Noch gestern Abend führte Juliet ein intensives Gespräch mit mir. Ich konnte ihren Worten kaum folgen, aber was mir nicht entging, war, dass Harrys Name in dieser Unterredung oft gefallen war. Körperlich war ich anwesend, aber mein Geist war nicht in greifbarer Nähe. Mit verschlossenen Lippen saß ich auf der Couch und sah meiner Freundin dabei zu, wie sie all ihr Hab und Gut zusammenpackte und aus unserer einstigen gemeinsamen Wohnung bringen ließ. Mit einem Wangenkuss und einem, in Tränen aufgelösten, Lächeln verschwand Juliet aus meinem Leben.
Ich fühlte mich schlecht. Vier schöne Jahre meines Lebens endeten gerade und ich hatte die gesamte Zeit über nur eine Sache im Kopf. Ich nahm mein Telefon und wählte die Nummer der Strafanstalt. In den nächsten Tagen stand für mich keine reguläre Befragung an. Ich ließ mir den nächst freiem Termin geben. Eine Woge der Erlösung und Glückseligkeit durchschwappte meinen Körper, als Noam mir mitteilte, dass ich gleich noch kommen konnte, auch wenn die Besucherzeit längst rum war.
Ich ließ die nun fast leere Wohnung hinter mir. Alles in mir schien mich zu dem grünäugigen Lockenkopf zu ziehen.
Hastig betrat ich die Anstalt. Noam begrüßte mich und schleuste mich anschließend direkt durch die erste Sicherheitstür. Er verwies mich zu einem dort wartenden Wärter. Statt mich zu begrüßen, öffnete dieser die nächste Tür für mich. Meine Gedanken waren angenehm ruhig, als wir durch die Gänge liefen.
Harry stand bereits wartend in der Befragungszelle und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Als er mich sah, streckte er seine Hand aus, um mir schüchtern zu zuwinken. Der Alarm ertönte und die Tür öffnete sich. Mein Herzschlag verdoppelte sich, als sich das letzte Hindernis, dass mich von ihm trennte, endlich entfernte.
„Hey" wisperte ich tonlos.
„Lou..." flüsterte er mit seiner samtigen Stimme. „Ich habe ihr nichts eingeredet. Ich kämpfe hart, wenn ich etwas will, aber das würde ich dir niemals antun."
Seine Worte ließen mich schmunzeln. „Ich weiß, dass du damit nichts zu tun hast. Juliet hatte diese Entscheidung schon lange getroffen." Ich ließ meinen Kopf sinken. Unbeholfen stand ich da und starrte auf Harrys Hand. Ich wollte sie in die meine nehmen. Seine Wärme spüren.
Plötzlich trat der Lockenkopf auf mich zu. Er legte seine Arme um mich und zog mich vorsichtig an seine Brust. Er tat dies mit solch einer Selbstverständlichkeit, als wäre es das normale der Welt, jetzt für mich da zu sein. Ich lehnte meine Stirn an seine Schulter. Der Druck seiner Arme verstärkte sich. Sanft strich er über meinen Rücken, während er leise ein Lied zu summen begann. Ich schloss meine Augen.
Es war fast schon lächerlich, wie wohl ich mich fühlte. Ich trug täglich eine Waffe mit mir herum und eine schusssichere Weste gehörte praktisch zu meinen Standardaccessoires, und dennoch hatte ich mich noch nie sicherer gefühlt, als in diesem Moment gerade. Alle Sorgen und Probleme waren zur Nichtigkeit geworden. Alles, was jetzt gerade wichtig war, war Er.
Ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite, sodass mein Gesicht nun an Harrys Hals an lag. Ich fühlte seinen Herzschlag. Der Lockenkopf stoppte seine streichelenden Bewegungen und ließ seine Hand stattdessen in meine Haare gleiten. Sie lag auf meinem Hinterkopf und presste mich so noch näher an ihn, als hätte er Angst, ich würde mich in jeder Sekunde wieder von ihm entfernen. Ich fühlte seine Lippen an meiner Stirn, wie sie sich zu einem
Kuss formten.„Ich weiß, es scheint gerade so, als würde deine Welt zusammenbrechen... aber ich tue alles, um sie zusammenzuhalten." Sein heißer Atem tanzte über meine Haut, als er mir diese Worte in mein Ohr flüsterte. Gänsehaut breitete sich über meinen gesamten Körper aus. Ich hob meinen Kopf an und sah ihm in die Augen. Sie funkelten kristallklar. Harrys Hände umfassten meine Wangen und hielten mich bei sich. Er sah mir tiefgründig in die Augen, bevor er seine Lider schloss und seine Stirn gegen meine sinken ließ. Eine halbe Ewigkeit standen wir so da. Niemand sagte etwas oder bewegte sich.
Stille konnte also auch schön sein.
Aber die Ewigkeit währte nicht lange. Die schönsten Augenblicke verstrichen zu schnell, aber Ich hatte einen Fall an der Backe, dem ich nachzugehen hatte.
Die nächsten Tage versanken wie im Treibsand. Ich wollte gerade Feierabend machen, als Liam auf mich zukam. Egal was er mir nun sagen würde, Harry hatte es tatsächlich geschafft, dass ich mich durch ihn, in den letzten Tage unbesiegbar fühlte.
„Wir haben eine neue Leiche. Weiblich. Mitte 30. Sie wurde in einer Wohnsiedlung gefunden. Todesursache unbekannt. Die Lendenwirbel L4 und L5 hatte man ihr mit chirurgischer Präzision entnommen, stattdessen steckte eine weiße Damenschachfigur in ihrer Wirbelsäule." Auf einem Schmierzettel schrieb ich alle Informationen nieder, die er mir vortrug. Doch gleich würde ich damit aufhören, denn Liams nächste Worte ließen mich erstarren. „Der Täter wurde von einem Bewohner gesichtet. Er konnte nicht viel sehen, aber immerhin etwas."
Mein Kopf schnellte ruckartig nach oben. Mit einem triumphierenden Lächeln reichte Liam mir das Phantombild. Ich nahm es nur flüchtig in den Augenschein. Ich wollte etwas erwidern, aber mir blieben die Worte im Halse stecken.
Die Person auf dem Bild war mir nicht unbekannt.
Uh wer könnte das wohl sein? 🤷🏻♀️🧐
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Schachmatt || Larry
FanfictionWas passiert, wenn der gefährlichste Insasse eines Hochsicherheitstrakts, zu deinem größten Vertrauten wird? Du fühlst dich genau bei der Person am wohlsten, bei der du es am wenigsten tun solltest. Larry Stylinson Cover by SPACE_BLAKK