Kapitel 119

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Ich schaute aus dem Fenster, während ich versuchte Tessa ihren Erzählungen zu folgen. "Mensch wir müssen raus?" Ich sprang vom Sitz auf und drückte schnell den Knopf, der dem Fahrer das Signal zum Halten gab. Tessa und Maja sprangen auch auf und wir winkten noch schnell Saschi, der noch zwei Stationen weiter fahren musste. "Man, das war echt knapp ", grinste Maja als wir die Straße zu uns liefen. " Igitt.", stöhnte Tessa auf einmal. Was hatte sie denn jetzt? Sie deutete mit ihrem Kopf in Richtung eines Mädchens, das uns in einem blauen Trainingsanzug mit großem Schalkeaufdruck entgegenkam, und schüttelte sich angewidert. "Ach, diese elenden Zecken.", schleuderte uns das Mädel auch schon entgegen "Pass mal auf." Tessa baute sich bedrohlich vor ihr auf "Blaue essen wir schon zum Frühstück." Maja und ich schauten uns an und zogen Tessa einfach weiter, bevor das ganze eskalieren konnte. "Mensch Tessa, was sollte das denn? Wir haben doch gar kein Problem mehr mit den Schlümpfen.", maßregelte Maja ihren Zwilling und ich musste ihr recht geben, seit wir mit Lucy befreundet waren, hatte sich diese Rivalität für mich erledigt. Ehrlich gesagt hatte ich sie auch noch nie wirklich verstanden, sondern einfach nur mitgemacht, weil das ja alle so sahen. Aber eigentlich hatte ich mich schon immer gefragt, was an dem einen Verein so viel schlimmer als an allen anderen war. " Tessa schüttelte den Kopf "Natürlich haben wir ein dickes, fettes Problem mit diesem Mistvolk" Das verstand ich gerade nicht. "Aber Lucy ist deine beste Freundin." Tessa schaute mich verwundert an "Ja, ich weiß.  Aber Lucy ist Lucy und der Rest ist blauer Abschaum." Musste ich das verstehen? "Das ist doch aber....", fing Maja zu diskutieren an. Ich umarmte die beiden noch schnell und verabschiedete mich, denn wir waren schon vor unserer Tür angekommen. Ich schloss schnell auf und schlüpfte rein. Gerade als ich meine Schuhe in das Regal gestellt und meine Jacke ordentlich aufgehangen hatte, kam Dani angerannt "Mami ist wieder da." Der Kleine strahlte über beide Backen. Klar, hatte er Mama besonders vermisst, denn sie war ja seit Freitag in Berlin gewesen und der Kleine war zwar gerne bei Omi und Opi, aber Mami war halt sein ein und alles. "Na dann lasse uns mal zu ihr gehen." Ich hielt ihm meine Hand hin und sofort griff er zu. "Da bist du ja endlich." Papili schaute mich missbilligend an. "Du hättest eigentlich schon vor einer viertel Stunde hier sein müssen, wenn du den Bus um halb genommen hättest. Er tippte auf seine Uhr. Wusste er eigentlich wie lächerlich er dabei in seiner Kochschürze aussah? "Und angerufen, dass du dich verspätest hast du auch nicht." War das sein Ernst? Ich war vierzehn und wurde zusammengefaltet, weil ich 15 Minuten später von der Schule nach Hause kam. Ich spürte den Frust in mir aufsteigen. So langsam reichte es mir echt. "Hallo, meine Maus." Mama kam auf mich zu und umarmte mich lächelnd, ehe ich Papili eine vielleicht nicht ganz so freundliche Antwort geben konnte. "Na, wie war dein Wochenende bei Franzi?" Sie schaute mich interessiert an. "Es war total lustig. Wir haben..."  "Mama, ich habe ganz viel Applaus in Hamburg bekommen." Delphie kam ins Zimmer getänzelt und drehte sich vor Mama "Und da gab es sogar Marshmallow Creme im Hotel. Papa, die musst du unbedingt auch machen." Papili nickte nur lächelnd "So jetzt lasst uns aber essen und Delphies Erfolg feiern." Wir liefen ihm also alle hinterher ins Esszimmer, wo Delphie sich wie eine Prinzessin den Stuhl von ihm zurecht rücken ließ. Mama schaute mich nur an und verzog ihr Gesicht, ehe sie Dani in seinen Stuhl half  "Lass das doch, mei Sunneschii. Der Junge ist groß genug, um sich alleine darauf zu setzen. Vielleicht willst du ihm auch noch das Essen klein schneiden. Es wird Zeit, dass er endlich selbstständig wird." Das meinte Papili doch nicht ernst? Delphie, die viel älter war verpimpelte er und zu Dani war er viel zu streng. Warum konnte er eigentlich nicht wenigstens ein bisschen so wie Marco sein? Der war immer lustig und cool drauf. "Berlin war echt der Knaller.", fing Mama auf einmal zu erzählen an, während sie Danis Essen kleinschnitt. "Wir müssen da unbedingt mal hin. Am besten zu Weihnachten. Die Weihnachtsmärkte sind echt ein Traum da. Kannst du dich noch erinnern, Brummbärli?" Papili nickte nur sparsam und schnitt Delphies Schnitzel klein. "Oder Silvester zu der großen Party am Brandenburger Tor." Das wäre bestimmt toll. "Ich will aber in die Schweiz zu Oma Karin.", meckerte Delphie sofort los "Da gehen wir wieder in den Boutiquen shoppen, hast du versprochen, Papa." Papili nickte sofort "Das machen wir auch. Berlin steht überhaupt nicht zur Debatte. Weihnachten fahren wir immer in die Schweiz." Mama zog eine Grimasse "und Ostern, Pfingsten, im Sommer und was weiß ich wann noch." Da hatte sie Recht. "Vielleicht sollten wir das für nächstes Jahr mal ändern." Papili schaute sie schockiert an "Aber, mei Sunneschii. Ich bin Schweizer." Mama winkte mit der Hand ab "Ja, und ich Berlinerin. Das Shooting war dort echt klasse. Dieser Milo Steffen ist nicht nur fussballerisch total das Talent, sondern auch vor der Kamera. Wenn das bei dem mal nicht mehr auf dem Rasen läuft, kann er sofort in die Modellbranche wechseln. Aber Brummbärli, du glaubst ja nicht, mit wem ich essen war." Mama wirkte total aufgedreht. Papili zuckte nur mit den Schultern "Mit dem Talent?" Mama lachte "Ja, mit dem auch, aber nur am Freitag. Die anderen Tage war ich immer mit Marvin zusammen. Man war das schön, wir haben uns schon so ewig nicht mehr gesehen und nur ab und zu mal zu Weihnachten oder zum Geburtstag gemailt." Papili schaute sie grimmig an "Du meinst doch nicht diesen Plattenhardt?" Was war denn mit ihm los? "Doch, ich habe meinen Tiger wiedergetroffen. Wir hatten uns so viel zu erzählen. Er ist gerade von dieser blöden Kuh geschieden worden, die irgendwie ein Problem mit mir hatte. Du glaubst es echt nicht, aber sie hat ihn einfach mit den zwei Kindern sitzen gelassen und ist jetzt irgendwo in Indien auf einem Selbstfindungstrip. Die hat doch echt einen Knall." Mama ereiferte sich richtig, während Paps in seinem Essen herumstocherte. Ich fragte mich, wer der Kerl war. Irgendwie hatte ich noch nie etwas von ihm gehört. Wahrscheinlich war das ein alter Schulfreund oder so von Mama. Oder vielleicht auch ihr erster Freund?  "Jedenfalls haben wir beschlossen wieder eng in Kontakt zu bleiben. Und stelle dir mal vor. Mein Tiger kommt mit seinen Kids auch in die Schweiz und verbringt dort die Weihnachtsferien." Mama strahlte richtig "Na glücklicherweise ist die Schweiz ja nicht so klein.", brummte Papili. Scheinbar mochte er diesen Marvin-Tiger nicht. "Stimmt, aber er wohnt im gleichen Hotel wie wir. Da können wir zusammen Silvester feiern und vorher die Tage Skifahren gehen." Mama schien total begeistert. So glücklich hatte ich sie schon ewig nicht mehr erlebt. Ihre Augen funkelten richtig. So sah sie immer nur aus, wenn sie total aufgeregt war und sich auf etwas freute. Jetzt war ich aber auch total gespannt darauf diesen Marvin-Tiger kennenzulernen.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt