Die schnellen Schritte die von mir und dem Wärter erzeugt wurden, waren die einzigen Geräusche, die durch die endlos langen Gänge des Luminals hallten. Zügig brachten wir immer mehr Abstand zwischen uns und die Befragungszellen.
Man möge vielleicht denken, dass mein Kopf voll war mit Gedanken und Empfindungen, die plötzlich und sturzbruchartig über mich hereinbrachen, aber dem war nicht so. Mein Kopf war vollkommen leer. Ich wusste nicht, was dieser Notfall zu bedeuten hatte und dennoch machte mein Verstand keine Anstalten darüber nach zu denken.
Stumm stand ich neben dem Uniformierten im Aufzug und starrte auf die digitale Anzeige der Etagen. Geschmeidig glitten die Türen auf, als wir im Erdgeschoss ankamen. Kaum hatte ich nach meiner Waffe gegriffen, die ich zuvor abzugeben hatte, eilte auch schon Liam auf mich zu. Er packte mich grob am Arm und zog mich mit sich nach draußen. „Wir dürfen keine Zeit verlieren."
„Wie wärs wenn du mir mal sagst, was passiert ist." Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, aber Liam war wie von einer Macht getrieben, die für mich nicht ersichtlich war.
„Wir haben einen Anruf von einem Busfahrer erhalten." Erst als wir am Fahrzeug ankamen, ließ Liam mich los. Er huschte auf die andere Seite des Wagens und riss die Tür auf. „Einer seiner Fahrgäste passt perfekt auf die Beschreibung unseres Killers", sprach er schon weiter, noch bevor ich mich auf den Beifahrersitz sinken ließ. Liam startete den Motor. Die Reifen ließen ein quittierendes Quietschen hören, als er in die Pedale stieg.
„Viele passen auf diese Beschreibung", gab ich zurück, während ich haltsuchend den Griff der Tür in meine Handfläche drückte.
„Aber nicht jeder verliert beim Einsteigen eine Läuferschachfigur."
Dies war das entscheidende Detail, das mein Verstand brauchte, um seine Arbeit wieder aufzunehmen. Meine Herzfrequenz erhöhte sich schlagartig. Ich konnte förmlich fühlen, wie mein Körper Adrenalin durch meine Adern pumpte und mir langsam wieder Leben einhauchte. „Wie gehen wir vor?" Ich war Feuer und Flamme.
„Das ist der letzte Bus für diese Linie heute. Wir fangen ihn an der übernächsten Kreuzung ab. Wir stehen in Verbindung mit dem Fahrer. Laut seinen Angaben befinden sich nur mehr er und der verdächtige Mann an Bord. Unter einem falschen Vorwand wird er den Bus verlassen..."
„...und ich steige ein." Ich brauchte Liams Bestätigung weder zu hören, noch zu sehen, um zu wissen, dass dies meine Aufgabe war.
Wir hatten keine Zeit zu verlieren, weshalb ich noch während wir sprachen meine schusssichere Weste anlegte. Voll automatisch löste ich den Autogurt. Das Warnsignal sprang an und ließ uns einen nervigen Ton hören. Ich streckte meine Hand, nach der bereits auf der Rückbank liegenden Weste aus. Durch den nur knapp bemessenen Platz, musste ich mich umständlich aus meiner Jacke befreien, um diese austauschen zu können. Mit dem Klettverschluss fixierte ich die Schutzweste um meinen Torso. Ich fühlte sofort, wie der drei Kilogramm schwere Kelvarstoff gegen meinen Brustkorb drückte und somit meine Atmung einschränkte.
Die Kreuzung an der wir den Bus abfangen würden, befand sich in einem Industriegebiet und war um diese Uhrzeit kaum befahren. Liam schaltete, noch bevor wir um die Ecke bogen, alle Lichtquellen des Wagens ab. Nur schwer konnte ich einige unserer Kollegen ausmachen. Sie waren allesamt als Zivilisten getarnt. Sogar der Polizeihund trug sein Kostüm: Eine kleine Schutzweste mit dem Aufdruck „Achtung Kampfschmuser." Der Polizeihundeführer trug Sportkleidung und simulierte eine nächtliche Joggingrunde.
Somit waren alle auf ihrer Position.
Nur einer fehlte.
Der Hauptakteur: Bus samt Killer.
Ich stand auf meiner versteckten Position und wartete. Die ersten Gedanken an einen möglichen Hinterhalt wurden laut.
Über den Funkohrstöpsel wurde mir von einem Kollegen mitgeteilt, dass der Bus sich nun näherte. Noch während er das sagte, tauchte dieser bereits in meinem Wahrnehmungsfeld auf.
Aber etwas machte mich stutzig. Die Scheinwerfer leuchteten nicht.
Der Bus verlangsamte seine Geschwindigkeit, bis er schlussendlich zu stehen kam. Gespannt starrte ich auf die vordere Tür, als diese sich unter einem leisen Zischen öffnete.
Ein schweißgebadeter Mann trat zum Vorschein. Er trug einen Pullover auf dem das Logo des Busunternehmens prangte. Sofort eilten einige Kollegen auf ihn zu. Sie zogen ihn aus der Gefahrenzone, in die ich mich nun begeben musste.
Trotz der bereits steigenden Temperaturen, war dies eine kalte Nacht. Der Wind war schneidend und eisig. Eine leichte Frostschicht hatte sich über die Scheiben des Busses niedergelegt. Ein Nebelhauch verließ meinen Mund, als ich so tief, wie die Schutzweste es eben zuließ, durchatmete. Lediglich eine Straßenlaterne spendete mir Licht.
Ich griff nach meiner Waffe und ging auf die geöffnete Tür zu. Ich streckte meinen Hals, in der Hoffnung bereits etwas erkennen zu können. Aber zu meiner Ernüchterung, herrschte auch im Bus Finsternis. Nur wenige Leselampen, die sich über jedem Sitz befanden, waren an und halfen mir dabei, etwas sehen zu können. Ich hielt meine Waffe mit beiden Händen fest umklammert. Der Zeigefinger meiner schussstarken Hand lag am Abzugbügel. Ich hielt sie auf den Boden gerichtet, als ich die wenigen Stufen empor stieg. Der Teppichboden dämpfte meine Schritte.
Möglicher Hinterhalt? 🤷🏻♀️
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Schachmatt || Larry
FanfictionWas passiert, wenn der gefährlichste Insasse eines Hochsicherheitstrakts, zu deinem größten Vertrauten wird? Du fühlst dich genau bei der Person am wohlsten, bei der du es am wenigsten tun solltest. Larry Stylinson Cover by SPACE_BLAKK