{80. Kapitel}

3.4K 355 118
                                    

Ich schnappte nach Luft. Ich versuchte die Ruhe zu bewahren, die mir schon vor langer Zeit abhanden gekommen war. "Noch einen Mord zu begehen ist keine Lösung, Hunter." Ich blickte an der Waffe vorbei, direkt in seine Augen. Ich zitterte am ganzen Körper. Aber ich versuchte so ruhig zu sprechen, wie nur irgendwie möglich. "W-wenn du dich stellst, dann kann ich dafür sorgen, dass du..."

"Nein! Oh Gott Louis, du verstehst es nicht!" Hunter nahm die Waffe aus meinen Gesicht und packte mich stattdessen mit seiner freien Hand direkt an meinen Hals. Er drückte zu. Schlagartig begann ich zu würgen. Mit beiden Händen fasste ich an sein Handgelenk und versuchte mich so aus seiner Umklammerung zu lösen. Aber es gelang mir nicht. Stattdessen drückte Hunter immer fester zu. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich konnte nicht mehr atmen. Kein einziger Atemzug wollte mir gelingen. Kein Sauerstoff fand seinen Weg in meine Lunge. Meine Sicht begann zu verschwimmen.

"Ich bin amerikanischer Staatsbürger. Und dort wurde 2008 in einigen Staaten erneut die Todesstrafe eingeführt, Louis. Wenn ich mich stelle, dann... dann bringen sich mich zurück nach Amerika." Er ließ mich los. Ich fiel zu Boden, als meine Beine mich nicht trugen. Röchelnd und hustend rang ich nach Luft. "Dort wartet auf mich nur noch der elektrische Stuhl."

Mit den Augen voller Tränen blickte ich zu ihm hoch. Mein Atmung ging stoßweise. "Elektischer Stuhl..." stammelte ich heißer. Ich fasste an meinen Hals. Ich spürte förmlich das Blut, welches sich durch seinen festen Griff unter meiner Haut zusammengestaut hatte. Hunter wollte mir seine Hand reichen, um mir auf die Beine zu helfen, aber ich schlug sie weg. Ich wischte mir den Speichel von den Lippen und rappelte mich auf. "Ich finde eine Lösung", sprach ich atemlos. "Ich lasse nicht zu, dass sie dich töten. Darauf gebe ich dir mir mein Wort! Aber lass Harry leben."

Hunters Blick war von Leid gekennzeichnet. "Nein, Louis. Darauf kannst du mir dein Wort nicht geben. Du kannst es nicht verhindern."

"Doch", widersprach ich ihm. "Irgendwo wird es eins Schlupfloch geben und ich werde es finden!"

Vehement schüttelte er seinen Kopf. „Ich will nicht sterben, Louis!" Seine Stimme war weinerlich. Seine Unterlippe zitterte.

Ich griff nach seinem Arm. "Ich weiß. Auch ich will nicht sterben", erwiderte ich zaghaft. „Und Harry genauso wenig!"

Hunter fuhr sich in einer hektischen Bewegung über das Gesicht und trocknete so mit seinem Handrücken seine Tränen. Er straffte seine Schultern. Er versuchte sich zu sammeln. "Sag mir einfach wo er ist."

Schluchzend schüttelte ich meinen Kopf. "Nein, d-das kann ich nicht!"

"Doch, Louis, du kannst. Du bist der einzige der mir sagen kann wo er sich versteckt hält. Sag mir einfach wo er ist!" Hunter griff nach meiner Schulter.

"Nein! Ich bin nicht wie du!" Ich spuckte ihm die Wörter regelrecht vor die Füße. "Ich werde die Person die ich liebe nicht so einfach verraten!"

Hunter holte tief Luft. Die Hand in der er die Waffe hielt zitterte. "Ich gebe dir noch eine letzte Chance." Seine Lippen bebten, als sie diesen Satz formten. Ich hörte wie er den Hahn der Pistole spannte. Und da sah ich auch schon in den Lauf der 9 mm. Geladen und abschussbereit. Hunters Zeigefinger legte sich langsam auf den Abzug. Er machte ernst. Ich hörte Hufflepuff nervös winseln. "Sag mir, wo er ist." Seine Stimme war rau und von Finsternis durchzogen.

Zaghaft schüttelte ich meinen Kopf. Wie fremdgesteuert trat ich einen Schritt nach vorne. Ich fühlte das kalte Metall des Pistolenlaufes direkt an meiner Stirn. "Töte mich", flüsterte ich. Eine einzelne Träne erkämpfte sich ihren Weg über mein Gesicht. Heiß, floss sie meine Wange entlang. Ich presste meine Lippen fest aufeinander und schloss meine Augen. „Ich werde Harry nicht vertraten, also töte mich" hauchte ich heißer.

Da ertönte auch schon der, mich erlösende, Knall.

Aber es war kein Schuss.

Plötzlich griffen starke Hände nach mir. Ich verlor den Boden unter den Füßen und fand ihn wieder. Mein Brustkorb schmerzte, so fest wurde ich umklammert. Alles passierte viel zu schnell. Die Informationen die meine Sinne aufgriffen waren verschwommen.

Erneut ein lauter Knall. Diesmal war ich mir sicher. Es war ein Schuss. Von Hunter abgefeuert. Aber ich fühlte keinen Schmerz. Er hatte mit seiner Waffe direkt auf mich gezielt und dennoch traf mich die Kugel nicht. Es war unmöglich. Mein Blut sollte in Strömen meinen Körper verlassen. Ich sollte langsam das Bewusstsein verlieren. Die Dunkelheit sollte ihre eisigen Klauen nach mir ausstrecken und mich mit sich ins Jenseits nehmen. Aber nichts davon passierte.

Der laute Knall löschte mein Gehör aus, wie der Wind eine zarte Flamme.

Die Angst lähmte mich. Nur langsam öffnete ich meine Augenlider.

Und das erste was ich sah, war Harrys unverkennbares Gesicht. Ein schmerzverzerrtes Lächeln umspielte seine zarten Lippen. Er wollte etwas sagen, aber kein Laut war kräftig genug, um es bis an mein Ohr zu schaffen. Schützend hielt er mich fest. Der Ausdruck seiner smaragdgrünen Augen war voller Liebe, als er leblos zu Boden sank.

Schachmatt || LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt