{72. Kapitel}

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+41....

Schweiz.

Mein Pulsschlag stieg rasant an. Mein Herz schlug so wild in meiner Brust, dass es beinahe schmerzte. Ich nahm den Anruf entgegen. Mit zittriger Hand hielt ich mir das Telefon ans Ohr. Ich holte tief Luft. "H-Hallo?" Ich wartete. Es war so leise, dass ich mich von dieser Stille nahezu angeschrien fühlte.

Endlich durfte ich die Stimme der anderen Person hören. Sie war tief und dennoch unglaublich melodisch. "Louis?" fragte er, beinahe verzweifelt.

"Harry?" wisperte ich mit angehaltenem Atem zurück.

Ich vernahm ein erleichtertes Ausatmen auf der anderen Seite der Leitung. Er schien genauso angespannt wie ich gewesen zu sein. "Ja! Ja, ich bin's. Es tut mir leid, ich...ich sollte eigentlich nicht anrufen, aber ich... ich will dir unbedingt sagen, wie viel du mir bedeutest! Und wie sehr du mir fehlst!"

Pure Erleichterung strömte durch meinen Körper und hinterließ eine Gänsehaut. Ich kniff meine Augenlider zusammen, als der Klang seiner Stimme Tränen in mir auslöste.

"Geht es dir gut? Bist du in Sicherheit?", fragte er panisch. Auch Harry schien vollkommen aufgelöst zu sein.

Ich musste lächeln. Tränen liefen mir über die Wangen. "Ausgerechnet du, fragst mich, wie es mir geht? Du bist doch derjenige, der sich mal wieder in Gefahr begeben musste."

"Mir geht es gut. Bitte, mach dir um mich keinen Sorgen. Doch ich fühle mich so schlecht dir gegenüber, ich habe dich ungeschützt zurückgelassen... Dir darf nichts passieren!" Harrys Stimme brach. Man hörte deutlich wie müde er war. All seine Kraft schien seinen Körper verlassen zu haben. Er war am Ende.

"Es ist alles in Ordnung. Ich passe so gut es geht auf mich auf, bis du wieder bei mir bist", versuchte ich ihn zu beruhigen. "Ich bin gerade einfach nur überglücklich, von dir zu hören. Ich war im Gefängnis, ich wollte dich besuchen. Doch dann musste ich feststellen, dass du verschwunden warst... Ich hatte solch eine Angst um dich." Ich schloss meine Augen. "Wie...wie konntest du die Beamten doch noch davon überzeugen, dass Hunter real ist?"

"Gar nicht. Jemand anderes aus dem Gefängnis hat von meiner Inhaftierung Wind bekommen und sich dazu entschieden, für mich und somit gegen Hunter auszusagen" lautete Harrys Antwort.

"Wer? Wer hat für dich ausgesagt?"

Ein Moment der Stille entstand. Ich dachte, Harry sei nicht mehr in der Leitung. Panik ergriff Besitz von mir, doch zu meiner Erleichterung setzte der Lockenkopf zu einer Antwort an. "Isabella Holloway."

Zum zweiten Mal wurde ich an dem heutigen Tag mit neuer Information überrumpelt. Ich hatte den ersten Schock noch nicht ansatzweise verarbeitet, da kam bereits der nächste auf mich zu. Es war ein ewiger Kreislauf. "Holloway?" platze es aus mir heraus. "Die Isabella Holloway, die all die unschuldigen Menschen spielerisch ermordete und anschließend Schachfiguren am Tatort hinterließ?"

"Nein. Die Isabella Holloway, die für Hunter arbeitete. Er hat all diese Menschen getötet, nicht sie. Ihre Aufgabe war es lediglich, dafür ins Gefängnis zu gehen." Mit diesen Worten gab Harry mir eine neue Perspektive. "Sie ist ein toller Mensch. Sie hat mir im Gefängnis den Arsch gerettet und auch jetzt ist sie bei mir und hält mir den Rücken frei."

Ich rieb mir über die Augen. Zu viele Fragen auf einmal schoben sich in meinen Kopf. Welchen Plan verfolgte Hunter? Warum musste Isabella für ihn ins Gefängnis gehen? Meine Neugierde würde wohl fürs erste nicht gestillt werden. Ich wusste, jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Details. Ich musste Harry einfach vertrauen. Er wusste was er tat. Und wenn er auf Isabella baute, dann tat ich das auch.

"Wie geht dir vor?" wollte ich wissen.

Der Lockenkopf schien zu überlegen, wie viel er mir tatsächlich anvertrauen sollte. Je mehr ich wusste, desto größer würde die Zielscheibe auf meinem Rücken. "Wir sind gerade dabei, herauszufinden wer für Hunter arbeitet. Und dann liefern wir einen nach dem anderen aus."

"Kann ich irgendwie helfen?"

"Ja, das kannst du tatsächlich." Harrys Antwort überraschte mich. Endlich konnte ich auch mal etwas für ihn tun. "Versuche die Illusion aufrecht zu erhalten, dass ich immer noch inhaftiert bin. Hunter darf auf keinen Fall erfahren, dass ich nicht mehr im Gefängnis bin. Tue also so, als würdest du mich besuchen. Fahre öfters dorthin und bleibe für einiges an Zeit dort."

Ich nickte wie wild, auch wenn Harry es nicht sehen konnte. "Ja, mache ich! Du kannst dich auf mich verlassen. Sonst noch irgendetwas, das ich tun kann?" Ich war voller Eifer.

"Ja", raunte Harry müde ins Telefon. "Tue mir den Gefallen und lass uns über etwas anderes reden."

Ein schwaches Lächeln umspielte meine Lippen. "Über was denn?"

"Mmh, ich weiß leider nicht, wie dieser Fernbeziehungen funktionieren. Muss ich dich jetzt fragen was du anhast?" Ich konnte Harrys schiefes Lächeln förmlich vor mir sehen.

Die Stunden, in denen wir einfach nur über belanglose Dinge sprachen, verronnen wie Sand in der Hand. Ich fühlte mich zurück in eine Zeit versetzt, in der ich noch ein Teenager war. Ich lag im Bett, die Schmetterlinge in meinem Bauch tobten und die Röte war mir ins Gesicht gestiegen. Ich lag einfach nur da und lauschte Harrys Stimme. Wenn ich die Augen schloss, hatte ich das Gefühl, er war bei mir.

Schachmatt || LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt