Kapitel 30

480 64 24
                                    


Ich hatte gerade mein Training mit Nelly beendet. "Na, wie ist es gelaufen?" Phil stand auf einmal neben mir und klopfte meiner Stute den Hals als ich sie in der Stallgasse zum Putzen festmachte. "War ganz okay. An den Traversen hakt es noch ein bisschen, aber sonst lief es eigentlich." Er grinste mich an " Na das läuft dann schon am Samstag, wenn dein Glücksbringer dabei ist." Ich musste auch grinsen, denn heute in der Pause hatte ich mitbekommen, wie Tessa und Maja Leo gefragt hatten. Man war ich erleichtert als ich gesehen habe wie freudig sie reagiert hatte. Mist, dass wir uns nur so selten sehen konnten. Am liebsten hätte ich mich schon noch einmal vor dem Wochenende mit ihr getroffen. Vertieft in meine Gedanken putzte ich Nelly, als sich von hinten Hände auf meine Augen legten. Was war das? Nee, besser gefragt, wer war das? Ich nahm die Hände von meinen Augen und drehte mich schnell um. Wow, ich schaute in die schönsten braunen Augen, die ich je gesehen hatte. Oder anders gesagt, ich schaute in die Augen von meinem Mädchen. Halt, stop. "Was machst du hier?" Klasse, ich klopfte mir für diese doch sehr romantische und einfühlsame Frage selbst auf die Schulter. Leo musste ja denken, sie störte."Das ist toll, dass du hier bist.", schob ich also schnell hinterher. Phil schaute zwischen uns hin und her "Ich bin ja dann mal so überflüssig wie der Weidenfeller in der Oberstufe.", grinste er "Salomon hat glaube ich gerade nach mir gerufen. Und macht nichts, was ich nicht auch tun würde.", zwinkerte er noch im Weggehen. "Ich wollte dich besuchen.", fing Leo ganz aufgeregt an zu plappern. "Und Opi deckt uns jetzt einmal in der Woche. Da können wir uns immer hier treffen. Und nachher holt er mich wieder ab. Und ich komme am Samstag zum Reitturnier. Und.."ich unterbrach  mein Mädchen kurz, in dem ich einfach meine Lippen auf ihre drückte, bevor sie weiter schnatterte. Sie hatte gesagt, wir konnten uns jetzt jede Woche treffen. Mehr musste ich gar nicht wissen. Ich spürte wie sie ihre Arme um meinen Nacken schlang und sofort fing mein ganzer Körper an zu kribbeln und mein Magen schlug irgendwelche Purzelbäume. Wieder spürte ich diese weichen warmen Lippen. Das war echt der Wahnsinn. Plötzlich spürte ich die Schnauze meiner Stute, die uns anstupste. Leo sprang erschrocken zurück. Klar, sie hatte ja Angst vor Pferden, genau wie meine Schwestern. Damals als sie klein waren hatten ja Roman und mein Paps unbedingt verhindern wollen, dass die Mädels Fussball spielten und hatten sie deshalb zum Reiten geschleppt. Gleich beim ersten Versuch hatten sich alle drei verletzt. Leo hatte es mit einem gebrochenen Arm am schlimmsten getroffen. Kein Wunder, dass sie immer noch Angst hatte. Das witzige daran war eigentlich nur, dass genau deshalb Phil und ich zum Reiten gekommen waren. Wenn wir uns jetzt aber immer im Stall treffen würden, sollte ich unbedingt mit ihr an der Angst arbeiten. "Du musst keine Angst vor Nelly haben. Sie ist ganz lieb. Schau mal, was sie für ein weiches Maul hat." Ich nahm Leos Hand, die sich ziemlich sträubte und fuhr damit ganz sanft über ihren Nüstern. "Wow, das fühlt sich ja wie Samt an" Sie hatte ihre Augen weit aufgerissen. Ich nickte nur. "So, jetzt bringe ich aber Nelly in ihre Box. Und dann können wir ja ein bisschen spazieren gehen, wenn du magst." Leo schaute mich an. Ich konnte ihren Blick aber nicht wirklich einschätzen. Es schien fast, als wäre ihr etwas peinlich. Nee, oder? Es war ihr doch nicht etwa peinlich mit mir gesehen zu werden. Als wir im Kino waren, hatte ihr das doch auch nichts ausgemacht. "Wir müssen ja nicht, wenn du nicht willst.", haute ich also schnell raus. "Ähm naja. Ich würde schon gerne, aber ich muss noch eine Berichtigung machen." Sie spielte mit dem Reisverschluss von ihrer Jacke herum. Was war denn daran nun das Problem? "Ich kann dir ja schnell helfen.", schlug ich vor. Den Stoff der achten sollte ich eigentlich noch drauf haben. "Ist aber ... aber ganz schön viel.", stotterte sie und lief rot an. Wieviel sollte schon falsch sein? "Was ist es denn?" "Chemie.", kam die kurze Antwort. Na das war ja mal überhaupt kein Ding. Das hatte ich doch erst mit meinen Schwestern geübt. Da konnte man ja nun wirklich nicht viel falsch machen. Die Berichtigung war garantiert in fünf Minuten Geschichte. "Na dann lass' uns das mal anschauen." Leo zog ihre Arbeitsblätter heraus. Sofort sprang mir eine fette fünf entgegen. Ach du Scheiße. Wenn Jasi das sah, gab es garantiert Ärger. Soweit kannte ich meine Patentante. Ich bezweifelte, dass dann noch ein Treffen in nächster Zeit möglich war. Wahrscheinlich würde sie nur noch mit ihrer Tochter pauken. "Du hast ja kaum etwas beantwortet.", stellte ich fest, nachdem ich alles durchgeblättert hatte. "Warum hast du denn am Samstag nichts gesagt, dann hätten wir doch zusammen üben können anstatt ins Kino zu gehen."  "Dann hättest du mich garantiert für dumm gehalten und nichts mehr mit mir zutun haben wollen." Man sah Leo süß aus, wenn sie eine Schmollschnute zog. "Ich würde immer etwas mit dir zu tun haben wollen. Schließlich bist du doch meine Freundin." Mist, ich hatte sie ja noch gar nicht gefragt, ob sie das überhaupt sein wollte. Obwohl, wir hatten uns geküsst. Das machte man doch nicht nur so. Das hatte doch etwas zu bedeuten. Ich sollte das jetzt aber mal ganz schnell klären "Willst du meine Freundin sein?" Ich schaute sie abwartend an. Sofort tauchte ein wunderschönes Strahlen in ihrem Gesicht auf "Ja, ich will." Aufgeregt nickte sie mit ihrem Kopf und mein Puls raste mindestens genauso aufgeregt. Dann waren wir jetzt wirklich so richtig zusammen. Sofort drückte ich meine Lippen auf ihre. So etwas wichtiges musste doch angemessen besiegelt werden.
"So, und jetzt machen wir die Berichtigung. Meinst du es gibt Ärger, wenn du das deinem Paps zur Unterschrift gibst?" Roman war was die Schule anging viel lockerer. Das wusste ich. "Opi fälscht dür mich Papilis Unterschrift.", grinste Leo. Okay, das war zwar irgendwie creepy, aber es passte zu Chris. Ich fand Leos Opa schon immer extrem cool, weil er so ganz anders war. Auch seinen Berliner Dialekt fand ich irgendwie interessant, genau wie bei meiner Mom. Wenn sie viel mit Jasi, Kathi, Vicki und Mili zusammen war, da verfiel sie auch manchmal da rein. Es war unglaublich wie schnell die auch miteinander palawern konnten. Da musste man sich echt konzentrieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Und manchmal hatten die echt lustige Begriffe. Mittlerweile wusste ich schon, dass Mama Kopfschmerzen hatte, wenn sie von einer Bregenpanne sprach. Aber als ich kleiner war, hatte ich diesen Begriff echt nicht verstanden.
"Dafür musste ich Opi aber versprechen, dass ich jetzt mehr lerne." Leo verdrehte total niedlich ihre Augen. "Das Versprechen wirst du auch einhalten. Dafür werde ich schon sorgen." "Achja.", grinste sie. "Achja." Ich drückte noch einmal kurz meine Lippen auf ihre "Ich habe da nämlich ganz bestimmte Belohnungen als Motivation." Wieder gab ich ihr einen kurzen Kuss. "Okay, überzeugt. Können wir jetzt mit dem Lernen anfangen?"grinste sie mich an. Ja, ich war mir sicher, wir hätten beide Spaß daran.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt