Kapitel 56

443 53 16
                                    


Man, Roman nervte echt. Ich schaute zu Leo, die sich gerade mit ihrem Handy am Ohr auf mein Bett gesetzt hatte. Das schien dann wohl ein längeres Gespräch zu werden. Ich fragte mich echt, was er jetzt schon wieder hatte? Es war bei dem dichten Überwachungsnetz ja fast schon ein Wunder, dass er uns nicht darauf gekommen war, bis jetzt. Im Bus hätte ich beinahe einen Herzstillstand bekommen, als Sascha von dieser Überwachumgsapp erzählt hatte. Man, man, man, das hätte uns gerade noch gefehlt. Klar gab uns die Nachhilfe eine Menge Erklärungsmöglichkeiten, aber auch die hatten ja irgendwo ihre Grenzen. Okay, wenn das jetzt länger dauerte, dann würde ich halt zu erst fertig machen gehen. Das passte mir zwar eigentlich überhaupt nicht, aber dumm zu warten machte es ja auch nicht besser. Ich griff mir also meine Sachen und verschwand im Bad, nachdem ich Leo ein Zeichen gegeben hatte. Kaum hatte ich die Badtür zu, lehnte ich mich dagegen. Sollte ich noch schnell duschen? Das Telefonat dauerte wahrscheinlich noch lange genug. Ich schnupperte an meinen Achseln. Nee, die waren noch gut. Also konnte duschen ausfallen. Wäre auch blöd, weil dann ja wieder meine Haare nass wären und es noch einmal ewig dauern würde, bis ich sie wieder in Form hätte. Irgendwie war Leo im Bus und auf dem Heimweg die ganze Zeit komisch, schoss es mir durch den Kopf. Sonst quatschte sie immer und alberte mit allen herum. Heute war sie aber total schweigsam gewesen. Ob das an mir lag? Vielleicht wollte sie ja gar nicht wirklich in meinem Zimmer schlafen. Bei dem Gedanken musste ich schlucken. Ich hatte mich zwar riesig gefreut, dass sie zugestimmt hatte, aber wenn ihr das unangenehm war. Vielleicht sollte ich sie noch einmal fragen? Umsonst hatte sie bestimmt nicht die ganze Zeit gegrübelt. Wahrscheinlich wusste sie nur nicht, wie sie es mir beibringen sollte. Okay, ich würde ihr gleich, wenn ich aus dem Bad kam, noch einmal die Möglichkeit geben sich umzuentscheiden. Auch wenn ich hoffte, dass sie es nicht tat. Ich spuckte die Zahnpasta in das Waschbecken und spülte meinen Mund aus. Kurz hielt ich meine Hand vor den Mund und atmete dagegen. Ja, akzeptabel. Mein Blick fiel auf die Mundspülung, die dort stand. Akzeptabel reichte nicht. Umwerfend wäre besser. Ich griff also zu der Flasche und füllte etwas in den Becher. Wenn mein Zwilling das immer nutzte, dann machte das garantiert Sinn. Kaum hatte ich das Zeug im Mund und spülte damit, fing alles an zu brennen. Holy shit, war das Zeug scharf. Schnell spuckte ich es wieder aus. Super, ich hatte nicht mal mehr Gefühl in meiner Zunge. Egal, das würde schon wieder, dafür roch ich jetzt wie die Frische des Meeres. Jedenfalls sagte das der Aufdruck. Ich musste an unsere letzte Klassenfahrt an die Nordsee denken. Ich hoffte mal, die meinten ein anderes Meer und eine andere Frische, denn sonst roch ich nach totem Fisch und Algen. Ich schaute in den Spiegel und fuhr mir noch einmal kurz durch die Haare, ehe ich doch noch einmal kurz zum Deo griff. Dann wurde die Nordsee im schlimmsten Fall etwas neutralisiert. Noch einmal wieder schaute ich prüfend auf mein Spiegelbild. Das schwarze Tanktop saß gut. Ich hatte es heute früh extra rausgekramt. Normalerweise hatte ich sonst ja immer meine Lieblingsshirts mit Spongebob oder den Simpsons an, aber das war mir dann vor Leo doch zu peinlich, also hatte ich mich lieber für etwas Neutrales entschieden. Mein Blick glitt weiter runter. Meine schlabrigen Spongebob-Boxer hatte ich auch im Schrank gelassen und durch ein paar enganliegende schwarze ersetzt. Genauer gesagt waren das meine besten Unterhosen. Die hatte Paps letztens von irgendso einem Designerlabel mit den Worten "Wenn ihr mal was am Laufen habt, werdet ihr mir dafür danken. Das ist die perfekte Austattung für ein heißes Date. Die Weiber stehen voll darauf." angeschleppt und mir und Phil in die Hand gedrückt. Also danke, Paps. Mit meinem Anblick zufrieden lief ich zurück in mein Zimmer. "Ich dann Bad.", drückte sich Leo sofort an mir vorbei und verschwand in eben diese Richtung. Ich schüttelte kurz meinen Kopf. Irgendwie war sie komisch. Mensch, ich musste noch diese blöden Kondome aus dem Nachttisch entfernen. Hoffentlich hatte sie die nicht durch Zufall gefunden und war deshalb so komisch. Obwohl nee, auf dem ganzen Heimweg war sie ja schon so, verdrängte ich den Gedanken wieder ganz schnell.
"Heh Bro, wir gehen jetzt auch ins Bett." Phil kam in mein Zimmer und schaute sich um. Schnell hielt ich ihm die Kondome hin, die ich fgerade aus der Schublade genommen hatte, in die er sie verschwinden hatte lassen. Er beäugte die Packung und zog seine Augenbrauen fast bis zum Scheitel "Mensch Alter so romantisch wie das hier aussieht, brauchst du die wirklich nicht." Was meinte er denn damit? Was hieß hier romantisch. Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. Ja klar, ich brauchte dringend ein paar Kerzen. Ich rannte los und wurde von ihm unsanft gestoppt. "Wo willst du hin?"
"Kerzen holen." Ich versuchte mich loszumachen. Schlieslich hatte ich nicht ewig Zeit bis Leo im Bad fertig war. "Bist du bescheuert oder willst du uns das Haus unter dem Arsch abbrennen, wenn ihr dann einpennt?" Okay, das war ein Argument. Was sollte ich aber dann machen? Verzweifelt schaute ich mich wieder um. "Menschenskinder, mache einfach die Lampe mit dem Lichtwechsel an. Weiber stehen auf buntes Licht." Das war es. Ich grinste ihn dankend an "Ich bin dann auch mal weg." Sein Blick fiel wieder auf die Kondompackung in seiner Hand "Und du brauchst die echt nicht? Wer weis wann ihr mal wieder die Chance habt und der Oberkontroletti nicht in der Nähe ist." Mein Zwilling schaute mich zweifelnd an "Ich habe auch schon von Paps einen provelaktischen Vorrat bekommen." Er nickte beruhigt und verschwand aus meinem Zimmer. Damit hatte ich ja nicht gelogen. Im Rahmen eines äuserst unangenehmen Aufklärungsfesprächs hatte Papps mir ein Paket in die Hand gedrückt. Ich konnte mich noch erinnern wie glücklich ich war, dass er mir nicht noch unbedingt die Handhabung zeigen wollte. Ich meine wie schwer sollte es sein sich so etwas überzurollen. Egal, jedenfalls schlummerte dieses Päckchen noch irgendwo in der hintersten Ecke meines Schranks. Jetzt hatte ich aber wichtigeres zu tun als an Kondome zu denken. Ich schaltete die Farbwechsellampe an. Sofort leuchtete der ganze Raum in einem kräftigen rot. Okay rot war die Farbe der Liebe, aber rotes Licht hatte ja auch einen etwas anrüchigen Beigeschmack. Also wechselte ich. Nee, blau war irgendwie kalt. Violett. Ja, violett war gut. Ich schaute mich in meinem nun violett leuchtenden Zimmer um. Perfekt. Und jetzt? Jetzt musste ich wohl nur noch auf Leo warten. Aber hier rumstehen war ja auch total blöd. Ich schaute zu meinem Bett. Genau. Ich würde mich jetzt schon einmal in mein Bett setzen. Keine Minute später hatte ich mein Deckbett bis zu meiner Taille gezogen und sas dort und schaute erwartungsvoll zur Tür. Hoffentlich kam Leo bald.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt