Kapitel 27

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Ich schaute auf den aufgeschlagenen Ordner vor mir. Morgen war diese unheilige Chemieklausur und dieses dumme Periodensystem war für mich so nachvollziehbar wie künstliche Fingernägel. Wer war überhaupt auf diese dämlichen Begriffe gekommen? Plumbum, Argon .... ich ließ meinen Kopf auf den Schreibtisch sinken und schloss meine Augen. Sofort sah ich Max vor mir. Man, war das schön gewesen als wir uns geküsst hatten. Ich hatte aus einem Reflex heraus meinen Kopf gedreht und dann waren seine Lippen auf meinen gelandet. Die hatten sofort angefangen total zu kribbeln und in meinem Magen hatte sich alles zusammengezogen. Das war so was von creepy. So ein Gefühl hatte ich noch nie. Als mein Papili aufgetaucht war, war mir fast das Herz stehen geblieben. Glücklicherweise hatte er aber überhaupt nichts mitbekommen. Max und ich mussten einfach noch vorsichtiger sein. Sofort fing mein Herz wieder an zu hüpfen. Max wollte sich am nächsten Samstag wieder mit mir treffen. Dann musste ihm das gestern ja gefallen haben. Er hatte mich auch zweimal seine Freundin genannt. Ich hob meinen Kopf wieder an und schaute auf mein Arbeitsblatt. Also Plumbum war Blei.  Und schon verwandelte sich die Schrift wieder in Max Gesicht. Juhu oder auch Hokuspokus, weg ist der Fokus. Ein leise Klopfen am Türrahmen riss mich aus meinen Gedanken.
"Na, Maus. Schon wieder fleißig beim Lernen?" Mama steckte ihren Kopf durch die Tür.  "Ich wollte dich eigentlich fragen, ob du mitkommst. Ich wollte mit Dani und Delphi zum Phönixsee ein Eis essen. Dann hat Papa seine Ruhe und kann weiter seine Bücher lesen." Mama fing an zu grinsen "Er hat sich gestern bestimmt zwanzig verschiedene Bücher über Ernährung und Trainingsmethoden gekauft, damit er gut vorbereitet ist, wenn dann die Schulung für den Trainerschein losgeht." Ich musste auch grinsen. Papili nahm das wirklich total ernst. Da war ich richtig stolz drauf. Ich schob meinen Stuhl zurück. Im Moment konnte ich mich sowieso nicht konzentrieren, da konnte ich auch gut mit Mama und meinen Geschwistern eine kleine Auszeit nehmen. Vielleicht klappte es danach ja besser.
"Mama, tuck mal. Ein Enter." Dani tapste vor Mami und mir und zeigte strahlend auf den See. "Boah bist du doof.", krähte Delphie sofort "Das ist ein Enterich." "Na, du bist ja noch dümmer. Das ist wenn schon ein Erpel.", korrigierte ich sie genauso dreist. Woher sollte denn ein Dreijähriger das wissen.  Plötzlich spürte ich etwas nasses an meiner Hand. Ich schaute runter und sah einen Golden Retriever, der mich mit der Nase stupste, als auch schon eine zweite Goldie Nase auftauchte. Zwei Goldies. Das konnten doch nur Nino und Emma sein. Sofort riss ich meinen Kopf hoch und hielt nach Sascha Ausschau, der mir auch schon winkend entgegenkam. Ich freute mich riesig meinen Kumpel zu treffen. "Äh, da sind ja Feli und Rosa. Die sind soooo langweilig.", stöhnte Delphie neben mir. Naja, langweilig würde ich sie nicht nennen. Saschas kleine Schwester war eigentlich eine total süße Mischung aus Erik und Kathi. Sie hatte die dunkelblonden Haare von Erik und die Schokobraunen Augen von Kathie. Und wenn sie aufgeregt war, bekam sie immer ganz rote Wangen, genau wie Sacha und Erik. Das war irgendwie voll witzig. Besonders, da Saschi ja eigentlich gar nicht Eriks Sohn war, sondern der Sohn von meinem Onkel Marco. Aber Saschi hatte voll Glück, dass Erik jetzt sein Papa war, denn Marco war irgendwie total eigenartig. Wir hatten ihn letztes Jahr in der Schweiz bei Oma und Opa getroffen. Seine Frau, war genauso eigenartig und seine drei Kinder auch. Aber vielleicht lag das ja auch daran, dass sie in Brasilien lebten. Wahrscheinlich war es da auch üblich sich ständig scheiden zu lassen und dann wieder zu heiraten. "Hey." Saschi umarmte erst meine Mama und dann mich, als auch schon Feli zu uns angehüpft kam. Die Tochter von Mili und Vicki hatte ständig Hummeln im Hintern. Sie war zwar fast die jüngste von allen, nur ihre Cousine Susan war noch ein Jahr jünger, aber trotzdem war sie eine der pfiffigsten und sportlichsten. Das war ja auch kein Wunder bei den Eltern. Sie war auch ständig auf dem Fussballplatz zu finden.
"Hallo, ihr drei.", begrüßte uns Vicki fröhlich. Ja, das fröhliche Temprament hatte Feli definitiv von ihr  "Wo, habt ihr denn euren Vater gelassen?", grinste Mili. Und das freche Grinsen mit den Grübchen hatte sie dann mit Sicherheit von ihrem Vater. "Der bereitet sich auf den Trainerlehrgang vor. Da braucht er ein bisschen Ruhe." "Nicht sein Ernst.", fing Mili an zu lachen."Den Rotz sollte er eigentlich nach den Jahren als Profi drauf haben." Diese Aussage brachte ihm einen Klaps von Vicki an den Hinterkopf ein "Du, unterschätze das mal nicht.", mischte sich auch Erik ein "Es ist eine Sache auf dem Platz zu stehen und eine andere daneben." "Quark. Das reicht schon, wenn ich mir das Gesabbel ab nächste Woche anhöre." "Das denke ich auch.", kam ihm seine Schwägerin zur Hilfe. "Außerdem hast du ja auch noch einen Trainingsexperten zu Hause, der mit dir lernen kann. Nicht wahr, Vicki.", lachte Kathi und zwinkerte ihrer Schwester zu. Die lachte auch nur "Mister Perfect schafft das locker. Da brauche ich nicht helfen." Sie drehte sich zu ihrem Mann und küsste ihn, während sie durch seine Haare wuschelte. "Danke für dein Vertrauen, Dornröschen." "Ach, ihr beide seid immer noch so süß zusammen.", stöhnte meine Mama auf. "Wir etwa nicht?" Erik schaute sie empört an und schlang seine Arme auch um Kathi und küsste sie. "Doch ihr auch.", kam es lachend von meiner Mama."Jetzt brauche ich aber dringend ein Eis zum Abkühlen." "Na, dann lasst uns alle zusammen gehen. Wir wollten doch sowieso auch gerade eins essen." Erik klatschte in seine Hände und alles setzte sich in Bewegung.
"So, jetzt haben wir genug Plätze zusammen." Erik und Mili hatten drei Tische zusammengeschoben, damit wir alle Platz fanden. Delphie flutschte als erstes auf ihren Stuhl, während mich Dani hilfesuchend anschaute. Ich hob den Zwerg hoch und setzte ihn in den Stuhl neben mir. Sofort bekam ich ein freudiges Strahlen von ihm als Dankeschön. Ich hielt ihm die Eiskarte hin "Was magst du denn?" Er hielt seinen Zeigefinger an den Mund, ehe er strahlend auf das Pinocchio Eis tippte. "Und du?" Er schaute mich neugierig an. "Ich wette, ein Spaghettieis mit Erdbeeren.", grinste Saschi. Ja, mein Cousin kannte mich wirklich gut. "Und du ein Spaghetti Eis mit Schokosauce.", grinste ich zurück. Ich kannte ihn schließlich genauso gut. "Und ich will..", fing Delphie an "Ein Marshmallow Eis mit extra Marshmallows.", äffte Feli sie nach und Rosa fing an zu kichern. Meine Schwester schnappte empört nach Luft. "Mama, die sind voll gemein.", schniefte sie los. Papili wäre jetzt schon wieder angesprungen. Meine Mama ignorierte es einfach und unterhielt sich weiter mit Kathie und Vicki. Als der Ober die Bestellung aufnahm, gab meine Schwester ihren Wunsch natürlich wieder zum besten. "Sorry, die junge Dame, aber heute haben wir kein Marshmallow Eis und auch keine Marshmallows." Delphie schaute ihn mit ihrem Killerblick an "Ich will aber Marshmallow Eis und Marshmallows.", kreischte sie los und schlug mit ihrer Hand auf den Tisch. Man, war das wieder peinlich. Alle Leute drehten sich schon zu unserem Tisch um. Am liebsten wäre ich im Erdboden verschwunden. "Dann hast du wohl Pech." Meine Mama schaute sie ernst an "Entweder du suchst dir jetzt ein anderes Eis aus oder du bekommst gar keins." Delphie setzte sofort ihre Krokotränen ein "Ich will aber Marshmallows.", schluchzte sie herzzerreißend, während alle am Tisch leicht genervt schauten. Saschi zwinkerte mir aufmunternd zu. Er wusste ja, wie ich dieses Verhalten von meiner Schwester hasste. "Okay, dann sind wir mit der Bestellung durch. Meine Tochter möchte gar nichts.", wandte sich meine Mutter an die Bedienung, die leicht betreten aussah und lächelte ihn freundlich an. Feli und Rosa stießen sich grinsend an, während Delphie meine Mama mit offenem Mund völlig fassungslos anstarrte. Ja, damit hatte die kleine verwöhnte Zicke nicht gerechnet. Ein fettes Grinsen schlich sich in mein Gesicht, genau wie in die Gesichter der anderen. Vielleicht würde sie endlich mal eine Lektion lernen.

Kein Schuss, trotzdem ein Treffer  ✔Teil 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt