Kapitel 149

506 59 23
                                    


Ganz vorsichtig wurde meine Zimmertür aufgestoßen und mein kleiner Bruder kam ins Zimmer gehüpft. "Alles Tute zum Teburtstag.", grinste er mich an. Stimmt, da war ja was. Ich hatte heute Geburtstag. Mein fünfzehnter. Ich streckte mich kurz in meinem Bett und klopfte dann auf die Matratze neben mir. Dani ließ sich nicht zweimal bitten und kletterte zu mir ins Bett. "Was hast du denn da in der Hand?" Ich schielte auf eine Papierrolle. Sofort streckte er sie mir strahlend entgegen. "Für dis. Mein Tesenk." Ich griff sie mir und rollte sie auseinander, während er sich an mich kuschelte. Auf dem Blatt waren ganz viele Menschen zu sehen. " Is habe unsere Familie temalt.", fing er an zu erklären. "Aber so viele sind wir doch garnicht." Ich schaute ihn stirnrunzelnd an. " Doch", nickte er eifrig. "Das ist Franzi, Marto, Max.....", er benannte jede einzelne Figur, die er gemalt hatte. "Aber das ist doch nicht unsere Familie.", unterbrach ich ihn vorsichtig. "Doch", wieder nickte er total überzeugt. "Sie sind immer lieb zu uns", sein Gesicht wirkte so ernsthaft wie das des amerikanischen Präsidenten bei der Vereidigung. "Und Marto pielt immer mir, wie Opi." Ja, wenn man diese Maßstäbe anlegte, dann waren Marco und Franzi wirklich mehr unsere Familie als Mama und Papili. Es gab mir einen Stich in der Brust und ich musste daran denken wie es vor zehn Jahren war, als ich fast in Danis Alter war. Papili hatte immer für mich Zeit und auch Mama war nicht im Dauerstreß. Wann hatte das eigentlich alles angefangen so blöd zu werden? Aber war das wirklich so einfach, wie Dani es sah? Wer Zeit hatte und lieb war, war unsere Familie? Natürlich nicht. Seine Familie konnte man sich halt nicht aussuchen. "Das hast du echt toll gemalt.", lobte ich den Zwerg als Papili ins Zimmer gestürzt kam. "Herzlichen Glückwunsch, mein Minischnütli. So, jetzt aber hopp hopp aus dem Bett, wir müssen noch laufen gehen, bevor nachher gefeiert wird." Er schaute zu Dani, der sich an mich gekuschelt hatte. "Was macht das Bürschli denn hier bei dir?" Dani hielt ihm stolz sein Bild hin. "Leos Burtstagsteschenk." Papili griff nach dem Blatt und ließ es auf den Nachttisch fallen. "So,jetzt aber raus mit dir. In fünf Minuten vor dem Haus", kam seine Anweisung an mich, während Dani enttäuscht guckte. Stöhnend schwang ich meine Beine aus dem Bett. Na das war doch ein Geburtstag wie man ihn sich wünschte. Mein Blick fiel zur Uhr. Ja,wer fand das nicht toll auf einem Samstag um acht Uhr mit seinen Vater laufen zu gehen. Insbesondere wenn dieser auf dem Elektrofahrrad neben einem fuhr und einen ständig anpeitschte. Ich spürte Danis kleine Hand, die an meinem Schlafshirt zuppelte. "Hab' dis lieb, Leo." Ich musste lächeln und beugte mich zu ihm runter, um ihm einen Schmatzer auf die Wange zu drücken. Als nächstes schwang ich mich in meine Sportklamotten. Zähneputzen war dann erst nachher nach dem Duschen dran. Ich stolperte also schnell die Treppe hinunter und schlüpfte in meine Laufschuhe. Gerade als ich aus der Tür in den Vorgarten lief, streifte ich noch schnell den Haargummi von meinem Handgelenk und machte mir einen Zopf. "Du gehst nächste Woche mal wieder zum Friseur und lässt dir die Haare abschneiden. Diese Zottlis stören ja nur beim Sport. Wo warst du überhaupt so lange?, begrüßte mich Papili vorwurfsvoll, während er schon neben seinem Rad stand. Wie hatte er meine Haare gerade genannt? Zottlis? Das konnte er ja mal gleich vergessen, dachte ich sauer. Ich war stolz auf meine Haare und würde sie garantiert nicht abschneiden lassen. Gefrustet lief ich los. "Hopphopp, das geht schneller.", feuerte er mich sofort an....
Frisch geduscht stand ich vor meinem Kleiderschrank und überlegte,was ich anziehen sollte, als es unten an der Tür klingelte. Das waren bestimmt Omi und Opi. Oma Karin und Opa Martin waren ja schon gestern aus der Schweiz gekommen. Ich griff also schnell nach einer Jeans und einem Shirt und schlüpfte hinein, ehe ich nach unten startete. "Da kommt ja unsere Minischnute." Opi kam auf mich zugestürzt und zog mich in seine Arme "Allet Jute, meene Kleene." Kaum das er mich losgelassen hatte, wurde ich von Oma Dani geknuddelt. "Auf das sich alle deine Wünsche erfüllen." Sie lächelte mich an. "Du siehst so hübsch mit den langen Haaren aus. Vielleicht feiert im nächsten Jahr schon dein Freund mit uns. Das kann nicht mehr lange dauern, bis du einen hast." Sie strich eine Strähne hinter mein Ohr. Tja, genaugenommen könnte ich sofort mit meinem Freund feiern, wenn das Wörtchen wenn nicht wäre..."Ach,da ist ja unser Geburtstagskind endlich. Süße, hast du lange geschlafen." Oma Karin kam gefolgt von Opa Martinnaus der Küche. Wie, ich hatte lange geschlafen? "Ich bin doch schon seit acht Uhr wach." Oma Karin schaute mich schockiert an. "Wieso hast du dich dann versteckt? Ich hätte dir doch Crêpes zum Frühstück gemacht." Alleine schon bei dem Gedanken daran, fing mein Magen laut an zu knurren. "Nein, Mutter. Leo braucht ein gesundes Frühstück, damit sie auch Leistung bringen kann." Papili kam aus der Küche und hielt mir einen Becher hin "Hier ein Protein-Shake. Das ist genau das Richtige nach den 10 km." Angewidert griff ich nach dem Becher. Ich hasste diese Shakes. "Wie 10 Km?" Opa Martin schaute seinen Sohn schockiert an. "Naja Leo ist vorhin mit mir zusammen 10 Km gelaufen. Schließlich will sie Profi werden, da gehört das dazu." Stolz grinste er seinen Vater an. "Der Kerl hat doch 'nen Knall.", regte sich Opi Chris auf. "Die Kleene hat heute Jeburtstach und der scheucht sie wie een Huhn durch die Jegend." Ich sah,wie Omi ihren Ellenbogen in seine Seite boxte und ihn mahnend anschaute. "Na wieso,nstimmt doch.", begehrte er sofort auf. "Ja, das sehe ich auch so.", schaltete sich Oma Karin ein. "Heute ist Geburtstag, trainiert werden kann auch an einem anderen Tag." Ich wollte gerade den ersten Schluck aus dem Becher trinken, als Opa Martin ihn mir aus der Hand nahm. "Lasse das Zeug mal. Oma macht dir jetzt was  richtiges zum Frühstück, nicht wahr Karin?" Omi nickte sofort. "Jenau. Wir hauen uns jetzt erst mal alle wat zwischen de Kiemen.", grinste auch Opi Chris. " Wo is überhaupt meene jroße Schnute?" Er schaute sich suchend um. Stimmt, ich hatte Mama heute noch gar nicht gesehen. Alle schauten sich an und zuckten mit den Schultern als die Tür schloß. Mama kam mit einem großen Karton und einem Blumenstrauß in der Hand hereingestürzt. " Happy Birthday, meine Große." Sie drückte Opi den Karton in die Hand. "Bin ich zu spät?" Sie schaute sich erschrocken um. " Ich habe nur schnell eine Torte besorgt." Wie Torte besorgt? Sie hatte doch immer eine BVB Torte für mich gebacken. "Sorry, meine Maus. Ich habe es dieses Mal nicht geschafft zu backen.", entschuldigte sie sich bei mir und zog mich in ihre Arme. Dann überreichte sie mir den Blumenstrauß und einen Umschlag. Ich öffnete ihn und zog einen Gutschein heraus. "Wir gehen den ganz bald zusammen einlösen.", lächelte sie mich an. "Und dann suchst du dir tolle Klamotten aus." Ich musste an ihren Gutschein von Weihnachten denken, der immer noch unangerührt auf meinem Schreibtisch lag. Dann bekam er jetzt wohl Gesellschaft. Ich versuchte trotzdem fröhlich zu grinsen. "Na dann lasst uns den Kuchen futtern." Opi Chris legte seinen Arm um meine Schulter und schob mich in Richtung Esszimmer, wo Omi schon den Tisch deckte. Ich schob mir halb verhungert die erste Gabel mit Kuchen in den Mund. Na wenigstens war es leckere Mousse au chocolat Torte. "Dein richtiges Geburtstagsgeschenk bekommst du heute Nachmittag als Überraschung.", strahlte mich Papili an. Oh, juhu. Gab es mal wieder ein neues Handy? Was ich mich doch schon freute. Der sollte seinen Elektroschrott bloß behalten. Veilleicht hatte er ja eine Fussfessel gefunden, die frei verkäuflich war. Dieses Mal gab es auch zum ersten Mal keine Geburtstagskerzen, dachte ich enttäuscht. Heute hätte ich sogar einen Wunsch beim Auspusten gehabt. Ich sah sofort Max sein Gesicht vor mir. Tja wäre ja auch zu schön gewesen. "Und heute Nachmittag wird dann wieder Party gemacht?" Opi Chris schaute zu Mama, die mit den Schultern zuckte. "Denke schon. Franzi und Marco haben alles geplant." Mir fiel wiedert Danis Bild ein. Vielleicht hatte er ja doch recht. Und eigentlich waren sie unsere wirkliche Familie.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt