{33. Kapitel}

5.2K 506 71
                                    

Am nächsten Morgen fand ich mich zusammen mit Liam im Büro des Captain wieder.

Wie ein nasser Sandsack saß ich auf dem Stuhl. Während mein Kollege und mein Boss aufgekratzt durch den kleinen Raum pirschten. Wild diskutierten sie. Doch nicht einmal die geringsten Wortfetzten, schafften ihren Weg bis zu mir.

Die Finsternis die mich beherbergte, dehnte sich weiter aus. Das Ganze musste endlich ein Ende finden. Oder Ich würde ein Ende finden.

Mein Ende.

Ich versuchte klar zu denken. So viel Zeit und Energie hatte ich diesem Fall nun schon gewidmet. Ich hatte das Gefühl, die Antwort auf alle Fragen zu kennen. Sie war direkt vor mir. Zum Greifen nahe. Aber ich schaffte es nicht, sie ans Licht zu holen. Ich blieb blind.

"Tomlinson,..." Ich zuckte zusammen, als mein Name fiel. Er ließ mich hellhörig werden. „...ich werde Sie von dem Fall abziehen", teilte mir die kraftvolle Stimme des Captains mit.

Stumm saß ich da. Mit leicht geöffnetem Mund starrte ich ihn an. Zeit verstrich.

Endlich schickte mein neuronales System wieder die nötigen Impulse an meine Sprechorgane. „WAS?!", rief ich lauter, als beabsichtig. Ich schrie schon fast. „Das können Sie nicht machen! Das ist doch genau das was er will!" Ohne Luft zu holen, sprudelten die Wörter aus mir heraus. „Ich passe nicht in das Schema des Täters. Also muss er durch irgendetwas in Zugzwang geraden sein. Offenbar wissen wir schon zu viel." Ich sah in das hochkonzentrierte Gesicht meines Captains.  „Wenn Sie mich jetzt abziehen, dann wäre das ein Fehler. Ein Fehler den wir uns nicht leisten dürfen. Wir würden ihm genau in die Karten spielen." Ich fühlte, wie mein Kopf langsam an Röte gewann, weshalb ich mich nun doch wieder dazu entschied, zu atmen.

Der Captain fuhr sich durch seine ergrauenden Haare. „Es tut mir leid, Sergeant Tomlinson. Aber Ihre Sicherheit geht in dieser Hinsicht nunmal vor."

„Wa-Was ist mit Harry? Ich könnte ihm die Akten geben. Vielleicht findet er das letzte entscheidende Puzzleteil. Die Antwort ist direkt vor uns. Ich weiß es!"

Eine lange Zeit der Stille kehrte ein, in der er über meinen Vorschlag nachzudenken schien. „Kommen Sie! Sie wollen doch auch, dass es endlich vorbei ist. Harry wird das finden, wofür wir den Fokus schon lange verloren haben."

Der Captain atmete hörbar aus. „Ich bin nicht begeistert, aber ich willige ein. Womöglich ist Styles unser letztes Ass im Ärmel."

Liam, der seine Stimme in den letzten Minuten zu schonen schien, meldete sich nun auch wieder zu Wort. „Ist das tatsächlich euer Ernst?" Ich erschrak. Denn er sprach lauter und energischer, als man es sonst von ihm kannte. Er konnte so laut sprechen wie er wollte, mit seiner Frage traf er bei mir auf taube Ohren. Mit leerem Blick musterte ich ihn.

„Wo ist das Problem?", wollte der Captain schlussendlich wissen.

Liam zuckte kurz mit den Schultern, ehe er zu sprechen begann. „Irgendwoher musste der Typ wissen, wie weit wir mit unseren Ermittlungen sind. Außer uns dreien und Styles kennt keiner den Stand der Dinge." Etwas sagte mir, dass mein Kollege gleich eine Lawine los treten würde. „Also wenn von uns keiner geplaudert hat, dann bleibt ja wohl nur noch,..." Weiter kam Liam nicht, denn er wurde unterbrochen.

Mit meiner geballten Faust schlug ich auf den Schreibtisch des Captains. Ein Stiftebehälter, der zu nah an der Kante stand, verabschiedete sich klirrend.

Meine Hand schmerzte. Doch dieser Schmerz verbündete sich mit meiner Wut und wurde zu ihrem Treibstoff. „Ohne Harry wären wir noch nicht mal ansatzweise so weit, wie wir es jetzt sind! Also wer... Wer gibt dir das Recht, solche Anschuldigungen vorzubringen?" Viel zu dicht baute ich mich vor Liam auf und starrte ihm, ohne zu blinzeln, direkt in die Augen. Doch er kannte mich. Weshalb er kein Stück zurück wich. Stattdessen starrte er genauso ausdruckslos zurück.

„Du bist schon lange nicht mehr objektiv, Louis", sprach er durch zusammengebissenen Zähnen zu mir. Liam legte seine Stirn gegen meine und übte konstanten Druck aus, wodurch meine Nackenmuskulatur von Schmerzen durchzogen wurde.

„Okay, Mädels. Das reicht", grätschte der Captain dazwischen. „Haben Sie eine bessere Idee, Payne? Dann bin ich ganz Ohr. Aber wenn Sie keine haben, dann sehe auch ich in Styles die schnellste und sauberste Lösung. Ich will keinen meiner Männer als Köder rausschicken müssen."

Liam wich zurück und hob seine offenen Handflächen auf Brusthöhe. „Gut fein, dann ist es eben Styles."

Ich hatte gewonnen. Ich würde nicht von dem Fall abgezogen werden. Diese Maßnahme wäre ohnehin zu übertreiben gewesen. Was sollte schon passieren? Ich war ein Cop. Ich hatte eine Waffe und ich wusste mich zu verteidigen.

Triumphierend wollte ich mich abwenden, als Liams Stimme mich daran hinderte. „Bei der nächsten Befragung mit Styles werde ich dabei sein!" Mit diesen Worten trat er aus dem Büro und ließ sich nicht die Gelegenheit nehmen, die Tür ins Schloss zu knallen.

Schachmatt || LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt