Harrys verkrampfte Körperhaltung änderte sich schlagartig. Er gab die Anspannung auf und ließ seine Schultern sinken. Sein durchnässtes Hemd klebte an seinem Oberkörper. Seine Brustmuskulatur zeichnete sich deutlich darunter ab. Rasant hob und senkte sich Harrys Brustkorb unter dessen beschleunigter Atmung.
Es war ein befreiendes Gefühl, diese Worte endlich nicht mehr nur denken zu müssen, sondern sie tatsächlich auch laut auszusprechen. Doch das Gefühl der Freiheit wurde von Angst gemindert. Harrys Reaktion könnte mich vernichten.
Nur einen kurzen Augenblick schwieg ich. Aber dann sprach ich einfach weiter. Ohne Zurückhaltung ließ ich meine Gedanken eine verbale Form annehmen. "Der Deal ist mir egal." Meine Stimme war so leise, dass mich das Unwetter mit Leichtigkeit übertönen konnte. "Ja, du hättest ihn nicht annehmen dürfen, aber das hast du nunmal. Du hast nach einem Ausweg gesucht und Hunter hat dir einen geboten. Dafür kann man dich nicht verurteilen. Ich hätte vermutlich genauso gehandelt." Unwillkürlich zuckte ich mit den Schultern, als versuchte ich den Ernst der Lage herunterzuspielen. "Harry,..." Ich schluckte, als meine Stimme versagte. "...ich habe dich als Luminalhäftling kennengelernt, nur um dann zu erfahren, dass du ein Wärter bist." Ich lächelte kaum merklich. "Und obendrein auch noch ein ziemlich liebenswerter."
Der nächste tiefe Atemzug löschte das Lächeln aus meinem Gesicht. "Ich hielte eine Sterbeurkunde in meinen Händen, auf der dein Name stand. Denkst du... denkst du nicht auch, dass ich das Ganze hier...", ich hob meine Hände in die Luft, "... nicht ohnehin schon hab kommen sehen? Denkst du nicht, ich hätte es nicht erwartet? Sogar damit gerechnet? Deine Vergangenheit ist dunkel und verworren. Und ich weiß, dass ein Großteil von dem was du schon erlebt und durchmachen musstest, so weit in deinem Unterbewusstsein versunken ist, dass es selbst für dich wohl für immer im Verborgenen bleiben wird." Ich fuhr mir über das Gesicht, als Regentropfen, die in sich in meinen Wimpern verfingen, meine Sicht trübten. "Deine Vergangenheit gehört eben zu dir. Und ich akzeptiere sie genauso sehr, wie ich dich akzeptiere." Diesmal war ich es, der unseren Abstand um einen weiteren Schritt verkürzte. "Aber warum... warum warst du nicht von Anfang an ehrlich zu mir? Das ist alles worum ich dich bitte. Ehrlichkeit."
Meine Augen huschten über Harrys Gesicht, um seine Mimik zu lesen. Die Dunkelheit und der strömende Regen waren Gegner meiner Wahrnehmung. Ich wusste nicht, was Harry dachte. Und würde er nicht zu mir sprechen, würde ich es auch nicht erfahren.
Ich wartete ab, aber Harry wollte mich seine melodische Stimme offenbar nicht hören lassen. Es blieb still. Selbst der Donner traute sich nicht ein Geräusch zu erzeugen. Und kein Blitz erhellte den Himmel. Nur der Regen tropfte noch immer auf uns nieder. Gleichgültig und achtlos.
Niedergeschlagen ließ ich mein Haupt sinken. Wasserperlen tropften von meinen nassen Haarspitzen. Im Augenwinkel sah ich, wie Harry sich bewegte.
Zu meiner Überraschung bewegten sich seine Schritte nicht von mir weg, sondern auf mich zu. Ich fühlte seine warme Hand unter meinem Kinn. Er hob meinen Kopf an und brachte mich so zum Aufsehen.
Das Smaragdgrün seiner Augen fing mich ein. Ich hörte Harry kräftig schlucken. "Hast du...hast du gerade gesagt, dass du mich liebst?"
Schwach hoben sich meine Mundwinkel an. Ich musste lächeln. "So viele Worte und das ist alles was du hörst?"
Er schüttelte seinen Kopf. "Das ist alles was ich hören will!" Harrys glückliche Gesichtszüge ließen seine Grübchen zum Vorschien kommen. Er schlang seine Arme um mich, wie ein Ertrinkender um seine Rettungsboje. Jeder noch so kleine Zentimeter der uns trennte, schien in diesem Augenblick zu viel zu sein.
Meine Empfindungen überschlugen sich, als Harry meinen Kopf näher zu sich zog, um mich ungehindert küssen zu können. Ich schmeckte die kalten Regentropfen auf Harrys warmen Lippen. Seine Küsse waren und blieben mein Aphrodisiakum.
Der Lockenkopf hob mich hoch und drehte sich um seine eigene Achse. Mein nasses Haar flog umher. Alles um uns herum verschwamm. Ich sah nur noch ihn. Ich wollte nur noch ihn. Die Welt verstummte. Ich spürte keine kalte Luft, die uns umhüllte. Fühlte keinen Regen auf meiner Haut. Alles was ich wahrnahm, war der liebliche Kuss den Harry mir schenkte. "Ich liebe dich! Ich liebe dich, Louis Tomlinson!" hauchte er immer und immer wieder.
Im Leben geht es eben nicht darum zu warten, bis das Unwetter vorbei zieht, sondern zu lernen, im Regen zu tanzen.
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Schachmatt || Larry
FanfictionWas passiert, wenn der gefährlichste Insasse eines Hochsicherheitstrakts, zu deinem größten Vertrauten wird? Du fühlst dich genau bei der Person am wohlsten, bei der du es am wenigsten tun solltest. Larry Stylinson Cover by SPACE_BLAKK