Kapitel 19

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Max lief neben mir aus der Schule. Gerade hatten wir wieder zusammen Projektstunde gehabt. Die ganze letzte Woche hatte ich wirklich bei der Familie Reus gewohnt. Ich hatte echt keinen Plan, wie Franzi das hinbekommen hatte. Mein Blick fiel auf meine Hand, die heute den ersten Tag ohne Verband war. Ich schaute zu Max und sofort polterte mein dummes Herz wieder los. Er hatte genau wie man es ihm im Krankenhaus gezeigt hatte, jeden Tag meinen Verband gewechselt. Jedesmal war ich total kribbelig geworden, während er ganz cool meine Hand eingeschmiert und verbunden hatte. Ich hatte so gehofft, dass sich da mehr entwickeln würde. Aber scheinbar hatte er nicht das geringste Interesse an mir, sonst hätte er mich garantiert schon nach einem Date gefragt. Das sollte ich einfach in meinen dummen Kopf bekommen. Einseitige Liebe war doch total bekloppt. Ich hörte einen lauten Pfiff "Heh, Minischnute." Sofort riss ich meinen Kopf hoch und schaute, wo Opis Stimme herkam. Er stand lässig an sein Auto gelehnt und wartete auf mich. "Ciaoi.", verabschiedete ich mich schnell und sprintete zu ihm. Sofort fiel ihm um den Hals "Na, meene Minischnute. Allet klar bei dir?" Ich nickte grinsend. "Denn steht ja een Opa-Minischnuten-Tach nischt im Wege. Na los steig ein. Wir fahren jetzt erst mal wat richtiges futtern. Wat hälste von Burger King?" Ich nickte nur wild mit meinem Kopf, lief zur Beifahrertür und sprang ins Auto. Was konnte es cooleres geben als einen Tag mit Opi alleine.
"So, denn lass uns mal rinnhauen." Opi stellte vor mir auf dem Tisch das vollbeladene Tablett ab. Ich griff mir sofort meinen Burger und wickelte ihn aus. Boah, hatte ich einen Kohldampf. Zwar hatte Marco mir auch jeden Tag genauso ein riesiges Pausenpaket mitgegeben wie Tessa und Maja, aber die beiden hatten auch die Hälfte davon geschnorrt. Nachdem ich den Burger inhaliert hatte, griff ich mir die Pommes. "Wieso biste eigentlich vorhin mit dem Max jekommen? Der jeht doch schon in die Oberstufe?" Opi schaute mich neugierig an. "Wir sind doch in einer Projektgruppe.", antwortete ich schnell, bevor ich mir den nächsten Pommes in den Mund stopfte. "Was denn für ein Projekt?" Stimmt, Opi wusste davon ja gar nichts. "Wir machen das mit der Oberstufe zusammen. Max und ich haben Astronomie als Thema genommen. Du glaubst ja gar nicht, wie viel Max über die Sterne weiß. Max ist voll schlau. Er weiß fast alles."  Opi schaute mich nachdenklich an "Wenn er fast alles weiß, weiß er dann auch, dass meene Minischnute für ihn schwärmt?" Was meinte Opi denn damit? Woher wusste er das? Ich spürte wie mein Gesicht ganz warm wurde. "Das tue ich gar nicht.", schüttelte ich schnell den Kopf. "Ach, meene Schnute. Dat muss dir doch nich peinlich sein. Dit is doch normal in deinem Alter. Und der Max is ja och een ziemlich hübscher Kerl." "Findest du auch?", schoss es mir aus dem Mund, ehe ich überlegte. "Na klaro, obwohl mit mir kanna et nich uffnehmen.", zwinkerte Opi mir zu. Ich musste lachen "Stimmt. Aber woher weist du, dass ich ihn mag?" Opi grinste mich breit an "In jedem deiner Sätze kam sein Name vor und du hast dabei so ein jewisses Jlitzern in den Ogen jehabt. Dit kenn ick noch von deene Mama." Ich schlug meine Hände vor das Gesicht. Wenn das so auffällig war, dann würden es bald auch alle anderen merken. "Warum kiekste denn jetzt so bedröppelt, meene Kleene?" Sollte ich Opi in mein Problem einweihen? Naja, mitbekommen hatte er ja sowieso schon einen Teil davon. Also warum nicht. Vielleicht wusste er ja einen Tipp für mich. Opi war schließlich auch richtig klug und er hatte schon so viel erlebt. "Na ja, ich finde Max schon ziemlich toll. Aber er scheint sich überhaupt nicht für mich zu interessieren." Opi unterbrach mich sofort "Wie kommste denn uff den hohlen Ast?" Ich zuckte mit den Schultern "Sonst hätte er mich doch schon mal nach einem Date gefragt." Wieder winkte Opi sofort ab "Dit is ja ma Quatsch. Pass mal uff, ick erzähl dir jetzt mal 'ne Jeschichte. Als ick jung wa, jab it in unsere Parallelklasse sone süsse Maus, die hieß Daniela." Ich musste grinsen "Du meinst Omi?" Opa fing auch an zu lachen und nickte  "Jenau, deine Omi. Dummerweise war nich nur icke der Meinung, dass se süss is. Da jab et noch diesen Typen von de Fussballer, der och hinter ihr her war. Ick wa ja nur bei de Leichtathleten." Opi fuhr sich mit seiner Hand durch seine dichten grauen Haare. "Du musst wissen, imma kriegen nur die Fussballer die heißen Bräute ab. Dit war sozusagen Jesetz bei uns." Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass Opi Angst vor Konkurrenz hatte. Er war riesig groß und selbst jetzt noch total muskulös. Auf den Bildern von früher sah er auch richtig toll aus. "Jedenfalls habe ick jedes Mal, wenn ick die Omi jesehen habe keen eenziged Wort mehr aus meenem Mund bekommen. Ick habe sie imma nur anjestarrt wie een Jestörter, weil meen Herz bis sonstewo jeschlagen hat und meene Zunga am Jaumen jeklebt hat." Ich schüttelte meinen Kopf "Das glaube ich nicht." Opi war schließlich immer mit dem Mund vorne weg. Er hatte doch nie vor irgendetwas Angst. "Globe dit ma. Ick hatte solchen Schiss vor eene Abfuhr. Und den eenen schönen Tages stand dene Omi inne Pause vor mir und hat mich jefragt, ob wa nich mal zusammen ins Kino wollen. Ick bin fast ausse Socken jekippt." Er schüttelte schmunzelnd seinen Kopf, als könnte er es immer noch nicht glauben "Allet, wat ick als Antwort rausbekomen habe, war een Nicken. Glücklicherweise hat dit deene Omi nich jestört und sie hat eenfach een Termin und Ort jesagt, ehe sie wieda zu ihre Freundinnen is."
"Und seid ihr dann ins Kino?" Jetzt war ich doch neugierig. Opi strahlte mich an "Na logo. Meenste ick hätte mir die Chance entgehen lassen. Und seid dem konnte uns nischt mehr trennen." Ich nickte verstehend. Das war eine tolle Geschichte, aber was sollte mir das jetzt weiterhelfen?
"Mensch Mädel, jetzt kiek nich so bejriffsstutzig. Manchmal kommt da echt deen Vadder durch. Der hat übrigens seine Klappe och nur ziemlich schwer uffjekriegt. Wenn deene Mutter da nich och mutig jewesen wäre, wees ick nich, ob dit wat jeworden wäre. Ihr Frauen aus unsere Familie seid alle stark und selbstbewusst und scheinbar neigt ihr dazu euch schüchterne Erpel auszusuchen. So wie der Max dich vorhin anjeguckt hat, is der och voll in dich verschossen. Glob mir dit." Das konnte ich gar nicht glauben. Max war so schlau. Also warum sollte er Angst haben mich anzusprechen. Nee, ich war ihm bestimmt nur zu jung und zu dumm. Obwohl wenn Opi das sagte. Opi hatte eigentlich immer recht. "Jetzt hör uff zu grübeln. Glob mir ma, der hat nur die Buxen voll. Wenn de den wirklich magst, denn fragste ihn eenfach, ob er mit dir ins Kino jeht. Du wirst sehen, der sacht sofort ja und denn loft dit von alleene. Du bist jenauso stark wie Omi und wie deene Mama. Manchmal heißt dit halt selbst is die Frau." Opi klopfte mir aufmunternd auf den Rücken. Ich nickte nur. Vielleicht hatte er ja wirklich recht und ich sollte es versuchen. Aber wenn Max nein sagte, war das doch total peinlich. Andererseits, wenn er wirklich Angst hatte mich zu fragen und es nur daran scheiterte, wäre das ja auch blöd. Ich sollte da einfach noch einmal ganz in Ruhe drüber nachdenken.
"So, und jetzt hol ick uns noch eenen Milchshake, oder wat meenste." Opa schaute mich fragend an. Ich nickte wild "Jaaa, Milivanilli."

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt