kratzte mich am Kinn als mein Blick zu der kleinen Tüte fiel, die auf meinem Nachtisch lag. Ich griff sie mir und holte den Lipgloss heraus, den Mama unbedingt kaufen wollte. Vorsichtig trug ich ihn auf. Ja, mit dem bisschen mehr Glanz, sah ich gleich besser aus. Schnell zog ich auch noch die Parfumflasche heraus, auf die Mama auch bestanden hatte, und sprühte etwas auf mich. Das duftete wirklich gut. Zum Schluss griff ich mir noch die kleine Handtasche -danke Mama- und stopfte mein Handy und Portemonnaie hinein. Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass es höchste Zeit war. Ich rannte also die Treppe runter. Jetzt musste ich nur noch unbemerkt zur Bushaltestelle kommen, wo ich mit Max verabredet war. Gerade als ich die Tür aufriss, stand Papili vor mir. Scheiße, den konnte ich ja jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Der würde mich garantiert einsperren, wenn er was pickte. "Hoppla, mei Minischnütli, wo willst du denn so schnell hin?" Was sollte ich denn jetzt sagen. Wie wäre es mit der gekürzten Wahrheit "Ins Kino. Hab's eilig." Papili grinste "Das sehe ich. Was schaut ihr denn?" "Avengers.", hechelte ich schnell. Hoffentlich kam Max nicht auch gerade aus dem Haus und Papili bekam das mit. Bei dem Gedanken wurde mir ganz mulmig. Dann wäre alles umsonst gewesen. "Den wollte ich mir auch anschauen." Bitte aber nicht heute, schickte ich ein Stoßgebet gen Himmel. "Du kannst mir ja sagen, ob es sich lohnt. Na dann viel Spaß mit Tessa und Maja. Kommt Sascha auch mit?" Ich schüttelte schnell den Kopf und drückte meinem Papili einen Schmatzer auf die Wange, ehe ich mich an ihm vorbei aus der Tür drückte. Erleichtert atmete ich auf, als sie hinter mir ins Schloss fiel. Ich hatte Papili ja nicht angelogen. Ich hatte seine Annahme nur nicht korrigiert, beruhigte ich mich. Das war keine Lüge. So, jetzt musste ich mich aber wirklich beeilen. Nicht, dass Max noch dachte, ich würde nicht kommen und wieder nach Hause ging. Ich lief also schnell Richtung Bushaltestelle.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt